Wie ein Keil ist die Videoinstallation geformt, in der Anette Mona Chisa aus Prag und Lucia Tkбcovб diese kleine Parade im Neuen Berliner Kunstverein losschicken. Der Text, den die Mädels dabei mit zackigen Armbewegungen funken, ist das „Manifest der futuristischen Frau„, mit dem Valentine de Saint-Point im Mai 1912 der Frauenverachtung in Marinettis futuristischem Manifest antwortete. Und damit ist ein Buch von Fragen aufgeschlagen, das Chisa und Tkбcovб mit vielen lustigen Ideen und kritischen Beobachtungen durchqueren: Was wurde aus den Utopien? Wie geht es den Künstlerinnen heute? Was erwartet Künstler aus den ehemals sozialistischen Ländern im Westen? Mit Fragen nach ihren persönlichen Zukunftsaussichten begeben sich die beiden zum Beispiel zu einer Wahrsagerin, die nicht nur Ratten am Schwanz über einem Teller pendeln lässt, sondern auch die Schriften von Karl Marx als Orakel zu Hilfe nimmt. Gelegentlich macht sich das Duo auch über den Kunstbetrieb und seine Verehrung von Readymades und Gesten der Authentizität lustig. So zeigen sie in einer Vitrine lauter banale Büromaterialien und Werkzeuge, wie Locher, Mousepads oder Wasserwaage, die aber alle aus berühmten Galerien in New York, Zürich oder Berlin geklaut wurden. Denn dass der Osten den Westen beklaut, ist auch in der Kunst ein Vorurteil, dem schwer zu entkommen ist. So führen die beiden jungen Frauen eine Art Karneval der Künste auf, eine ironische Aneignung von Strategien und Haltungen, die leichtfüßig und eingängig präsentiert wird.
Text: Katrin Bettina Müller
Foto: Jens Ziehe
tip-Bewertung: Herausragend
Anette Mona Chisa, Lucia Tkбcovб Neuer Berliner Kunstverein, Chausseestraße 128/129, Mitte, Di+Mi, Fr-So 12-18 Uhr, Do 12-20 Uhr, bis 15.2.2009
Weitere Ausstellungen:
- Fundstücke: Werke von 100 Künstlern
- Mountain and Wind
- Tauwetter und die Folgen: Moskauer Künstler 1958 bis 2008
- Universum Klee
- Kunst aus den Tropen
- Weggefährten