Die wichtigsten neuen Ausstellungen: Berlins Kunstwelt ist immer in Bewegung. Was es Neues gibt, was sich weiter lohnt und wo ihr noch unbedingt hin müsst, bevor es zu spät ist, lest ihr hier. Claudia Wahjudi und Ina Hildebrandt geben Tipps für Kunst, die besten aktuellen Ausstellungen in Berlin und letzte Chancen.
Letzte Chance: UdK Berlin Art Award

Mit dem UdK Berlin Art Award werden jährlich herausragende Meisterschüler:innen der Bildenden Kunst in der Universität der Künste prämiert. Auf eine Gruppenausstellung mit den Gewinner:innen Finja Sander, Mateo Contreras Gallego, Shinoh Nam und Seungjun Lee folgen nun mehrtägige Einzelpräsentationen bis zum 2. Dezember.
- Galerie burster Ludwigkirchstr. 11, Wilmersdorf, Mi–Sa 12–18 Uhr, bis 2.12.
Letzte Chance: Nicholas Warburg

Wenn Nicholas Warburg in großen weißen Letter auf schwarze Leinwände Sachen schreibt wie etwa „KINDER MALEN SONNEN WEIL SIE DIE WELT BRENNEN SEHEN WOLLEN“ oder „IM LEBENDEN DAS TOTE ZU SEHEN AUS GEWOHNHEIT“ ist das schon ziemlich witzig und ziemlich unangenehm. Weltuntergang trifft Liebessehnsucht. In „Titelbilder“ zeigt der sich an der vergangenen BRD, gegenwärtigen Kulturmaschienerie und dem zeitlosen Faschismus abarbeitende Warburg Text-Gemälde und zwei Installationen. Voller Bezüge zu Philosophie, Kunstestablishment und Gesellschaftswahnsinn. Klug und amüsant, daneben und treffsicher. Was wohl Menschen miteinander im Stuhlkreis besprechen, die „Heavy Meta“ oder „Arm the broken hearted“ auf ihren Lederjacken stehen habe? Überhaupt, Lederjacken.
- Galerie Anton Janizewski Goethestr. 69, Charlottenburg, Mi–Sa 12–18/ Sa 12–16 Uhr Uhr, bis 2.12.
Letzte Chance: Isa Genzken: 75/ 75

Die Neue Nationalgalerie kündigt Isa Genzkens 75. Geburtstag mit 75 Skulpturen an.
Und siehe da: Das Werk der berühmten Bildhauerin wirkt aktueller denn je, weil Genzken Alltagsmaterialien nutzt, die im Lauf der Zeit immer wieder neue Bedeutung erhalten haben. Als Genzken erstmals ihren Repliken der Büste von Nofretete eine Atemschutzmaske verpasste, hatte die Welt Covid noch nicht durchlitten, als sie Flugzeugfenster nach den Anschlägen vom 11. September 2001 verwendete, war die Klimakrise noch kein Alltagsthema. Im gläsernen Erdgeschoss der Neuen Nationalgalerie gibt die Schau „Isa Genzken: 75/ 75“ einen Überblick über alle Phasen von Genzkens Werk: locker, licht und leicht verständlich.
- Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di–So 10–18, Do bis 20 Uhr, 12/ 6 €, bis 18 J., Do ab 16 Uhr und 1. So im Monat frei, bis 27.11.
Letzte Chance: Boris Mikhailov
Boris Mikhailov gehört zu den großen Fotografen unserer Zeit. Er schert sich um keine Konventionen, geht da hin, wo es Weh tut. Der ukrainische Künstler, der schon lange in Berlin lebt, ist vor allem bekannt für seine schonungslosen Aufnahmen aus den 90er Jahren von Menschen am Rande des (post)sowjetischen Gesellschaft. Doch Mikhailovs Overe umfasst weit mehr. Bei Barbara Weiss sind in zwei Slideshows collagierte und überblendete Aufnahmen aus der Sowjetzeit und aus den vergangenen zehn Jahren zu sehen. Ganz im Sinne der von Künstlern und Intelektuellen zur Sowjetzeit entwickelten Zensur-Umgehungs-Technik, zwischen den Zeilen und in Codes zu kommunizieren.
- Barbara Weiss Kohlfurter Str. 41/43, Kreuzberg, Di–Sa 11–18 Uhr, bis 2.12.
Letzte Chance: Ben Elliot

Künstliche Intelligenzen, virtuelle Welten – digitale Kunst bewegt sich zunehmend von der Nische in das Zentrum des Kunstgeschehens. Das ist toll, denn so werden die für viele abstrakten Technologien durch Kunst zugänglicher, erfahrbarer und hinterfragbarer. Sich so richtig auszoomen aus der Beschränktheit eines Galerieraums und unserer Welt überhaupt können Besucher:innen bei Ben Elliots Virtual Reality Installation. Sie entstand in Zusammenarbeit mit VIVE arts, einem Programm, das die Virtual-Reality-Software von HTC mit Künstler:innen und kulturellen Einrichtungen verbindet. Nach dem Aufsetzen des Headsets ist die Welt eine andere: abstrakte Landschaften, die verschiedene Möglichkeiten des sogenannten Metaverse aufzeigen, von architektonischen Elementen, über mit Daten und KI generierte Umgebungen bis zu meditativen Ruhezonen. Dazu wohlige Klänge. Hier gibt es keine Umweltzerstörung, keinen Krieg und keinen Stress. Ein glatter, fantastischer Zufluchtsort, der nach Absetzen des Headsets das Bewusstsein für die trotz aller Krisen bewahrenswerte Vielfalt der analogen Welt schärft.
- Esther Schipper Potsdamer Str. 81 e, Obergeschoss, Tiergarten, Di–Sa 11–18 Uhr, bis 2.12.
Zerreißprobe. Kunst zwischen Politik und Gesellschaft

In der Neuen Nationalgalerie zeigt sich der nächste Teil der Sammlung neu sortiert: Die Ausstellung
„Zerreißprobe“ präsentiert Kunst nach 1945. Ost und West finden hier zusammen – genauso wie Kunst
und Politik. Unter den 170 Arbeiten der Ausstellung gibt es jede Menge bekannte Werke. Neben Werken der üblichen Verdächtigen von Marina Abramović bis Andy Warhol aus der ehemaligen Nationalgalerie-West an der Potsdamer Straße hängen jetzt Arbeiten bekannter Ostgrößen wie Wolfgang Mattheuer Harald Metzkes oder Werner Tübke, die die auf der Museumsinsel gelegene Nationalgalerie-Ost sammelte.
Verantwortlich für die Schau sind der für die Sammlung zuständige stellvertretende Direktor Joachim Jäger, die wissenschaftliche Mitarbeiterin Maike Steinkamp sowie die Kunsthistorikerin Marta Smolińska von der Universität der Künste in Poznań. „Zerreißprobe“ ist laut Joachim Jäger der Versuch einer Darstellung, die den Entwicklungen von Meinungen und Werten in der Gesellschaft folge. Die Gesellschaft entscheidet über die Kriterien der Kunst. Das war schon immer so, nur obsiegen nun offenbar Gesinnung, Moral und Geschlecht über Ästhetik.
Die Geschichte schreiben immer die Sieger. „Die Einfühlung in den Sieger kommt demnach den jeweils Herrschenden allemal zugut“, formulierte 1940 Walter Benjamin. Denn die im Dunkeln, die Ausgeschlossenen und Vergessenen, sieht man ja nicht – und sie sind auch in der Neuen Nationalgalerie nicht zu sehen, beispielsweise Werke der Art brut, Werke der oft autodidaktischen Kunst gesellschaftlicher Außenseiter, die, wie Jäger sagt, nicht in der Sammlung vertreten sind.
- Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di/ Mi, Fr–So 10–18, Do 10–20 Uhr, 14/ 7 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 28.9.2025
Goldrausch 2023 – on the edge of

Anthropozän, Alltagsrituale, Popkultur und Ökonomie: Die diesjährige Ausstellung der Teilnehmerinnen des Goldrausch-Künstlerinnenprojekts „Goldrausch 2023 – on the edge of “ setzt sich mit so ziemlich allem auseinander, was den heutigen Zeitgeist ausmacht. Und in so ziemlich allen künstlerischen Formen von Malerei bis Experimentalfilm. Das gelingt zwar nicht allen der 15 Berliner Künstler:innen überzeugend, der Vielfalt wegen aber ist die Ausstellung einen Besuch wert.
- Galerie Weisser Elefant Auguststr. 21, Mitte, Di–Fr 11–19/ Sa 13–19 Uhr, bis 24.1.2024.
Munch. Lebenslandschaft

Edward Munch Superstar. Der norwegische Maler löste mit seinen emotional aufgeladenen Darstellungen von Männern und Frauen sowie seiner expressiven Malerei 1892 in einer Ausstellung beim Verein Berliner Künstler einen Skandal aus und läutete hierzulande die Moderne ein. Nachdem die Berlinische Galerie mit „ Der Zauber des Nordens“ zu Munchs Berliner Jahren eine von Publikum und Presse gefeierte Ausstellung vorgelegt hat, zieht nun das Museum Barberini in Potsdam nach.
In „Munch. Lebenslandschaft“ geht es mit über 110 Exponaten von internationalen und deutschen Leihgebenden um die Rolle von Natur und Landschaft in Munchs Werk. Ist in seinen vordergründig psychologischen Menschendarstellungen die Natur selbst von Bedeutung, offenbart der Pantheist Munch in den Landschaftsdarstellungen sein komplexes Verständnis von Natur: Sie ist Spiegel der eigenen Seele sowie Ausdruck eines kosmischen Kreislaufs. Spirituell und mystisch wie die Darstellungen von Sonne und Mond, bodenständig und erdverbunden. So wie in der Berlinischen Galerie die gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten beleuchtet werden, steht im Barberini der Einfluss wissenschaftlicher und philosophischer Entwicklungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf Munchs Werk im Fokus. Mehr Munch geht nicht.
- Museum Barberini Humboldtstr. 5–6, Potsdam, Mi–Mo 10–19 Uhr, 16–18/ 8–10 €, Kombiticket mit Kunsthaus Minsk 20/ 12 €, bis 1.4.24
vo1ces – Die menschliche Stimme im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz

Die achte und letzte Ausstellung der Programmreihe „v01ces“ betrachtet die Loslösung der menschlichen Stimme von ihrem ursprünglichen Körper im Kontext der Künstlichen Intelligenz. In zehn sehr unterschiedlichen Arbeiten wird verhandelt, wie diese Entwicklung bereits vor langer Zeit begann und wie moderne Technologien, etwa Deepfake-Stimmen, menschenähnliche Stimmen erzeugen und sie dazu bringen, Dinge zu sagen, die sie nie ausgesprochen haben. Etwas nerdig, etwas sperrig und deswegen gut. Denn hier wird Komplexität und Überforderung der digitalen Realität nicht hinter glossy verspielten Fassaden gepackt.
- Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten Turmstr. 75, Moabit, Di–Sa 12–19 Uhr, bis 13.1.24
The Roots of Our Hands Deep as Revolt

„Zurück zur Natur!“ riefen die Anhänger der deutschen Lebensreformbewegung (ca. 1880–1933) aus, darunter prägender Persönlichkeiten wie Rudolf Steiner und Hermann Hesse. Zu DDR-Zeiten vermischten Ost-Hippies Freikörperkultur mit Indigenen-Romantik. Solche unschuldig scheinenden, freiheits- und naturverbundenen Bewegungen werden in diesem künstlerisch-forschenden Ausstellungsprojekt des Nyabinghi Lab auf ihre kolonialen Verwicklungen abgeklopft. Denn während sich die vornehmlich weißen Körper von den „Zwängen der Zivilisation“ befreien wollten, auch in anderen Ländern, sollten sich die schwarzen genau diesen unterwerfen. Historische Widersprüchlichkeiten, die sich bin in die Gegenwart der aktuellen Umweltdiskurse tragen und bisher zu wenig betrachtet wurden. Für die Ausstellung mit vielen Arbeiten, kopflastige und sinnliche, kleine und raumfüllende, lohnt es sich viel Zeit mitzubringen. Zum umfangreichen Rahmenprogramm gehören auch ein dreitägiges Symposium aus Performances, Lectures und Diskussionen im Hebbel am Ufer (HAU).
- Kunstraum Kreuzberg/Bethanien Mariannenplatz 2, Kreuzberg, Do–Sa 10–22, So–Mi 10–20 Uhr, bis 14.1.24; HAU2, Hallesches Ufer 34, Kreuzberg, vom 24.–27.11., Infos und Tickets
Selma Selman

It’s a family business: Selma Selman hat zur Eröffnung ihrer ersten Einzelausstellung in Berlin gemeinsam mit Mitgliedern ihrer Familie im Gropius Bau Elektroschrott zerlegt – und an die 1000 Besucher:innen wollten das sehen. Die junge, aufstrebende Künstlerin aus Bosnien mit Rom*nja-Hintergrund wird international gefeiert. In der Performance Motherboards (2023) zur ihrer Wertschau „her0“ ist das komplexe Themenspektrum ihrer Arbeiten komprimiert: Elektroschrott zerlegen nicht als ein Akt der lustvollen Zerstörung, sondern des (Über-)Lebens für ihre Familie und viele Angehörige der Rom*nja-Community; Nachhaltigkeitspraxis als Frage von Rass- und Klassismus; Anerkennung und Fluchtbedürfnis. Die aus der Performance entstandenen Dinge sowie zahlreiche frühere und neue Werke geben einen Überblick über Selmans diverse Arbeitsweise, in der sie Performance, Malerei, Fotografie und Video vereint.
- Martin Gropius Bau Niederkirchnerstr. 7, Kreuzberg, Mo, Mi, Do, Fr 11–19/ Sa+So 10–19 Uhr, Eintritt frei
Mental Hot Spot

Eine weitere Ausstellung, bei der der Raum selbst ein Erlebnis ist: Mental Hot Spot bei OOW Architekten. Besucher:innen können hier zwischen Kaffeemaschine und Arbeitstisch Skulpturen, Medienkunst und Malerei entdecken, während Mitarbeiter:innen ihrem täglichen Geschäft nachgehen. Kurator und ausstellender Künstler Tim Plamper bespielt zusammen mit zahlreiche Kolleg:innen die Räume des Architekturbüros in der Leipziger Straße, einer spannenden Kunstmeile Berlins. Etwas seltsam ist es schon, an einem Arbeitsort herumzulaufen, an den man eigentlich nicht gehört, an dem man die anderen nicht stören will, und doch ist man eingeladen, sich frei zu bewegen. Eine der genialsten Arten Kunst zu zeigen. Denn hier stehen die Werke von jungen Berliner Künstler:innen wie Emma Adler, Rebekka Benzenberg und Christian Kölbl in Bezug zu Alltagsgegenständen, Arbeit wird zur Performance, das Büro zum Environment, Grenzen werden überwunden. Ein immersives Erlebnis der anderen Art. Traut euch!
- oow Leipziger Str. 56, Mitte; Mo–Fr 9–18 Uhr, bis 8.12.
Brett Ginsburg

Brett Ginsburg erkundet in „Wind, Water, Wood“ das Zusammenspiel von Technologie und Menschheit, inspiriert von Lewis Mumfords „Technics and Civilization“, einer philosophischen Analyse der Geschichte der Technologie und ihrer wechselseitigen Beziehung zur Menschheit. Dafür hat der New Yorker den leeren Raum der Galerie mit neun Strängen durchzogen, die vom Boden bis zur Decke reichen. Es sind die unsichtbare Achsen, auf denen der physische Raum abgebildet ist, den wir zumeist so unbewusst durchschreiten. Neben der Installation sind Gemälde zu sehen, psychedelisch-digital anmutende Kompositionen. Irgendwo im Nirgendwo zwischen Technik und Mensch, Raum und Zeit.
- Kraupa-Tuskany Zeidler Kohlfurter Str. 41/43, Kreuzberg, Di-Sa 11–18 Uhr, bis 27.1.
Richard Prince

Brüste, Beine, Arme und Po – Richard Prince braucht nicht viel, um die großzügigen Galerieräume von Max Hetzler zu füllen. Einen dekonstruierten, weiblichen Körper fügt er auf mehreren Leinwänden durch Druck wieder zusammen, ergänzt, übermalt. Abstrakt und zugleich ziemlich konkret entfalten die so entstandenen Werke eine eigene, anziehende Körperlichkeit.
- Galerie Max Hetzler Potsdamer Str.77-87, Tiergarten, Di–Sa 11–18 Uhr, bis 10.2.2024
Lee Ufan

Es herrscht eine große Ruhe in den Sälen und im Garten: Mit 50 Arbeiten lädt Lee Ufan im Hamburger Bahnhof gleichsam zur Mediation ein. Der 1936 in Korea geborene Künstler, der lang in Japan lebte, gilt als bedeutender Vertreter ostasiatischen Minimalismus. Das Material, das er verwendet, spricht für sich: Stein und Baumwolle, Stahl, Metall, Glühbirnen und Farbe. Da überrascht, dass Lee Ufan ausgerechnet Rembrandt bewundert: zu sehen in einem Saal (Foto), den Lee Ufan wie einen Zen-Garten mit Kies ausgelegt hat.
- Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart Invalidenstr. 50/51, Tiergarten, Di/ Mi + Fr 10–18 Uhr, Do bis 20 Uhr, Sa/So 11–18 Uhr, 12/ 6 €, bis 18 J. +1. So/ Monat für alle frei (Ticket hier), So Familienermäßigung, bis 28.4.2024
Grünzeug. Pflanzen in der der Fotografie der Gegenwart

Die Landschaft fordert ihr Recht zurück: je bedrohter die Arten sind, desto stärker treten sie sie in zeitgenössischer Kunst auf. Nun widmet das Museum Berlinische Galerie einen Saal aktueller Pflanzenfotografie. Auf den ersten Blick erstaunt die starke Präsenz von Schwarzweiß-Aufnahmen – etwa bei Ingar Krauss und Falk Haberkorn (Foto). Aber sie macht menschliche Eingriffe in den Wald sehr deutlich. Und Susanne Kriemanns Fotoserie mit Plastikmüll aus indonesischen Mangrovenwäldern schlägt den Boden zu der Ausstellung „Image Ecology“ im Fotohaus Berlin. Dort ist Berliner Künstlerin ebenfalls vertreten – und dort wird deutlich, dass die Ausstellung in der Berlinischen Galerie noch nicht ultima ratio zum Thema ist.
- Berlinische Galerie Alte Jacobstr. 124–128, Kreuzberg, Mo–Mo 10–18 Uhr, 15/ 9 € (Hausticket), bis 18 J. + 1.So/ Monat frei (Ticket hier), Do 17–20 Uhr: 9 €, bis 22.1.2024
- C/O Berlin Hardenbergstr. 22-24, Charlottenburg, Mo-So 11-20 Uhr, 12/6 €, bis 18 J. frei, bis 18.1.2024
Atem-Stücke (Part II): Camila Sposati

Mehrere Ausstellungen in der ifa-galerie widmen sich dem Klang in der Kunst. Im Sommer überführte Katia Kameli aus Frankreich ein persisches Epos aus dem späten Mittelalter in die Gegenwart: mit Keramikfiguren, die als Flöten dienen, und einem hochästhetischen Tanzfilm. Das war wow! Nun kommt Camelia Sposati mit „Atem-Stücke (Part II)”, die schon in der Stuttgarter ifa-galerie errobt wurden (Foto). Die Künstlerin aus Brasilien zeigt 15 Objekte und Skulpturen, die sich als Instrumente spielen lassen. Deren Bau sind geologische, kulturelle und kosmologische Erkundungen vorausgegangen.
- Ifa-galerie Linienstr. 139/140, Mitte, Di–So 14–18, Do bis 20 Uhr, bis 4.2.2024
Mark Dion: Delirious Toys

Der Künstler muss seinen Spaß gehabt haben, aber die Restaurator:innen des Stadtmuseums hat er herausgefordert: Mark Dion hat aus der museumseigenen Sammlung Puppen, Teddys, Autos, Brett- und Kartenspiele aus rund 150 Jahren zu Tage gefördert. In der Nikolaikirche hat er sie zu wunderschönen Installationen aufgebaut. Sie geben Aufschluss über vergangene Ideale und pädagogische Intentionen. Zur Enttäuschung der besuchenden Kinder ist Berühren verboten. Nur auf Anfrage geöffnet wird ein Giftschrank mit rassistischem Spielzeug und Brettspielen aus nationalsozialistischer Zeit. Zudem gibt es ein Schlachtfeld, auf dem Dion Zinnsoldaten und Playmobil-Figuren sich totschießen lässt.
- Museum Nikolaikirche Nikolaikirchplatz Mitte, Mo–So 10–18 Uhr, 7/4 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei (Ticket hier) bis 11.2.2024
See You at the Studio! Ten Years with Artists in Residence

Neben dem Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) hat das Residenzprogramm des Künstlerhaus Bethanien dazu beigetragen, dass das vereinte Berlin eine internationale Künstlerstadt geworden ist. Dafür sorgen im Bethanien Partnerschaften mit Stiftungen im In- und Ausland. Das lässt sich durchaus mal feiern. Zum Beispiel die Kooperation mit der Stiftung der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die in zehn Jahren 20 Stipenditat:innen in Wohnateliers des Künstlerhauses vermittelt hat. Salwa Aleryani, Ahmed El Ghoneimy, Aziz Hazara, Pereira Paz, Khvay Samnang (Abb.), Thabiso Sekgala, Nguyễn Thị Thanh Mai und weitere Künstler:innen stellen aus diesem Anlass aus.
- Künstlerhaus Bethanien Kottbusser Straße 10, Kreuzberg, bis 17.12., Di–So 14–17 Uhr, mehr Infos hier
Als hätten wir die Sonne verscharrt im Meer der Geschichten

Ein furioser Start gelang dem neuen HKW-Intendanten Bonaventure Soh Bejeng Ndikung im Frühsommer mit seiner Auftaktausstellung „O Quilombismo“. Jetzt folgt mit „Als hätten wir die Sonne verscharrt im Meer der Geschichten“ die zweite, genauso spannende Ausstellung, die der Intendant als „zweiten Teil einer mehrjährigen Reise“ bezeichnet. Sie zeigt, fast im ganzen Haus, Arbeiten von 31 Künstlern und Künstlerinnen. Nicht um den Globalen Süden und dessen Ästhetiken geht es jetzt, sondern um den Globalen Osten, um die Region Nordeurasien, die weite Teile Osteuropas sowie Zentral- und Nordasiens umfasst und lang unter russischer beziehungweise sowjetischer Herrschaft stand.
- Haus der Kulturen der Welt John-F.-Dulles-Allee 10, Tiergarten, Mi–Mo 12–19 Uhr, 8/ 6 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 14.1.
Zoom auf van Eyck. Meisterwerke im Detail

Jan van Eyck (1390-1441) hat die Malerei nicht nur handwerklich perfekt beherrscht und auf ein nahezu überirdisches Level gebracht, sondern ihr durch seine plastischen, symbolhaften Darstellungen von Personen und Umgebungen eine lebendige Tiefe einverleibt. In der Gemäldegalerie befinden sich drei Gemälde des Superstars der altniederländischen Malerei. Die Ausstellung „ Zoom auf van Eyck“ ermöglicht einen tiefen Einblick in seine Meisterwerke, während gleichzeitig Originale aus eigenen Beständen und kunsttechnologische Untersuchungen sowie Restaurierungen präsentiert werden. Das Highlight der Ausstellung ist eine digitale Projektion, entwickelt von Bozar und dem KIK-IRPA in Brüssel, die es Betrachter:innen erlaubt, sich interaktiv in hochauflösende Detailaufnahmen der Gemälde hineinzuzoomen und selbst den Bildausschnitt zu wählen, um selbst die feinste Pinselarbeit des Meisters zu erkunden.
- Gemäldegalerie Matthäikirchplatz, Tiergarten, Di–So 10–18 Uhr, 10/ 5€, bis 18 J., ALG II + 1.So im Monat frei, bis 3.3.24
Havanna Berlin Stories

Alte Autos, prächtige Kolonialbauten: Solche Bilder aus Kuba sind in Europa weit verbreitet. Die Ausstellung „Havanna Berlin Stories“ im Schloss Biesdorf zeigt jetzt Werke, die noch unbekannte und sehr persönliche Geschichten über ein Land erzählen, das in den letzten 100 Jahren große politische Umbrüche erlebt hat. So zeigt die Videoinstallation „Next Time It Rains The Water Will Run“ (2010) von Felipe Dulzaides den Verfall riesiger modernistischer Ziegelsteinbauten einer nie eröffneten Kunsthochschule in Havanna.
- Schloss Biesdorf Alt-Biesdorf 55, Biesdorf, Mi–Mo 10–18 Uhr, Fr 12–21 Uhr, Eintritt frei, bis 11.2.24
Kimsooja. (Un)Folding Bottari

Die Künstlerin Kimsooja und die Gastkuratorin Keumhwa Kim haben gemeinsam mit dem Museum für Asiatische Kunst im Humboldt Forum eine Serie von Sammlungsinterventionen entwickelt. Sie umfasst 14 Werke und Werkgruppen der südkoreanischen Künstlerin, darunter auch neue Arbeiten, die historischen Objekten gegenüberstehen.
- Humboldt Forum Schloßplatz, Mitte, Mo+Mi–So 10.30–18.30 Uhr, aktueller Eintritt: humboldtforum.org, bis 19.2.24
„Nox“ im Kranzler Eck

Wenn Night Rider und Blade Runner 2049 aufeinandertreffen: Lawrence Lek hat in dem in seinem Projekt „Nox“ autonom fahrende Autos mit Bewusstsein ausgestattet und lässt sie ihre Geschichten zwischen Fahrtraining und Depression erzählen. Dafür hat er mehrere ganze und auseinandergenommene Limousinen auf drei Stockwerken im leerstehenden ehemaligen Karstadt-Sport-Kaufhauses, nah am Bahnhof Zoo, platziert. Ausgestattet mit einem Headset hören Besucher:innen die KI-Gefährten sprechen, sobald sie sich ihnen nähern. Dazu laufen Videos auf großen Screens, die eher dystopisch anmutende Landschaften voller Elektrizitätsparks am Stadtrand zeigen, und im oberste Geschoss kann man sich dann in einem Videospiel selbst mit einem KI-Auto als Trainer:in auseinandersetzen. Zweifellos ist das vielfältig sowie groß inszenierte und interaktive Environment im leeren Kaufhaus beeindruckend. Allerdings sind die Narrative über das vermenschlichte Innenleben von Künstlichen Intelligenzen so schon mehrfach erzählt worden und auch die künstlerischen Formen sind nicht sonderlich innovativ und überraschend im Blick auf die zeitgenössische digitale Kunst sowie die Möglichkeiten KI-generierter Ästhetiken. Wer jedoch bisher mit digitaler Kunst, KI und Gaming wenig Berührung hatte, kann sich gut in dieser zugänglichen und reichhaltigen Ausstellung mit der gegenwärtigen Zukunft vertraut machen.
- Kranzler Eck Kurfürstendamm 21-23, Charlottenburg, 15/ 10 €, Tickets, bis 14.1.
D wie Deutscher?

Deutsche:r zu sein, heißt…? Künstler:innen wie Alienationist, Eliza Goldox und thabo thindi untersuchen die Auswirkungen des umkämpften Nationalbegriffs auf Alltag und Künste. Dafür erforschen sie historische Ereignisse, hinterfragen das heutige Verständnis von Herkunft und Zugehörigkeit und wagen eine Neubewertung.
- Deutscher Künstlerbund Markgrafenstr. 67, Kreuzberg, Di–Fr 14–18 Uhr, bis 15.12.
Very Friendly
Wer beim täglichen Blick in Zeitungen, Social Media Kanäle oder einfach nur auf Berliner Straßen nicht genug Beklemmung und Schauer verspürt, kann sich in diesem temporären Ausstellungsort „House“ für zeitgenössische, junge Kunst eine Portion Darkness abholen. Ein Highlight im wahrsten Sinne des Wortes ist das Gemälde von Adam Gordon, der Licht malt, wie es nur wenige können.
- House Friedrichstr. 112B, Mitte, Do–Sa 12–18 Uhr, bis Januar 2024
The Struggle of Memory – Part 2

Die Ausstellung „ The Struggle of Memory“ reflektiert die Schwierigkeiten einer linearen Erinnerungskultur in postkolonialen Gesellschaften und präsentiert vielschichtige Werke, die weniger bekannte Aspekte des Kolonialismus beleuchten. Künstler wie Sammy Baloji setzen sich in ihren Werken mit den kolonialen Spuren auseinander, indem sie vergessene Geschichten durch Installationen, Fotografie und Skulpturen wieder in Erinnerung holen.
- Palais Populaire Unter den Linden 5, Mitte, Mi–Mo 11–18, Do bis 21 Uhr, bis 11.3.2024
Ari-Arirang

Im späten 19. Jahrhundert interessierten sich Deutsche sehr für Korea, das zwischenzeitlich Kaiserreich war, bevor Japan es sich einverleibte. An dieses Interesse erinnert eine neue Ausstellung von Ethnologischem Museum und Museum für Asiatische Kunst im Humboldt Forum, die eine Auswahl aus ihren Beständen zu Korea zeigen – darunter viele Hüte aus dem 19. Jahrhundert, für die sich Deutsche offenbar begeisterten. Ergänzt werden die Objekte von zeitgenössischer Kunst und Aufzeichnungen von Gesängen russisch-koreanischer Männer in deutschen Kriegsgefangenenlagern, Lieder, die der Ausstellungstitel zitiert.
- Humboldt Forum Schloßplatz, Mitte, Mi–Mo 10.30–18.30 Uhr, 12/ 6 €, bis 18 J. + 1. So im Monat frei, bis 21.4.2024
Hej Rup! Die tschechische Avantgarde

Nach dem Ersten Weltkrieg setzte sich die Moderne durch, ein Beben in der 1918 gegründeten Tschechoslowakei, einem Nachfolgestaat von Österreich-Ungarn. Das Bröhan-Museum ruft den kulturellen Aufbruch (Abb. oben) in Prag, Plzeň, Brno und anderen Städten in Erinnerung.
- Bröhan-Museum Schloßstr. 1a, Charlottenburg, Di–So 10–18 Uhr, 8/ 5 €, 1. So im Monat frei, bis 3.3.2024
FLUXUS+nonkonform
Das private Museum FLUXUS+ zeigt eine Sonderschau zu künstlerischen Avantgarden im geteilten Deutschland mit Arbeiten unter anderem von Mary Bauermeister, Joseph Beuys, Lutz Dammbeck und Wolf Vostell. Und ist auch sonst eine Reise wert: Es widmet sich der Fluxusbewegung und liegt im Kulturviertel gleich neben dem Hans-Otto-Theater. Und ein Café am Wasser gibt es natürlich auch.
- Museum Fluxus+ Schiffbauergasse 4f, Potsdam, Mi–So 13–18 Uhr, 7/ 3 €, bis 13 J., ALG I + II frei, bis 4.2.2024
Unbound: Performance as Rupture

Performance ist die Kunstform der Stunde, das hat nicht zuletzt das Performance-lastige Programm der Berlin Art Week gezeigt. Die neue Sammlungspräsentation „Unbound: Performance as Rupture“ der Julia Stoschek Foundation untersucht, wie Künstler:innen historische Narrative und Ideologien der Unterdrückung mithilfe von Performance und Videokunst seit den 1960er-Jahren bis heute in Frage stellen. Darunter Ikonen wie Valie Export und Shootingstars wie Akeem Smith.
- Julia Stoschek Foundation Leipziger Str. 60, Mitte, Sa+So 12–18 Uhr, 5 €, bis 18 J. frei, bis 28.7.2024
Canops
José Canops war Hoftischler in Madrid. Ursprünglich hieß er Joseph Canops und kam aus dem Herzogtum Limburg im heutigen Belgien. Mit internationalen Leihgaben sowie Exponaten aus Staatsbibliothek und Musikinstrumenten-Museum will das Kunstgewerbemuseum in die Handwerkskunst von Canops und seiner internationalen Kollegen einführen. Den Nachbau eines Schreibmöbels dürfen Besuchende auch anfassen.
- Kunstgewerbemuseum Matthäikirchplatz, Tiergarten, Di–Fr 10–18, Sa+So 11–18 Uhr, 8/ 4 €, bis 18 J., ALG II + 1.So im Monat frei, bis 11.2.2024
The Great Repair

„The Great Repair“ ist kein DIY-Projekt, sondern ein Ansatz, der sich auf die Reparatur von gesellschaftlichen Verhältnissen, insbesondere zwischen Mensch und Natur, konzentriert. Das Kuratorenteam der Architekturzeitschrift „Arch+“ hat 40 Positionen aus Architektur und Bildender Kunst für das Projekt ausgewählt, wobei der Fokus auf dem Wert von Arbeit liegt, der durch den unkonventionellen Zugang zur Ausstellung betont wird – Besucher nutzen den Hintereingang, um die Arbeit von Facility-Teams und Reinigungskräften zu würdigen. Dieser Ansatz erstreckt sich über die gesamte Ausstellung und wird auch von der Künstlerin Mierle Laderman Ukeles verfolgt, die in den 1970er-Jahren in ihren „Maintenance-Videos“ die Wertschätzung für die Menschen ausdrückte, die sich um den Erhalt von Dingen kümmern. Ein konkretes Beispiel für diese Idee ist die behutsame Sanierung des Werner-Düttmann-Baus von 1960 durch das Büro Brenne Architekten, dessen umfassendes Materialprobenarchiv ebenfalls Teil der Ausstellung ist.
- Akademie der Künste Hanseatenweg 10, Moabit, Di–Fr 14–19, Sa+So 11–19 Uhr, 9/ 6 € , bis 18 J., Di + 1. So im Monat frei, bis 14.1.2024
Image Ecology

Eine neue Ausstellung im Fotohaus C/O Berlin macht dort weiter, wo der Europäische Monat der Fotografie im März endete: „Image Ecology“ untersucht die Verstrickung der Fotografie in Umweltschäden und Erderwärmung. Gastkurator Boaz Levin und Kathrin Schönegg, die inzwischen von C/O Berlin ans Münchner Stadtmuseum gewechselt ist, zeigen Arbeiten von 15 Künstler:innen, die ökologische Themen nicht nur in Motive fassen, sondern auch in Material und Techniken spiegeln.
- C/O Berlin Hardenbergstr. 22–24, Charlottenburg, Mo–So 11–20 Uhr, 12/ 6 €, bis 18 J. frei, bis 18.1.2024
„I’ve seen the Wall: Louis Armstrong auf Tour in der DDR 1965“

Louis Armstrong, der berühmte Jazzer aus New Orleans, zog 1965 durch die DDR. In neun Tagen soll er 17 Konzerte absolviert haben. An diese Tour de force erinnert das private Kunsthaus Minsk am Potsdamer Hauptbahnhof mit historischen und zeitgenössischen Gemälden, Filmen, Dokumenten und Grafiken.
- DAS MINSK Kunsthaus Max-Planck-Str. 17, Potsdam, Mi–Mo 10–19 Uhr, 10/ 8 €, bis 4.2.
Thomas Hoepker

Seine Fotos von Boxer Muhammad Ali und von den Ausflügler:innen vor dem brennenden World Trade Center 2001 sind weltbekannt. Jetzt zeigt die Galerie Buchkunst Berlin frühere Aufnahmen des 1936 in München geborenen Magnum-Fotografen Thomas Hoepker: zarte Farbfotos aus den Metropolen der Welt und Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Nachkriegs-Italien. Mamma Roma!
- Galerie Buchkunst Oranienburger Str. 27, Mitte, Do–Sa 14–19 Uhr, bis 13.1.2024
General Idea

Wände voller AIDS, poppende Pudel und ein „Orgasm Energy Chart“: Der Gropius-Bau zeigt eine große Retrospektive zum wegweisenden kanadischen Künstlertrio General Idea. Von den drei Mitgliedern Felix Partz, Jorge Zontal und AA Bronson lebt nur noch Bronson, der auch an der Kuration beteiligt war. Zontal und Parts starben 1994 an AIDS. Mehr als 200 Werke verschiedenster Gattungen aus 25 Jahren Schaffen werden gezeigt, beginnend in den späten 1960er- und endend in den frühen 1990er-Jahren. Besonders eindrücklich ist der geleitete Gang durch die Ausstellung. Es wird der Lebenslauf einer AIDS-Erkrankung nachgezeichnet, endend im Licht von Leuchtstoffröhren und Krankenhausatmosphäre.
- Gropius Bau Niederkirchnerstr. 7, Kreuzberg, 22.9.-14.1., Mi-Mo 11-19 Uhr, Tickets 9€, mehr Infos hier
6. Berliner Herbstsalon

Mit „Lost – You Go Slavia“ steht der blutige Zerfall Jugoslawiens und die Gegenwart der heutigen Nationalstaaten im Fokus des 6. Berliner Herbstsalons im Gorki Theater. Das multidisziplinäre Festival vereint Theater, Musik, Film und Kunstausstellungen, die im Hinblick auf das ehemalige Jugoslawien auch auf heutige Konflikte in Europa und weltweit blicken. Neben der Foto-Arbeit „Pjevaj!“ (deutsch: „Sing!“) des 2016 verstorbenen, großartigen Künstlers Mladen Stilinović, spannen die groß angelegten Werkpräsentationen von Danica Dakić und Milica Tomić die Komplexität diesen Themas eindrücklich auf. In „Four Faces of Omarska“ untersucht Tomić seit 2009 den im Sozialismus gegründete Bergbaukomplex im Nordwesten von Bosnien und Herzegowina, der zu Beginn der Jugoslawienkriege zum Folter-Vergewaltigungs- und Todeslager wurde. Mittlerweile von einem internationalen Konzern als kommerzielles Bergbauwerk reaktiviert, diente er auch als Drehort für einen ethno-historischen Kinofilm.
Diese verschiedenen Schichten legt Tomić zusammen mit vielfältigen Akteur:innen durch intensive Recherche und kollektive Projekte frei, die anhand von Objekten, Texten und in interaktiven Public Sessions erfahrbar werden. Um das Potential von individuellen Utopien geht es in der dreiteiligen Videoarbeit „Zenica Trilogie“ von Danica Dakić. Zenica, vormalig eine blühende Industrie- und architektonische Musterstadt mit dem landesgrößten Theater im sozialistischen Jugoslawien, ist seit dem Bosnienkrieg von strukturellem Verfall, Arbeitslosigkeit und Tristesse geprägt. Inmitten kollektiver Resignation geben Menschen nicht auf: der Technische Leiter des Theaters; ein Mann, der Zenica aus Eigeninitiative jeden Tag putzt, sein Bruder, der als Dialyse-Patient für die Änderung von Transplantations-Gesetzen kämpft; und eine Schauspielerin, die gegen die nimmermüde Drehbühne anrennt.
- Maxim Gorki Theater Am Festungsgraben 2, Mitte, Di–Do 18–22, Fr–So 14–22 Uhr, Eintritt frei, Programm und Tickets, bis 10.12.
Lin May Saeed. Im Paradies fällt der Schnee langsam

Es ist schade, dass Lin May Saeed (1973–2023) die Eröffnung ihrer ersten musealen Einzelausstellung in Deutschland im Georg Kolbe Museum nicht mehr miterlebt hat. Das Werk der deutsch-irakischen Bildhauerin ist geprägt vom Leben der Tiere sowie der Beziehung zwischen Tier und Mensch. In Skulpturen, Reliefs, Metallarbeiten, raumgreifenden Scherenschnitten und Zeichnungen hat sie das Museum mit Affen, Kühen, Panthern und vielen mehr bevölkert. Mal als stolze Büste, mal in phantasievollen Szenarios. Verblüffend ist auch das Material, mit dem Saeed gearbeitet hat: Das biologisch nicht abbaubare Styropor, welches wir als Verpackungsmüll schnell in die nächste Tonne kloppen, soll das Bewusstsein erwecken, dass dieser Müll bleiben wird. Parallel dazu sind Werke von Renée Sintenis (1888-1965) zu sehen. Diese prägende Bildhauerin der Moderne wurde in den 1920er-Jahren für ihre kleinformatigen Tierskulpturen bekannt. Eine davon dürften die meisten kennen: den Berliner Bär, der bei den Berliner Filmfestspielen verliehen wird.
- Georg Kolbe Museum Sensburger Allee 25, Charlottenburg, Mi–Mo 1118 Uhr, bis 25.2.24
Schlaglicht

Die Stiftung Kunstforum der Berliner Volksbank präsentiert ihre Sammlung von Gemälden und Skulpturen aus Ost- und West-Berlin wie von Clemens Gröszer (Abb.) sowie Videos und Fotografien und Videos nach 1945. Es geht darum, wie Themen wie Porträt und Stadt in verschiedenen Genres behandelt werden.
- Stiftung Kunstforum Kaiserdamm 105, Charlottenburg, Di–So 10–18 Uhr, bis 10.12.
„Edvard Munch. Zauber des Nordens“ in der Berlinischen Galerie

Immer wieder gut verständlich bereitet das Museum Berlinische Galerie heisige Kunstgeschichte auf: dieses Mal am Beispiel des norwegischen Malers Edvard Munch, der die Kunstszenen des deutschen Kaiserreichs aufmischte. Die Ausstellung „Edvard Munch. Zauber des Nordens“ brilliert mit prächtigen Leihgaben vor allem aus dem Munch-Museum in Oslo sowie wenig bekannten Holzdrucken und Fotografien des Künstlers. So wird die Bedeutung Berlins für Munchs Werk und Munchs Einfluss auf Berliner Kunst deutlich.
- Berlinische Galerie Alte Jakobstr. 124–128, Kreuzberg, Mi–Mo 10–18 Uhr, 10/ 6 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, 15.9.23–22.1.24
„If the Berlin Wind Blows My Flag“ in daad-Galerie, Neuem Berliner Kunstverein und Galerie im Körnerpark

Das gab es noch nie. Das Berliner Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) hat seine 60-jährige Geschichte selbstkritisch aufgearbeitet, nicht immer mit schmeichelhaften Ergebnissen. Denn die Organisation, die ganz wichtige Künstler:innen nach (West-)Berlin brachte und bringt, war und ist oft Werkzeug der Politik. Die Ergebnisse mit der entsprechenden Kunst sind an drei Orten ausgestellt: der Kreuzberger DAAD-Galerie, dem Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) in Mitte und der Neuköllner Galerie im Körnerpark. Vor allem die Präsentation im n.b.k. besticht: mit profunden Kenntnissen des Kalten Kriegs und der Situation dissidentischer Künstler:innen im ehemaligen „Ostblock“.
- DAAD-Galerie Oranienstr. 162, Kreuzberg, Di-So 12–19 Uhr, 14.9.–14.1.
- n.b.k. Chausseestr. 128/129, Mitte, Di/ Mi 12–18, Do 12–20, Fr-So 12–18 Uhr, 14.9.–14.1.
- Galerie im Körnerpark Schierkerstr. 8, Neukölln, Mo–So 10–20 Uhr, bis 14.1.
„Das sowjetische Hauptquartier“ von Sven Johne im Fluentum

Diese Schau passt zum Ausstellungsort wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Privatsammler Markus Hannebauer zeigt regelmäßig Kunst in einem Zehlendorfer Gebäude, das unter den Nationalsozialisten als Sitz des „Luftgaukommando III“ diente, nach 1945 dann als Hauptquartier der US-Armee. Zur Berlin Art Week führt nun der Fotograf und Regisseur Sven Johne seinen neuen Film auf, den er im brandenburgischen Wünsdorf drehte: in einem Bau der preußischen Artillerie, der nach 1945 der Roten Armee als Haus der Offiziere diente. In „Das sowjetische Hauptquartier“, so der Titel des Films, lässt Johne eine alte auf eine neue Ideologie krachen, verkörpert in der Figur eines Immobilienmaklers und einer Ostalgikerin. Vor allem aber schafft Johnen, geborener Rügener und Kenner ostdeutscher Landschaften, atemberaubend schöne Bilder. Sie lassen Worte und Handlungen seiner Darsteller:innen noch beklemmender wirken.
- Fluentum Clayallee 174, Zehlendorf, 13.9.–16.12., Fr 11–17, Sa 11–16 Uhr
Coco Fusco in den KW

Ein Paukenschlag in den Kunst-Werken: die drei neuen Ausstellungen ergänzen sich wunderbar. Coco Fusco zeigt unter anderem Filme zu Schwarzen Emanzipationsbewegungen. Kameelah janan Rasheed, die den Preis für künstlerische Forschung von Schering Stiftung und Land Berlin gewann, macht auf großen Bahnen die Bildhaftigkeit von Texten und das Potenzial von Worten als Instrumente der Selbstbehauptung sichtbar. Und die dritte Ausstellung ist eine Gruppenschau: Hier geht es um widersprüchliche Nachbarschaften verschiedener künstlerischer Ausdrucksformen. Das ist vielleicht nicht zwingend notwendig, sieht aber fantastisch vielfältig aus.
- Kunst-Werke (KW) Auguststr. 69, Mitte, Mi-Mo 11–19, Do bis 21 Uhr, 8/ 6 €, bis 18 J. + Do ab 18.9. 14.9.–7.1.2024
Fotografiska
Das Fotohaus Fotografiska, aus Stockholm eröffnete am 14. September seinen Berliner Zweig mit drei Ausstellungen. Die Gruppenschau „Nude“ versammelt fotografische Arbeiten zu Nacktheit. Die Musikerin und Künstlerin Juliana Huxtable zeigt unter anderem die neue Videoinstallation „USSYPHILIA“. Und Candice Breitzʼ Videoinstallation „Whiteface“ (Abb.) handelt von Rassismus, Sprache, Gestik und Mimik. Eine provokative Arbeit, über die dreimal nachzudenken lohnt. Was ihr zum neuen Fotografiska wissen müsst, erfahrt ihr hier.
- Fotografiska Oranienburger Str. 54, Mitte, Mo-Mi 14, Do/ Fr 15, Sa/So 16 €, bis 25 J. und über 65 J.: 8 €, bis 12 J. frei, Tickets hier, Mo-So 10-23 Uhr
Förderpreis Junge Kunst 2023

Auch Reinickendorf vergibt einen Kunstpreis, zusammen mit dem Kunstverein Centre Bagatelle, allerdings nur für „junge“ Kunst. Heißt übersetzt: Anders als in Schöneberg dürfen Bewerberinnen nicht älter als 40 Jahre sein (was ziemlich altmodisch ist, solche Einschränkungen finden längst die Kritik von Künstler:innen mit Kindern und von Späteinsteiger:innen). Der Preis ist mit 1.000 Euro dotiert, daneben erhalten zwei weitere Künstler:innen einen Einzelkatalog. Die Nominierten stellen zur Woche der Kommunalen Galerien aus: Maxim Brandt, Vlad Brăteanu, Euna Gu, Robin Hinsch (Abb.), Etienne Lafrance, Marlen Letetzki, Mona Pourebrahim, Constanze Vogt und Sofiia Yesakova.
- Rathaus-Galerie Reinickendorf Eichborndamm 215, Reinickendorf, Mo–Fr 9–17 Uhr, Eintritt frei, 4.9.2023–25.1.2024
Flashes of Memory – Fotografie im Holocaust
Wer das Thema von Richters „Birkenau“-Zyklus vertiefen will, findet im Museum für Fotografie eine dokumentarische Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Internationalen Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und der Berliner Kunstbibliothek entstanden ist. Sie kontrastiert Fotografien von Opfern und Tätern des Holocaust – und mit Aufnahmen der alliierten Siegermächte, die bei der Befreiung der Konzentrationslager und während der Nürnberger Prozesse entstanden. Besuchende sollten etwas Zeit mitbringen – und die Bereitschaft, sich mit der Dokumentation von Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie der politischen Rolle von Fotografie im 20. Jahrhundert auseinanderzusetzen. Die umfangreiche Ausstellung ist Teil des Europäischen Monats der Fotografie in Berlin 2023.
- Museum für Fotografie Jebenstr. 2, Charlottenburg, Di-So 11-19, Do bis 20 Uhr, 11/ 5 €, bis 18. J + 1. So/ Monat frei, Tickets hier, bis 28.1.2024
Pallavi Paul: How Love Moves: Prelude

Die Künstlerin und Filmwissenschaftlerin Pallavi Paul aus Indien interessiert sich für Atemtechniken, Liebe und Politik. Vor zwei Jahren war sie Gast des Künstlerprogramms des DAAD, jetzt ist sie Stipendiatin des Gropius Baus. In Vorbereitung einer späteren Ausstellung zeigt sie nun erste Arbeiten in den umsonst zugänglichen Räumen im Erdgeschoss des Gropiusbaus.
- Gropius Bau Niederkirchnerstr. 7, Mo, Mi-Fr 11-19 Uhr, Sa/ So 10-19 Uhr, Eintritt für Pauls Ausstellung frei, bis 14.1.2024
Eva Fàbregas – Devouring Lovers

Nach den neuen Dauerausstellungen im Juni hat das Leitungsduo des Hamburger Bahnhofs jetzt nachgelegt: Eva Fàbregas aus Barcelona hat die zentrale Halle in ein dezent kinetisches Labyrinth verwandelt, in dem sich Besuchende ihren Weg um hängende und liegende Skulpturen bahnen können, um herauszufinden, ob sie ihren Sinnen trauen dürfen. Eine Art amorpher Zaubergarten mit medizinischen und biologischen Anklängen, in dem es den Betrachtenden überlassen bleibt, was sie mit den Wucherungen assoziieren – Freude oder Ekel, Fortpflanzung oder Krankheit.
- Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart Invalidenstr. 50–51, Tiergarten, Di–Fr 10–18, Do bis 20 Uhr, Sa+So 11–18 Uhr, 14/ 7 €, bis 18 J. + 1. So im Monat frei, bis 7.1.2024
Spanische Dialoge – Picasso

Die Picasso-Rezeption ist ja gern für Überraschungen gut. Zuletzt wurde der Ausnahmekünstler rund um seinen 50. Todestag eher unter MeToo-Verdacht betrachtet – was dem von ihm einst „gecancelten“ Werk der Künstlerin Francoise Gilot endlich zu neuer Beachtung verhalf. Nun schlägt das (derzeit geschlossene) Berggruen-Museum als Gast des Bode-Museums ein ganz anderes Kapitel auf: Auf der Museumsinsel kommen Arbeiten Picassos zum Vergleich mit spanischer Kunst der frühen Neuzeit, um zu zeigen, wovon sich Pablo Picasso anregen ließ. Mal sehen, was da noch zu Tage kommt.
- Bode-Museum Am Kupfergraben, Mitte, Di–So 10–18 Uhr, 10/ 5 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 21.1.2024
Heinrich Zille

Heinrich Zille ist der Übervater der Berliner Zeichnung. Wie kein anderer hat er den Geist, die Marotten, das Elend und den Witz der Berliner und Berlinerinnen aufs Papier gebannt. Sein „Milljöh“ ist legendär und seine Bilder halten die Spelunken, Krämerläden, Tanzsäle, Bordelle, Wohnstuben und Straßenszenen Berlins fest. Der tipBerlin hat die Heinrich-Zille-Mappe herausgebracht, eine Siebdruckedition mit zeitgenössischen Adaptionen von Zilles Werken. Die fünf Künstler:innen Barbara Yelin, Henning Wagenbreth, Mawil, Jim Avignon und Jakob Hinrichs haben sich jeweils ein Bild aus Zilles Œuvre ausgesucht und mit sehr unterschiedlichen visuellen Ansätzen Brücken zwischen Zilles Zeiten und der Gegenwart gezeichnet. Über die Siebdrucke der Zille-Mappe lest ihr hier mehr, seit 9. Juli 2023 sind sie als Sonderausstellung im Zille-Museum im Nikolaiviertel zu sehen.
- Zille-Museum im Nikolaiviertel Propststr. 11, Mitte, tägl. 11–18 Uhr, 7/5 €
Hamburger Bahnhof: Nationalgalerie. Eine Sammlung für das 21. Jahrhundert
Endlich hat es jemand getan: unter einem Dach Kunst versammelt, die in Berlin nach 1990 entstand. Perspektiven aus Ost und West und dem globalen Süden haben die Direktoren Sam Bardaouil und Till Fellrath mit Kuratorin Catherine Nichols für eine der neuen Dauerschauen zusammengetragen. Und ihre frische Perspektive zeigt: gute Kunst entsteht nicht im Elfenbeinturm, sondern bezieht Stellung zu den Entwicklungen der Zeit. Von Tine Baras autobiografischem Fotoessay über ihr Leben mit Freunden und Freundinnen in Ost-Berlin über Holly Zausners Performance hoch zu Haus bis Emeka Ogbohs Hörstück mit Fluchtgeschichten reicht das Spektrum. Einen kleinen Punktabzug in der B-Note gibt es nur für die Wahl der Räume: schade, dass sich der Parcours im engen Westflügel über zwei Etagen schlängeln muss. Dafür bietet sich im Erdgeschoss ein weiterer Höhepunkt: die Säle zur Geschichte des Bahnhofs mit vielen Erinnerungen von Zeitzeug:innen. Hier haben die Direktoren einen kleinen baulichen Eingriff in der Außenwand vornehmen lassen, der abermals einen ungewohnten Blick erlaubt.
- Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart Invalidenstr. 50–51, Moabit, Di–Fr 10–18, Do bis 20 Uhr, Sa+So 11–18 Uhr,14/ 7 €, bis 18 J. + 1. So im Monat frei, bis 7.1.24
Alice Springs. Retrospective

Sehr cool, sehr stylish, sehr 60s und 80s, die Menschen, die Alice Springs (Foto) porträtierte. Rund 200 Aufnahmen kommen in der Retrospektive zusammen, die die 2021 im Alter von 97 Jahren verstorbene Fotografin ehrt. Im Mittelpunkt stehen Porträts, die Alice Springs von Kolleg:innen wie Richard Avedon, Sheila Metzner und Brassaï machte sowie von Schauspieler:innen wie Nicole Kidman, Liam Neeson und Catherine Deneuve. June Newton, wie Alice Springs bürgerlich hieß, bevorzugte dabei die Schwarz-Weiß-Fotografie, genau wie ihr Mann Helmut Newton, der sie darum gebeten haben soll, ihre Fotos nicht unter dem gemeinsamen Namen zu veröffentlichen. Wir denken uns unseren Teil.
- Helmut-Newton-Stiftung im Museum für Fotografie Jebensstr. 2, Charlottenburg, Di–So 11–19, Do bis 20 Uhr, 10/5 €, bis 18. J. + 1. So im Monat frei, bis 21.1.2024
Gerhard Richter – 100 Werke für Berlin

100 Arbeiten leiht der berühmte Maler Gerhard Richter der Neuen Nationalgalerie auf lange Zeit, und sie alle passen in das Grafikkabinett im Untergeschoss des Museums. Denn unter den Abstraktionen befinden sich viele kleine übermalte Fotos – Spitzenstücke, eine Wucht. Im Zentrum jedoch hängt der „Birkenau“-Zyklus, mit dem Richter die Grenzen der Kunst im Angesicht von Verbrechen der Nationalsozialist:innen thematisiert. Als Vorlage dienten Fotografien, die Häftlinge unter Lebensgefahr in Auschwitz-Birkenau aufgenommen und aus dem Konzentrationslager geschmuggelt hatten.
- Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di–Mi, Fr–So 10–18, Do bis 20 Uhr, 14/ 7 €, bis 18 J., Do ab 16 Uhr + 1. So/ Monat frei, Tickets hier, bis auf Weiteres
Ts’ uu – Zeder. Von Bäumen und Menschen

Was länger währt, wird womöglich besser: Die Ausstellung „Ts̓ uu – Zeder“ des Ethnologischen Museums konnte pandemiebedingt nicht mit den Sälen eröffnen, die im Herbst das Humboldt Forum komplettiert haben. Doch nun ist die Schau über Regenwälder an der Westküste Kanadas fertig, eine Koproduktion mit dem hochmodernen Haida Gwaii Museum auf gleichnamigem Archipel vor der Küste British Columbias. Sie zeigt, wie erhellend und publikumsfreundlich transkontinentale und transdisziplinäre Zusammenarbeit sein kann. Nur einen Saal mit 130 Exponaten umfasst die Schau, die genauso Ruhe wie Abwechslung bietet, dank einer Sitzecke und des Einsatzes verschiedener Medien. Selbstverständlich gibt es klassische Objekte wie Wappenpfähle. Daneben aber hängen Reportagefotos und bedruckte T-Shirts. Sie bezeugen Proteste Indigener gegen die Abholzung der Regenwälder durch euro-kanadische Firmen.
- Humboldt Forum Schlossplatz 1, Mitte, Mi–Mo 10.30–18.30, Eintritt frei, bis auf Weiteres
All Hands On: Flechten

Endlich schlägt das Museum für Europäische Kulturen (MEK) wieder mit einer großen Ausstellung auf. „All Hands On: Flechten“ präsentiert Meisterwerke aus Kunst, Handwerk und Design, anonyme Stücke aus Stroh und Rinde genauso wie die neue Arbeit „Der geflochtene Garten“ (Abb.) von Olaf Holzapfel, Teilnehmer der Documenta vor fünf Jahren. Ein willkommener Anlass für eine U-Bahnfahrt nach Dahlem: das auch Biergärten, Buchhandlungen an der Uni, Parks und dem Landwirtschaftsmuseum Domäne Dahlem wenig entfernt vom MEK einen Ausflug wert ist. Perfekt für ein langes Wochenende.
- Museum Europäischer Kulturen Arnimallee 25, Dahlem, Di–Fr 10–17, Sa/ So 11–18 Uhr, 8/ 4 €, bis 18 Jahre + Berlin Pass frei, Tickets hier, bis 26.5.2024
Mehr Kunst und Ausstellungen in Berlin
Überblick verloren? Das Wichtigste zur Berlin Art Week steht hier. Geht immer: Wir zeigen euch wichtige Ausstellungshäuser, Galerien und Museen für Kunst in Berlin. Wir blicken nach vorne: Die wichtigsten Ausstellungen im Berliner Kunstjahr 2023 im Überblick. Gut zu wissen: Am Museumssonntag ist der Eintritt kostenlos, jeden ersten Sonntag im Monat. Ein ehemaliges Luxushotel wird Ort für Kunst: Wir haben das Studio Mondial am Ku’damm besucht.
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