DDR

„Aufbrüche. Abbrüche. Umbrüche“: Kunst in Ost-Berlin 1985–1995

Drei Orte – ein Thema: „Aufbrüche. Abbrüche. Umbrüche. Kunst in Ost-Berlin 1985–1995“. Die Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank, das Ephraim-Palais und die Nikolaikirche blicken mit ihren Sammlungen zurück in die Zeit vor und nach dem Mauerfall.

Klaus Killisch, Bonjour Monsieur, 1989, Öl auf Leinwand, Kunstsammlung der Berliner Volksbank © VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Foto: Peter Adamik

Das Lebensgefühl in der späten DDR und in der Wendezeit ist vielfach in Film und Literatur festgehalten worden. Interessierte können sich leicht davon ein Bild machen. Weniger bekannt sind die Bilder der Künstler und Künstlerinnen aus der DDR, speziell Ost-Berlin, die diese Umbruchsphase verarbeiteten. Die Ausstellung „Aufbrüche. Abbrüche. Umbrüche. Kunst in Ost-Berlin 1985–1995“ in der Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank gibt einen Überblick – mit rund 50 Werken von 25 Künstlern und Künstlerinnen. Zwei weitere Ausstellungskapitel präsentiert die Stiftung Stadtmuseum in Mitte.

Neben großformatigen Gemälden wie Werner Liebmanns ironische „Auferstehung“ (1993), die das Brandenburger Tor in düsteren wie leuchtenden Farben zeigt, reihen sich in den Räumen des Charlottenburger Kunstforums auch Skulpturen, Grafiken und Fotografien aneinander, kuratiert von der Kunsthistorikerin Dörte Döhl. Graue, gebrochene Töne beherrschen die Flächen, dazwischen befinden sich ein paar knallige Farbsprengsel. Freude und Jubel, wie Fotos vom November 1989 sie zeigen, begegnen dem Publikum nicht.

Große Aufmerksamkeit erfahren die Werke von Künstlerinnen, die die gesamte zweite Etage füllen. Markant gegenübergestellt finden sich beispielsweise die nüchternen dokumentarischen Fotoporträts der Arbeiterinnen aus dem VEB Treffstelle von Helga Paris und die intimen weiblichen Körperlandschaften, die Tina Bara schuf.

Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank in Charlottenburg. Foto: Sabine Schereck

Rückzug, knappes Material

Die Auseinandersetzung mit der weiblichen Identität steht im Vordergrund, in der Malerei mal in expressivem Ausdruck, mal in verhaltenen Farben. Neben Uta Hünnigers Selbstporträts bleiben vor allem Annemirl Bauers Bilder im Gedächtnis, von denen einige Papierarbeiten erstmals öffentlich zu sehen sind. Bauer fügte sich nicht dem System, zog sich zurück und agierte abseits der Kunstszene. Materialknappheit ließ sie auf Holz und den Rückseiten von Teppichen malen. Es entstanden kritische Bilder wie „Freundin im November“ (1985) mit Gefängnisgitter oder „Verbalaggressive im Anpassungszentrum des 20. Jahrhunderts“ (um 1988). Sie lassen die bedrückenden Verhältnisse spüren. Bauer erlebte die Nachwendezeit nicht mehr, sie starb 1989.

Bildende Künstler und Künstlerinnen befanden sich im Spannungsfeld zwischen individueller Ambition, der Ideologie des Systems und Geschäft: Auch die DDR handelte mit Kunst und zeigte sie auf internationalen Ausstellungen. Den Künstlern und Künstlerinnen bot dies ein Schlupfloch für den Austausch mit dem Westen; für den Staat zählten die harten Devisen. Und hier kommt die Berliner Volksbank ins Spiel, die seit 1985 Kunst aus der DDR ankaufte. Auch das Stadtmuseum Berlin hat viele Beispiele in seinem Bestand. Daher machen beide Institutionen für diese Ausstellung gemeinsame Sache. Das Ephraim-Palais und Nikolaikirche präsentieren weitere Einblicke in jene Zeit.

  • Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank Kaiserdamm 105, Charlottenburg Di–So 10–18 Uhr, 4/ 3 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 11.12. 2022, weitere Infos hier.
  • Ephraim-Palais Poststr. 16, Mitte, und Nikolaikirche Nikolaikirchplatz, Mitte, Di–So 10–18 Uhr, 6/ 4 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 11.12. 2022, weitere Infos hier.

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