Kunst

Aktuelle Ausstellungen in Berlin: Neue Kunst-Tipps und letzte Chancen

Die wichtigsten neuen Ausstellungen: Berlins Kunstwelt ist immer in Bewegung. Was es Neues gibt, was sich weiter lohnt und wo ihr noch unbedingt hin müsst, bevor es zu spät ist, lest ihr hier. Claudia Wahjudi und Ina Hildebrandt geben Tipps für Kunst, die besten aktuellen Ausstellungen in Berlin und letzte Chancen.


Neu: Batismo

Ein Foto aus der Serie „Batismo“ von Gleeson Paulino. Foto: Gleeson Paulino

Gleeson Paulino hat sich in der Modefotografie einen Namen gemacht. Dass der Brasilianer mit seiner Fotografie über die begrenzungen von Covershoots und Editorials hinauswächst, beweist seine erste Einzelausstellung „Batismo“, zu Deutsch „Taufe“, in der Brasilianischen Botschaft. Nach London ist sie nun in Berlin zu sehen und bringt die Magie des Amazonas in die Stadt. Paulino, der in einer streng religiösen Familie aus dem Amazonasgebiet aufwuchs, verbindet in den Fotografien Elemente aus seiner eigenen Biografie wie das Wasser, im Christentum das Symbol für Wiedergeburt durch die Wassertaufe und in der Psychologie für das Unterbewusste, seinen seinen Blick für Licht und Details sowie die würdevolle Ausdruckskraft des indigenen Körpers. Es sind Aufnahmen von einer tiefen Schönheit.

  • Brasilianische Botschaft Wallstr. 57, Mitte, Mo-Fr 10–17 Uhr, bis 20.11.

Neu: 6. Berliner Herbstsalon

Mit „Lost – You Go Slavia“ steht der blutige Zerfall Jugoslawiens und die Gegenwart der heutigen Nationalstaaten im Fokus des 6. Berliner Herbstsalons im Gorki Theater. Das multidisziplinäre Festival vereint Theater, Musik, Film und Kunstausstellungen, die im Hinblick auf das ehemalige Jugoslawien auch auf heutige Konflikte in Europa und weltweit blicken. Neben der Foto-Arbeit „Pjevaj!“ (deutsch: „Sing!“) des 2016 verstorbenen, großartigen Künstlers Mladen Stilinović, spannen die groß angelegten Werkpräsentationen von Danica Dakić und Milica Tomić die Komplexität diesen Themas eindrücklich auf. In „Four Faces of Omarska“ untersucht Tomić seit 2009 den im Sozialismus gegründete Bergbaukomplex im Nordwesten von Bosnien und Herzegowina, der zu Beginn der Jugoslawienkriege zum Folter-Vergewaltigungs- und Todeslager wurde. Mittlerweile von einem internationalen Konzern als kommerzielles Bergbauwerk reaktiviert, diente er auch als Drehort für einen ethno-historischen Kinofilm. Diese verschiedenen Schichten legt Tomić zusammen mit vielfältigen Akteur:innen durch intensive Recherche und kollektive Projekte frei, die anhand von Objekten, Texten und in interaktiven Public Sessions erfahrbar werden. Um das Potential von individuellen Utopien geht es in der dreiteiligen Videoarbeit „Zenica Trilogie“ von Danica Dakić. Zenica, vormalig eine blühende Industrie- und architektonische Musterstadt mit dem landesgrößten Theater im sozialistischen Jugoslawien, ist seit dem Bosnienkrieg von strukturellem Verfall, Arbeitslosigkeit und Tristesse geprägt. Inmitten kollektiver Resignation geben Menschen nicht auf: der Technische Leiter des Theaters; ein Mann, der Zenica aus Eigeninitiative jeden Tag putzt, sein Bruder, der als Dialyse-Patiend für die Änderung von Transplantations-Gesetzen kämpft; und eine Schauspielerin, die gegen die nimmermüde Drehbühne anrennt.

  • Maxim Gorki Theater Am Festungsgraben 2, Mitte, 28.9.–10.12., Di–Do 18–22, Fr–So 14–22 Uhr, Eintritt frei, Programm und Tickets

Neu: Together

Ein Foto von der Skulptur „Together“ von Joseph Marr. Foto: Joseph Marr

Das Berghain hat immer auf gute Kunst in seinen Räumen gesetzt. Und wer regelmäßig an der Klobar abhängt, dürfte die Skulptur von sich umschlingenden Männerkörpern aus Zucker schon bestaunt haben. Ihr Schöpfer Joseph Marr präsentiert nun sein neues Buch „Joseph Marr – Berlin“, erschienen im Diszanz Verlag, das eine retrospektive Sammlung seiner Arbeiten aus den letzten 15 Jahren in der Stadt. In der Ausstellung werden viele der abgebildeten Werke gezeigt sowie die Premiere des Films „Making Together“ vorstellen, der Marrs kreativen Prozess beim Scannen von zehn Männern auf dem Dancefloor im Berghain 2012 für die anschließende Herstellung der besagten Skulptur dokumentiert. Und eh klar, mit schließendem DJ-Set von Mike Starr & Leiras.

KIB Raum für Kunst Eichenstrasse 4a, Arena Areal, Kreuzberg, Do 28.9. 18 Uhr


Letzte Chance: Fenster auf Kipp / Heizung auf Fünf

Ausstellungsansicht von „Fenster auf Kipp / Heizung auf Fünf“ , 2023. Foto: EIGENHEIM Berlin/Weimar, 2023

Mit dem Ausstellungstitel „Fenster auf Kipp / Heizung auf Fünf“ sind Hybris und Dilemma unseres Alltags auf den Punkt gebracht: Wie auch immer es um die Welt steht, unseren Komfort wollen wir nicht ganz aufgeben, versuchen in Zeiten von Umbrüchen, an bisherigen Gewohnheiten doch irgendwie festzuhalten. Die drei Künstler Enrico Freitag, Benedikt Braun und Konstantin Bayer nehmen Wiedersprüche, Zusammenhängen und Kippmomente in den Blick. Eindrücklich, humorvoll, auch mal provokativ in Malerei, mit Hilfe von KI generierte Fotografien und auch zu Installationen.

  • Haunt Kluckstr. 23A, Tiergarten, Mi–Sa 14–18 Uhr, bis 30.9.

Letzte Chance: Haus Kunst Mitte

Roxana Halls, „Laughing while Corpsing“, 2023. Foto: Courtesy of the Artist © Haus Kunst Mitte, Roxana Halls/ Michael Lüder

Lauter lachende Frauen sind auf den Leinwänden von Roxanna Halls im Haus Kunst Mitte zu sehen. Sie lachen aus aus Freude, aus Verzweiflung oder aus Bösartigkeit – so genau lässt sich das nicht sagen. Die Britin schafft Figuren, die zwischen Realismus und Überzeichnung changieren, dabei mit voller Präsenz und Ausdruckskraft die Leinwand einnehmen. Ein Spektakel aus Farben und Figuren, heiß und eiskalt. Im oberen Stockwerk das Kontrastprogramm dazu: Skulpturen, Installationen und Videoarbeiten die sich nüchterner, jedoch nicht weniger spannend den omnipräsenten Themen der Identität und Herkunft mit dem Blick auf Namensgebung, dem Benennen und Benanntwerden, auseinandersetzt. Die Gruppenausstellung „To be – Named“ ist als internationales Projekt angelegt und wird nach dem Auftakt in Berlin weiter nach Athen, Mexiko City und Bishkek reisen. Den Kern der Ausstellung bilden die Arbeiten von sechs Künstler:innen aus den USA, die an allen Orten gezeigt werden, dazu jeweils lokale Positionen. So brachte die US-amerikanische Künstlerin Elisabeth Withstandley eine Gruppe von Männern mit dem Namen Brian Wilson in einer Art Selbsthilfegruppe zusammen und filmte das Treffen. Im „The War Rug Project“ verhandelt die Berlinerin Jeanno Gaussi ihre afghanischen Wurzeln, schafft Textilien, in denen sich Panzer, Kämpfer und Disneys Bambi zu einem zu einer brutalen Harmonie zusammenfügen.

  • Haus Kunst Mitte Heidestr. 54, Mitte, Mi–So 12–18 Uhr, 5/ 3€, bis 1.10.

Letzte Chance: The Struggle of Memory

Anawana Haloba, Close-Up, 2013-16 Installationsansicht / Installation view PalaisPopulaire 2023
© Courtesy the artist, Foto / Photo: Mathias Schormann

Das Palais Populaire zeigt – wenngleich in ein- und denselben Räumen – ebenfalls eine zweiteilige Ausstellung: „The Struggle of Memory“ enthält Ankäufe aus der eigenen Kunstsammlung, der der Deutschen Bank.  Deren Ankaufskommission hat in den vergangenen zehn Jahren Werke von Künstler:innen in Afrika oder der afrikanischen Diaspora erworben, die sich mit körperlicher Erfahrung auseinandersetzen. Neben Arbeiten von Anawana Haloba, Wangechi Mutu und Mikhael Subotzky wird Kunst von Kara Walker zu sehen sein, die die Deutsche Bank in Berlin bereits bekannt gemacht hat, als das Geldinstitut Unter den Linden noch eine Partnerschaft mit dem Guggenheim Museum unterhielt.

  • Palais Populaire Unter den Linden 5, Mitte, Mi-Mo 11–18 Uhr, Do bis 21 Uhr, Eintritt frei, 19.4.–3.10.

Lin May Saeed. Im Paradies fällt der Schnee langsam

Lin May Saeed, Pangolin, 2020. Foto: Georg Kolbe Museum

Es ist schade, dass Lin May Saeed (1973–2023) die Eröffnung ihrer ersten musealen Einzelausstellung in Deutschland im Georg Kolbe Museum nicht mehr miterlebt hat. Das Werk der deutsch-irakischen Bildhauerin ist geprägt vom Leben der Tiere sowie der Beziehung zwischen Tier und Mensch. In Skulpturen, Reliefs, Metallarbeiten, raumgreifenden Scherenschnitten und Zeichnungen hat sie das Museum mit Affen, Kühen, Panthern und vielen mehr bevölkert. Mal als stolze Büste, mal in phantasievollen Szenarios. Verblüffend ist auch das Material, mit dem Saeed gearbeitet hat: Das biologisch nicht abbaubare Styropor, welches wir als Verpackungsmüll schnell in die nächste Tonne kloppen, soll das Bewusstsein erwecken, dass dieser Müll bleiben wird. Parallel dazu sind Werke von Renée Sintenis (1888-1965) zu sehen. Diese prägende Bildhauerin der Moderne wurde in den 1920er-Jahren für ihre kleinformatigen Tierskulpturen bekannt. Eine davon dürften die meisten kennen: den Berliner Bär, der bei den Berliner Filmfestspielen verliehen wird.

  • Georg Kolbe Museum Sensburger Allee 25, Charlottenburg, Mi–Mo 1118 Uhr, bis 25.2.24

Schlaglicht

Loredana Nemes, Neukölln, 2009, DZ Bank Kunstsmlng, r. Clemens Gröszer, Porträt M. W. III, 1987, Kunstsmlng Berliner Volksbank Foto: VG Bild-Kunst Bonn Foto Peter Adamik

Die Stiftung Kunstforum der Berliner Volksbank präsentiert ihre Sammlung von Gemälden und Skulpturen aus Ost- und West-Berlin wie von Clemens Gröszer (Abb.) sowie Videos und Fotografien und Videos nach 1945. Es geht darum, wie Themen wie Porträt und Stadt in verschiedenen Genres behandelt werden.

  • Stiftung Kunstforum Kaiserdamm 105, Charlottenburg, Di–So 10–18 Uhr, bis 10.12.

„Edvard Munch. Zauber des Nordens“ in der Berlinischen Galerie

Foto: ©MUNCH, Oslo/ Halvor Bjørngård
„Mannen i kålåkeren“ von Edvard Munch (“The Man in the Cabbage Field”), 1943, Foto: MUNCH, Oslo/ Halvor Bjørngård

Immer wieder gut verständlich bereitet das Museum Berlinische Galerie heisige Kunstgeschichte auf: dieses Mal am Beispiel des norwegischen Malers Edvard Munch, der die Kunstszenen des deutschen Kaiserreichs aufmischte. Die Ausstellung „Edvard Munch. Zauber des Nordens“ brilliert mit prächtigen Leihgaben vor allem aus dem Munch-Museum in Oslo sowie wenig bekannten Holzdrucken und Fotografien des Künstlers. So wird die Bedeutung Berlins für Munchs Werk und Munchs Einfluss auf Berliner Kunst deutlich.

  • Berlinische Galerie Alte Jakobstr. 124–128, Kreuzberg, Mi–Mo 10–18 Uhr, 10/ 6 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, 15.9.23–22.1.24

„If the Berlin Wind Blows My Flag“ in daad-Galerie, Neuem Berliner Kunstverein und Galerie im Körnerpark

Foto: © Kai Annett Becker
Maija Tabaka, „Wie heißt du?“, 1977, Öl auf Leinwand, Sammlung Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Foto: Kai Annett Becker

Das gab es noch nie. Das Berliner Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes  (DAAD) hat seine 60-jährige Geschichte selbstkritisch aufgearbeitet, nicht immer mit schmeichelhaften Ergebnissen. Denn die Organisation, die ganz wichtige Künstler:innen nach (West-)Berlin brachte und bringt, war und ist oft Werkzeug der Politik. Die Ergebnisse mit der entsprechenden Kunst sind an drei Orten ausgestellt: der Kreuzberger DAAD-Galerie, dem Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) in Mitte und der Neuköllner Galerie im Körnerpark. Vor allem die Präsentation im n.b.k. besticht: mit profunden Kenntnissen des Kalten Kriegs und der Situation dissidentischer Künstler:innen im ehemaligen „Ostblock“.

  • DAAD-Galerie  Oranienstr. 162, Kreuzberg, Di-So 12–19 Uhr, 14.9.–14.1.
  • n.b.k. Chausseestr. 128/129, Mitte, Di/ Mi 12–18, Do 12–20, Fr-So 12–18 Uhr, 14.9.–14.1.
  • Galerie im Körnerpark Schierkerstr. 8, Neukölln, Mo–So 10–20 Uhr, bis 14.1.

„Das sowjetische Hauptquartier“ von Sven Johne im Fluentum

Sven Johne / VG Bild-Kunst. Bonn
Sven Johne: „Das sowjetische Hauptquartier“, 2023. Videostill. Copyright Sven Johne / VG Bild-Kunst, Bonn

Diese Schau passt zum Ausstellungsort wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Privatsammler Markus Hannebauer zeigt regelmäßig Kunst in einem Zehlendorfer Gebäude, das unter den Nationalsozialisten als Sitz des „Luftgaukommando III“ diente, nach 1945 dann als Hauptquartier der US-Armee. Zur Berlin Art Week führt nun der Fotograf und Regisseur Sven Johne seinen neuen Film auf, den er im brandenburgischen Wünsdorf drehte: in einem Bau der preußischen Artillerie, der nach 1945 der Roten Armee als Haus der Offiziere diente. In „Das sowjetische Hauptquartier“, so der Titel des Films, lässt Johne eine alte auf eine neue Ideologie krachen, verkörpert in der Figur eines Immobilienmaklers und einer Ostalgikerin. Vor allem aber schafft Johnen, geborener Rügener und Kenner ostdeutscher Landschaften, atemberaubend schöne Bilder. Sie lassen Worte und Handlungen seiner Darsteller:innen noch beklemmender wirken.

  • Fluentum Clayallee 174, Zehlendorf, 13.–17.9.11–18 Uhr, sonst :13.9.–16.12., Fr 11–17, Sa 11–16 Uhr

„House of Kal“ in der NGBK

Spaceship Beben, a language where yesterday and tomorrow are the same word. Kal, 2021

Glückwunsch: Die von Investoren aus Kreuzberg vertriebene Neue Gesellschaft für Bildende Kunst hat neue Räume bezogen, und zwar was für welche! Direkt am Alex, mit Blick auf den Fernsehturm und jede Menge Platz. Den Auftakt macht die Wohlfühlausstellung „House of Kal“, ein wildes Zusammenspiel von Musik, Magazinen, Installationen, Filmen und Bar zu queerem Leben in drei internationalen Städten auf drei Kontinenten.

  • NGBK Karl-Liebknecht-Str. 11/13, Mitte, Mo-Fr 10-16 Uhr, 14.9.–12.11., Eröffnung: 13.9., 17 Uhr

Luc Tuymans und Edith Clever in der Akademie der Künste

Courtesy: Syberberg Clever Monologe, film@syberberg.de
Edith Clever in: „Die Nacht“, 1985, Filmstill. Ein Film von Hans Jürgen Syberberg, 35 mm-Film, Farbe und Schwarz-Weiß, 367 Min. Courtesy: Syberberg Clever Monologe, [email protected]

Der belgische Maler Luc Tuymans, 1958 geboren, und die deutsche Theater-Schauspielerin Edith Clever (82) stellen gemeinsam in der Akademie der Künste am Pariser Platz aus. Denn sie haben ein gemeinsames Thema: die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Doch die Unterschiede zwischen den beiden sind die zwischen zwei Generationen: Clever zeigt sich in Filmen ganz als Grand Dame des späten 20. Jahrhunderts, während Tuymans mit seinen Gemälden und vor allem einem spektakulären Teppich im 21. Jahrhundert angekommen ist.

  • Akademie der Künste Pariser Platz 4, Mitte, Di–Fr 14–19 Uhr, Sa + So 11–19 Uhr, € 9/6 €, bis 18 J., Di u 1. So/ Monat frei, 15.9.–26.11.

Coco Fusco in den KW

© Aurelio Fusco.
Porträt von Coco Fusco © Aurelio Fusco.

Ein Paukenschlag in den Kunst-Werken: die drei neuen Ausstellungen ergänzen sich wunderbar. Coco Fusco zeigt unter anderem Filme zu Schwarzen Emanzipationsbewegungen. Kameelah janan Rasheed, die den Preis für künstlerische Forschung von Schering Stiftung und Land Berlin gewann, macht auf großen Bahnen die Bildhaftigkeit von Texten und das Potenzial von Worten als Instrumente der Selbstbehauptung sichtbar. Und die dritte Ausstellung ist eine Gruppenschau: Hier geht es um widersprüchliche Nachbarschaften verschiedener künstlerischer Ausdrucksformen. Das ist vielleicht nicht zwingend notwendig, sieht aber fantastisch vielfältig aus.

  • Kunst-Werke (KW) Auguststr. 69, Mitte, Mi-Mo 11–19, Do bis 21 Uhr, 8/ 6 €, bis 18 J. + Do ab 18.9. 14.9.–7.1., Eröffnung: 13.9., 19 Uhr

„It Go Have to Adjust. On Language as Parasite“ bei Savvy

Foto: Marvin Systermans
Der neue Leiter von Savvy: Renan Laru-an, Foto: Marvin Systermans

Eigentlich wollten wir nur ganz kurz bleiben, aber dann lud die erste Ausstellung vom neuen Savvy-Leiter Renan Laru-an zum Verweilen ein. „It go have to adjust“ zeigt Humor in Kunst, Lyrik, Film und Musik – als eine widerständige Methode, um Mächte bloßzustellen und sich über sie zu erheben. Ein gelungener Einstand.

  • Savvy Contemporary Reinickendorfer Str. 17, Wedding, Do–So 14–19 Uhr, 14.9.–10.11., Eröffnung: 13.9., 19 Uhr

Fotografiska

© Candice Breitz
Candice Breitz: Still aus “Whiteface”, 2022, 2-Kanal-Videoinstallation, 35` 23´´, © Candice Breitz

Das Fotohaus Fotografiska, aus Stockholm eröffnete am 14. September seinen Berliner Zweig mit drei Ausstellungen. Die Gruppenschau „Nude“ versammelt fotografische Arbeiten zu Nacktheit. Die Musikerin und Künstlerin Juliana Huxtable zeigt unter anderem die neue Videoinstallation „USSYPHILIA“. Und Candice Breitzʼ Videoinstallation „Whiteface“ (Abb.) handelt von Rassismus, Sprache, Gestik und Mimik. Eine provokative Arbeit, über die dreimal nachzudenken lohnt. Was ihr zum neuen Fotografiska wissen müsst, erfahrt ihr hier.

  • Fotografiska Oranienburger Str. 54, Mitte, Mo-Mi 14, Do/ Fr 15, Sa/So 16 €, bis 25 J. und über 65 J.: 8 €, bis 12 J. frei, Tickets hier, Mo-So 10-23 Uhr, Eröffnung: 14.9., 19 Uhr

„Die Röhre“ im Werkbund-Archiv

© JF / Museum der Dinge.
Dauerausstellung des Werkbundarchiv – Museum der Dinge © JF / Museum der Dinge.

Nach der Buchhandlung Kisch & Co und der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst muss im November das Werkbundarchiv die Höfe in der Kreuzberger Oranienstraße 25 verlassen. Die letzte Sonderausstellung des Museums für Gestaltung von Alltagskultur am alten Ort gehört Günter L. Eckert: Das Werkbund-Mitglied dachte sich vor rund 40 Jahren eine Röhre aus, die Menschen aufnimmt – zum Schutz des Planeten Erde. Letzte Chance, dem Werkbund-Archiv mit einem Besuch am alten Ort Respekt zu zollen. Und Gelegenheit, für dem Umzug zu spenden.

  • Werkbundarchiv – Museum der Dinge Oranienstr. 25, Kreuzberg, Mo–Do 12–19 Uhr, 12/ 8 €, 15.9.–5.11., Eröffnung: 14.9., 19 Uhr

„I’ve Seen The Wall“ im Minsk, Potsdam

© SLUB / Deutsche Fotothek / Richter, Evelyn; VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Jazzmusiker Louis Armstrong während seines Konzertauftritts im März 1965, Messehalle Leipzig. Foto: Evelyn Richter © SLUB / Deutsche Fotothek / Richter, Evelyn; VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Louis Armstrong, der berühmte Jazzer aus New Orleans, zog 1965 durch die DDR. In neun Tagen soll er 17 Konzerte absolviert haben. An diese Tour de force erinnert das private Kunsthaus Minsk am Potsdamer Hauptbahnhof mit historischen und zeitgenössischen Gemälden, Filmen, Dokumenten und Grafiken.

  • DAS MINSK Kunsthaus  Max-Planck-Str. 17, Potsdam, Mi–Mo 10–19 Uhr, 10/ 8 €, 16.9.–4.2.2024, online

Interests

Matthias Groebel, „Untitled“, 2004. Foto: Courtesy the artist and Schiefe Zähne, Berlin

Vom Prenzlauer Berg ist die kleine Galerie Schiefe Zähne mitten auf die Potsdamer Galeriemeile gezogen. Die neuen Räume werden mit einer Gruppenausstellung der vertreten Künstler eingeweiht. Herausstechend dabei die Bilder von Matthias Groebel, der in der Kunstwelt eine Art Wiederentdeckung feiert. Aus der Entfernung sehen sie aus wie ausgedruckte Filmstills, von Nahmen wird die Farbe auf der Leinwand sichtbar. Groebel entwickelte in den 1980er-Jahren eine Malmaschine, wie er das Gerät nennt, mit dem er Stills von Fernsehbildern direkt auf die Leinwand bringen konnte. Die so entstanden Gemälde oder Drucke oder beides faszinieren durch ihr Spiel mit den Medien und die spezifische Optik der Produktionsmethode.

  • Schiefe Zähne Potsdamer Str. 103 (zweiter Stock), Tiergarten, Mi–Fr 13–18, Sa 13–16 Uhr, bis 14.10.

„Moved“

© Silvina Der-Meguerditchian
Silvina Der-Meguerditchian, Wüste, 2022 © Silvina Der-Meguerditchian

In der Galerie Nord am U-Bahnhof Turmstraße stellen zur Woche der Kommunalen Galerien vier prominente Künstlerinnen zu einem herausfordernden Thema aus: Chan Sook Choi, Silvina Der-Meguerditchian (Abb.), Pınar Öğrenci und Selma Selman zeigen unter dem Titel „Moved“ autobiografisch geprägte Arbeiten zu Traumata durch Vertreibung und Unfreiheit.

  • Galerie Nord/ Kunstverein Tiergarten Turmstraße 75, Moabit, Di–Sa 12–19 Uhr, Eintritt frei, bis 28.10.

Jubiläumsschau im Kunsthaus Bethanien

Berliner Zimmer, 2023
Andrea Binke in „Voicing Bethanien“ von Berliner Zimmer, 2023, (c) Berliner Zimmer

Die Woche der Kommunalen Galerien (KGB) begann mit einem Open-Air-Konzert von Künstler:innenbands. Banu Çiçek Tülü, Isasi Armengod, Großer Hund, Richard Kennedy und Edna Martinez spielen auf dem Mariannenplatz vor dem Kunstquartier Bethanien. Und zwar genau hier, weil in dem Gebäude ein Geburtstag  stattfindet: Der Kunstraum Kreuzberg wird 50 Jahre alt und zeigt eine Jubiläumsschau. Darin zu sehen: eine mehrräumige Videoinstallation vom Filmarchiv Berliner Zimmer, in der Zeitzeug:innen zu Wort kommen.

  • Kunstquartier Bethanien Mariannenplatz, Kreuzberg, Ausstellung So–Mi 10–20, Do–Sa 10–22 Uhr, bis 5.11.

Frank Glauditz: Kosmos Russland 1988–2023

© Frank Gaudlitz
Frank Gaudlitz, Zentralmuseum des Großen Vaterländischen Krieges, Moskau, Russland 2018,
© Frank Gaudlitz

Mehr von der Woche der Kommunalen Galerien: Zwischen Moskau und Tubolsk hat der Brandenburger Künstler Frank Glauditz immer wieder Menschen, Gebäude und Monumente aufgenommen. Was schwarzweiß und analog in der Sowjetunion begann, geht in Farbe weiter: der beklemmenden Wandel der Großmacht Russland. Seit dem Angriff der russischen Streitkräfte auf Kyiv hat Glauditz in den Nachbarländern wie Georgien die dortigen Folgen des Kriegs fotografiert.

  • Kommunale Galerie Berlin Hohenzollerdamm 176 Wilmersdorf, Di, Do–Fr 10–17, Mi 10-19, Sa/So 11–17 Uhr, Eintritt frei, bis 5.11.

Punctum. Die Nominierten zum Kunstpreis des Haus am Kleistpark 2023 und Nora Bibel: Uncertain Homelands

© Nora Bibel
© Nora Bibel, -6.11140, 106.80642 aus Uncertain Homelands

Jedes Jahr vergibt der Bezirk Tempelhof-Schöneberg einen mit 5.000 dotierten Euro Kunstpreis. Rund 470 Künstler und Künstlerinnen sollen sich 2023 beworben haben. Zu sehen sind Arbeiten der Nominierten, unter ihnen Claudia Angelmaier, Ingo Gerken, Lukas Hoffmann und Paul Wesenberg sowie Arbeiten von Preisträgerin Fiene Scharp. Ausgestellt sind außerdem Nora Bibels Fotografien aus der Serie „Uncertain Homelands“ (Abb.): Sie handeln von Wasser in Deutschland, Indonesien und Namibia unter Klimaveränderungen.

  • Haus am Kleistpark Grunewaldstr. 6/7, Schöneberg, Di–So 11–18 Uhr, 1.9.–1.10., Eintritt frei

Förderpreis Junge Kunst 2023

© Robin Hinsch
Robin Hinsch: Retroville, Kyiv, Ukraine, Fotografie, 2022 (Aus der Serie: Kowitsch) © Robin Hinsch

Auch Reinickendorf vergibt einen Kunstpreis, zusammen mit dem Kunstverein Centre Bagatelle, allerdings nur für „junge“ Kunst. Heißt übersetzt: Anders als in Schöneberg dürfen Bewerberinnen nicht älter als 40 Jahre sein (was ziemlich altmodisch ist, solche Einschränkungen finden längst die Kritik von Künstler:innen mit Kindern und von Späteinsteiger:innen). Der Preis ist mit 1.000 Euro dotiert, daneben erhalten zwei weitere Künstler:innen einen Einzelkatalog. Die Nominierten stellen zur Woche der Kommunalen Galerien aus: Maxim Brandt, Vlad Brăteanu, Euna Gu, Robin Hinsch (Abb.), Etienne Lafrance, Marlen Letetzki, Mona Pourebrahim, Constanze Vogt und Sofiia Yesakova.

  • Rathaus-Galerie Reinickendorf Eichborndamm 215, Reinickendorf, Mo–Fr 9–17 Uhr, Eintritt frei, 4.9.2023–25.1.2024

Schnitt

© Nadja Schöllhammer
Nadja Schöllhammer: Maskenball, 2014, Papier, Cut-Outs, Tusche, Heißkleber u.a. auf Holzrahmen, 200 x 170 x 30 cm © Nadja Schöllhammer

Noch einmal Reinickendorf: Die Woche der Kommunalen Galerien war der Auftakt, seitdem stellen im Rathausgestandene Berliner Künstler:innen geschnittene und geklebte und manchmal sogar geflämmte Papierarbeiten aus. Bekannt sind unter anderem Nadja Schöllhammers große Cut-Outs (Abb.), denen die Künstlerin mit Tusche fast die Anmutung dystopischer Meereslandschaften gibt. Zudem in der Ausstellung „Schnitt“ vertreten: Gabriele Basch, Peter Freitag, Lea Mugnaini, Jakob Roepke und Hansjörg Schneider.

  • GalerieEtage im Museum Reinickendorf Alt-Hermsdorf 35, Reinickendorf, Mo­–Fr 9–17 Uhr, Eintritt frei, 30.8.–19.11.

Fern Liberty Kallenbach Campbell

Foto: Paul Glaw
Fern Liberty Campbell Kallenbach: Mami, 2022, 150 x 250cm, Textile appliqué, © Fern Liberty Campbell Kallenbach, Foto: Paul Glaw

Sie wurde in New York geboren, studierte an der Kunstakademie Burg Giebichenstein in Halle und stellt in Berlin aus: Fern Liberty Kallenbach Campbell. Ihre textile Arbeiten handeln von menschlichen Beziehungen und vielen Gefühlen, im Guten wie im Bösen. Für diese Erzählungen nutzt die Künstlerin eine eher seltene Technik: das Tuffen. Campbell schießt mit einer Tufting-Pistole Wolle durch Jute. Das Ergebnis sind ungewöhnliche Teppichbilder. Und die Galerie im Rathaus Johannisthal ist nicht so weit von der Innenstadt entfernt, wie es sich anhört: Der S-Bahnhof Schöneweide liegt rund 20 Fußminuten entfernt.

  • Galerie im Rathaus Johannisthal Sterndamm 102, Adlershof, Di–­Do 12–19, Fr 12–17, Sa 15–19 Uhr, Eintritt frei, 2.9.–11.11.

Becomings

Ein Ausstellungsstück von Sarah Oh-Mocks Projekt PHASO (Posthuman Archeological Studies Organisation). Foto: Juan Saez

Was wohl diejenigen finden würden, die in einer postapokalyptischen und posthumanen Welt archäologische Graben auf der Erde machen würden? Sarah Oh-Mock stellt sich vor, dass es neben Menschen- auch Flugzeugknochen sind, alte Zahnbürsten, intelligente Prothesen, QR-Codes auf verwitterten Grabsteinen, die zu Interviews mit Wissenschaftlern, Fitness-Videos und Social-Media-Profilen führen – unsere Gegenwart in a nutshell. Für die Präsentation ihres Langzeitprojekst PHASO (Posthuman Archeological Studies Organisation) hat sie den Bärenzwinger in eine Ausgrabungsstätte und Archäologiemuseum verwandelt. Ein spannender, spekulativer Blick in die zukünftige Vergangenheit. Die zweite ausstellende Künstlerin Helin Ulas zeigt eine Videoinstallation, in der eine Maschine davon träumt, Wasser zu werden.

  • Bärenzwinger Rungestr. 30, Mitte, Di–So 11–19 Uhr, Veranstaltungsprogramm hier, bis 29.10.

Club

Kunst und Club in der kommunalen Galerie Kunstbrücke am Wildenbruch. Foto: Kunstbrücke am Wildenbruch

Berlins ungewöhnlichste Galerie lädt zum Clubbing: Das ehemaligen Klohäuschen in der Wildenbuchbrücke wurde von Künstler:innen in einen fiktiven Club gestaltet – eine Hommage an die Clubkultur und zugleich Warnruf, dass diese freien Orte von Selbstfindung, Gemeinschaft und Experimenten im gentrifizierten Berlin bedroht sind. Blaue Samtlounge, Klanginstallationen, und Strobo-Dancefloor und Bierbrunnen sind auch ein Ausdruck der Kunstschaffenden, wie sehr sie mit Clubs verbunden sind.

  • Kunstbrücke am Wildenbruch Wildenbruchbrücke Ecke, Weigandufer, Neukölln, Mi–So 12–18 Uhr, bis 29.10.

Flashes of Memory – Fotografie im Holocaust

Wer das Thema von Richters „Birkenau“-Zyklus vertiefen will, findet im Museum für Fotografie eine dokumentarische Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Internationalen Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und der Berliner Kunstbibliothek entstanden ist. Sie kontrastiert Fotografien von Opfern und Tätern des Holocaust – und mit Aufnahmen der alliierten Siegermächte, die bei der Befreiung der Konzentrationslager und während der Nürnberger Prozesse entstanden. Besuchende sollten etwas Zeit mitbringen – und die Bereitschaft, sich mit der Dokumentation von Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie der politischen Rolle von Fotografie im 20. Jahrhundert auseinanderzusetzen. Die umfangreiche Ausstellung ist Teil des Europäischen Monats der Fotografie in Berlin 2023.

  • Museum für Fotografie Jebenstr. 2, Charlottenburg, Di-So 11-19, Do bis 20 Uhr, 11/ 5 €, bis 18. J + 1. So/ Monat frei, Tickets hier, bis 28.1.2024

Pallavi Paul: How Love Moves: Prelude

Die Künstlerin und Filmwissenschaftlerin Pallavi Paul aus Indien interessiert sich für Atemtechniken, Liebe und Politik. Vor zwei Jahren war sie Gast des Künstlerprogramms des DAAD, jetzt ist sie Stipendiatin des Gropius Baus. In Vorbereitung einer späteren Ausstellung zeigt sie nun erste Arbeiten in den umsonst zugänglichen Räumen im Erdgeschoss des Gropiusbaus.

  • Gropius Bau Niederkirchnerstr. 7, Mo, Mi-Fr 11-19 Uhr, Sa/ So 10-19 Uhr, Eintritt für Pauls Ausstellung frei, bis 14.1.2024

Brandenburg: Entlang der Oder

Nils Böddingmeier – "Mit Abstand"
Nils Böddingmeier – „Mit Abstand“: Die Verheißungen der Stadt schwinden. Es ist voll, Wohnraum teuer, die Sommer unerträglich. Die Parole lautet: »Raus aufs Land«. Ich habe in meiner Serie Menschen besucht, die bewusst die Stadt hinter sich ließen und sich ein neues Leben an der Oder aufgebaut haben. (Sommer 2022). Foto: Nils Böddingmeier

Diese Serien waren schon einmal in Berlin zu sehen: Schüler:innen der Ostkreuz-Fotoschule zeigten „Entlang der Oder“ im Frühjahr während des Monats der Fotografie auf einem Bauzaun in der Leipziger Straße. Großartige Aufnahmen: von Stadt, Land, Fluss, von Leuten, Tieren und Dingen am und im deutsch-polnischen Grenzfluss Oder. Jetzt sind die Arbeiten in Brandenburg etwas näher an ihrem Aufnahmeort ausgestellt: im Schloss Neuhardenberg hinter der Märkischen Schweiz.

  • Schloss Neuhardenberg Schinkelplatz, 15320 Neuhardenberg, Mi–So und Feiertage 11–18 Uhr, Eintritt frei, bis 29.10.

HAËL. Margarete Heymann- Loebenstein und ihre Werkstätten 1923–1934

© Estate of Margarete Marks. All rights reserved / VG Bild- Kunst, Bonn 2023
Haël-Werkstätten für künstlerische Keramik: Margarete Heymann-Loebenstein, Vasen, um 1925/30 Form 314, verschiedene Dekore, Bröhan-Museum, Berlin. Foto: Christoph Petras, © Estate of Margarete Marks. All rights reserved / VG Bild- Kunst, Bonn 2023

In Marwitz nordwestlich von Berlin, wo die Hedwig-Bollhagen-Werkstätten sitzen, arbeitete bis 1934 Margarete Heymann-Loebenstein (1899–1990), kurz HAËL. Die ehemalige Bauhaus-Schülerin entwarf geometrisch rasante Krüge, strenge Vasen (Foto), verspielte Services und hatte damit international Erfolg. Bis sie, eine jüdische Unternehmerin, ihren Betrieb verkaufen musste und emigrierte. Das Bröhan-Museum zeigt in seinen Schrankvitrinen HAËLs extravagante Keramiken und erläutert im Katalog die Geschichte einer verpassten Entschädigung nach 1990.

  • Bröhan-Museum Schloßstr. 1a, Charlottenburg, Di–So 10–18 Uhr, 8/ 5 €, bis 18 J. + 1. So im Monat frei, bis 29.10.

KunstKaufen!“ – UdK zu Gast in Bad Saarow

Katharina Sieverding, Weltlinie (2001), Foto: Freundeskreis der UdK Berlin | Karl Hofer Gesellschaft e. V.

Es ist eine schöne Tradition: Der Freundeskreis der Universität der Künste (UdK) Berlin/ Karl Hofer Gesellschaft e. V. zeigt einmal im Jahr eine Ausstellung mit Werken, die zum Teil exklusiv für diese Schau angefertigt worden sind und zum Verkauf stehen. Mit dem Erlös unterstützt der Verein die Studierenden der Kunsthochschule. Bislang fand die Ausstellung in Berlin statt, 2023 zieht sie zum ersten Mal aufs Land: Unter dem Titel „KunstKaufen!“ sind die Werke in der Kunstgalerie „Kultur am See Bad Saarow e. V.“ zu sehen, mit Jahresgaben unter anderem von Katharina Sieverding, Ai Weiwei, Valérie Favre und Robert Lucander, Via Lewandowsky und vielen weiteren. Nach dem UdK-Ausflug werden die Räume in den Kurpark-Kolonnaden regelmäßig mit Ausstellungen und wechselnden Kulturveranstaltungen bespielt.

  • Kunstgalerie „Kultur am See Bad Saarow e. V.“ Kurpark Kolonnaden, Ulmenstr. 4, 15526 Bad Saarow, 4.8.–4.10., mehr Infos hier

Schlösser. Preußen. Kolonial

Ausstellungsansicht: Schlösser. Preußen. Kolonial. Biografien und Sammlungen im Fokus. Foto: © SPSG/Nicole Romberg

Dienen, so sah die Bestimmung vieler Menschen aus, die von Afrika an den preußischen Hof gebracht wurden. Ihre Geschichten zu erhellen, zählt zu den Zielen einer Ausstellung im Schloss Charlottenburg. Es strotzt vor Tafelsilber, Porzellan, furnierten Möbeln, sowie Porträts von Sophie Charlotte, Luise, Friedrich I. und II. und wer sonst zwischen 1791 und 1888 die Gemächer bewohnte oder besuchte. Doch im Erdgeschoss des Neuen Flügels sind sechs Säle freigeräumt für weniger funkelnde Seiten der Historie. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), zu der das Haus gehört, hat sich das Themenjahr „Churfürst – Kaiser – Kolonien“ verordnet. Die neue Sonderausstellung gehört dazu. Auf knapp 600 Quadratmetern beleuchten die Kuratorinnen Carolin Alff und Susanne Evers von der SPSG Biografien, etwa die Bilillee Ajiamé Machbubas, einer jungen Frau, die auf einem Sklavenmarkt von Kairo angeboten wurde. Für die Ausstellung hat die Zeichnerin Patricia Vester Machbubas Weg in einer Graphic Novel nachvollzogen.

  • Schloss Charlottenburg Spandauer Damm 19–22, Di–So 10–17.30 Uhr, 14/10 €, ab 16.30 Uhr, 10/ 6 €, Veranstaltungen, bis 31.10.

Isa Genzken: 75/ 75

Courtesy Galerie Buchholz, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Isa Genzken: Untitled, 2018, Schaufensterpuppe, Kleidung, Fahrrad und Sprühfarbe, 121 x 170 x 60 cm, Courtesy Galerie Buchholz, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Die Neue Nationalgalerie kündigt Isa Genzkens 75. Geburtstag mit 75 Skulpturen an.
Und siehe da: Das Werk der berühmten Bildhauerin wirkt aktueller denn je, weil Genzken Alltagsmaterialien nutzt, die im Lauf der Zeit immer wieder neue Bedeutung erhalten haben. Als Genzken erstmals ihren Repliken der Büste von Nofretete eine Atemschutzmaske verpasste, hatte die Welt Covid noch nicht durchlitten, als sie Flugzeugfenster nach den Anschlägen vom 11. September 2001 verwendete, war die Klimakrise noch kein Alltagsthema. Im gläsernen Erdgeschoss der Neuen Nationalgalerie gibt die Schau „Isa Genzken: 75/ 75“ einen Überblick über alle Phasen von Genzkens Werk: locker, licht und leicht verständlich.

  • Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di–So 10–18, Do bis 20 Uhr, 12/ 6 €, bis 18 J., Do ab 16 Uhr und 1. So im Monat frei, bis 27.11.

Eva Fàbregas – Devouring Lovers

Eva Fabregas: Devouring Lovers. Hamburger Bahnhof, Hamburger Bahnhof, Berlin, 24. Juni, 2023 @Jacopo La Forgia

Nach den neuen Dauerausstellungen im Juni hat das Leitungsduo des Hamburger Bahnhofs jetzt nachgelegt: Eva Fàbregas aus Barcelona hat die zentrale Halle in ein dezent kinetisches Labyrinth verwandelt, in dem sich Besuchende ihren Weg um hängende und liegende Skulpturen bahnen können, um herauszufinden, ob sie ihren Sinnen trauen dürfen.  Eine Art amorpher Zaubergarten mit medizinischen und biologischen Anklängen, in dem es den Betrachtenden überlassen bleibt, was sie mit den Wucherungen assoziieren – Freude oder Ekel, Fortpflanzung oder Krankheit.

  • Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart  Invalidenstr. 50–51, Tiergarten, Di–Fr 10–18, Do bis 20 Uhr, Sa+So 11–18 Uhr, 14/ 7 €, bis 18 J. + 1. So im Monat frei, bis 7.1.2024

World Framed

© Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Volker-H. Schneider
Channa Horwitz: Flowings I, 1987, Kaseinfarbe auf Mylarfolie, 89 x 209 cm, Sammlung Schering Stiftung im Kupferstichkabinett, © Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Volker-H. Schneider

Das Kupferstichkabinett und die Schering Stiftung sammeln seit 15 Jahren gemeinsam zeitgenössische Zeichenkunst. Zum runden Geburtstag geben sie mit der Schau „World Framed“ Einblick, was da zusammengekommen ist: Blätter, gezeichnet mit Stift, Chemikalien oder gar Haaren, von Ruth Wolf-Rehfeldt aus Wurzen genauso wie von Matt Mullican aus Santa Monica. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf eher abstrakter, minimalistischer Zeichnung – was der Ausstellung eine Strenge gibt, die allenfalls durch William Engelens und Bernhard Leitners musikalische Ansätze gemildert wird.

  • Kupferstichkabinett Matthäikirchplatz, Tiergarten, Di–So 10–18 Uhr, 8/ 4 €, bis 18. J + 1. So im Monat frei, bis 8.10.

Spanische Dialoge ­– Picasso

© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Museum Berggruen / Jens Ziehe / Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Pablo Picasso: Portrait de Nusch, 1937, Öl auf Leinwand, © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Museum Berggruen / Jens Ziehe / Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Die Picasso-Rezeption ist ja gern für Überraschungen gut. Zuletzt wurde der Ausnahmekünstler rund um seinen 50. Todestag eher unter MeToo-Verdacht betrachtet –  was dem von ihm einst „gecancelten“ Werk der Künstlerin Francoise Gilot endlich zu neuer Beachtung verhalf. Nun schlägt das (derzeit geschlossene) Berggruen-Museum als Gast des Bode-Museums ein ganz anderes Kapitel auf: Auf der Museumsinsel kommen Arbeiten Picassos zum Vergleich mit spanischer Kunst der frühen Neuzeit, um zu zeigen, wovon sich Pablo Picasso anregen ließ. Mal sehen, was da noch zu Tage kommt.

  • Bode-Museum  Am Kupfergraben, Mitte, Di–So 10–18 Uhr, 10/ 5 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 21.1.2024

Heinrich Zille

Heinrich Zille neu interpretiert von Berliner Künstler:innen. Foto: tipBerlin

Heinrich Zille ist der Übervater der Berliner Zeichnung. Wie kein anderer hat er den Geist, die Marotten, das Elend und den Witz der Berliner und Berlinerinnen aufs Papier gebannt. Sein „Milljöh“ ist legendär und seine Bilder halten die Spelunken, Krämerläden, Tanzsäle, Bordelle, Wohnstuben und Straßenszenen Berlins fest. Der tipBerlin hat die Heinrich-Zille-Mappe herausgebracht, eine Siebdruckedition mit zeitgenössischen Adaptionen von Zilles Werken. Die fünf Künstler:innen Barbara Yelin, Henning Wagenbreth, Mawil, Jim Avignon und Jakob Hinrichs haben sich jeweils ein Bild aus Zilles Œuvre ausgesucht und mit sehr unterschiedlichen visuellen Ansätzen Brücken zwischen Zilles Zeiten und der Gegenwart gezeichnet. Über die Siebdrucke der Zille-Mappe lest ihr hier mehr, seit 9. Juli 2023 sind sie als Sonderausstellung im Zille-Museum im Nikolaiviertel zu sehen.

  • Zille-Museum im Nikolaiviertel Propststr. 11, Mitte, tägl. 11–18 Uhr, 7/5 €

Secessionen: Klimt, Stuck, Liebermann

Gustav Klimt, „Pallas Athene“, 1898. Foto: Birgit und Peter Kainz, Wien Museum Wien Museum

Die Entstehung der Secessionsbewegungen am Ende des 19. Jahrhunderts bedeutete nicht weniger als eine Revolution im System der Kunst. Die Secessionen entstanden im deutschsprachigen Raum 1892 in München, 1897 in Wien und schließlich 1899 in Berlin in engem zeitlichem Abstand und mit vielfacher personeller Überschneidung. Insgesamt 200 Arbeiten aus der Hochzeit der Bewegung von 1892 bis 1913 sind so zusammengekommen, allein 60 von Klimt.

  • Alte Nationalgalerie Bodestr. 1-3, Mitte, Di-So/Feiert. 10-18 Uhr, bis 22.10.

Judit Reigl: Kraftfelder

© Fonds de Dotation Judit Reigl
Judit Reigl, Man, Tripychon, 1967-1969, Öl auf Leinwand, 232,4 x 199,4 cm; 241,3 x 198,1 cm; 232,4 x 208,3 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, geplante Schenkung Fonds de Dotation Judit Reigl n © Fonds de Dotation Judit Reigl

Drei Bilder von Judit Reigl (1923–2020) hat die Neue Nationalgalerie geschenkt bekommen. Aus diesem Anlass richtet sie der ungarischen Malerin, die während der stalinistischen Zeit nach Paris floh, eine Rückschau aus: mit Werken der 1950er- bis 1980er-Jahre, die dem Informel zuzurechnen sind .

  • Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di–Mi 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr, Fr–So 10–18 Uhr, 12/ 6 €, bis 18. J., 1. So im Monat + Do ab 16 Uhr frei, 30.6.–8.10.

Längere Öffnungszeiten im Pergamonmuseum

© Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatisches Museum / Olaf M. Teßmer, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul
Liam Gillick, Filtered Time Visualization, 2022, Source image: © Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatisches Museum / Olaf M. Teßmer, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul

Weil das Pergamonmuseum ab 23. Oktober wegen Sanierung schließen muss, verlängert das berühmteste Berliner Museum in den Monaten zuvor seine Öffnungszeiten. Seit 1. Juli bleibt das Haus von 9 bis 19 Uhr geöffnet, donnerstags bis 20 Uhr. Bis in den Oktober werden neben den Höhepunkten wie der Prozessionsstraße Babylons zwei Sonderschauen zu sehen sein: Liam Gillicks Kunst, die antike Objekte zum Leuchten und Klingen bringt, und seit 6. Juli Haji Noor Deens chinesisch-arabische Kaligrafien.

  • Pergamonmuseum James-Simon-Galerie, Bodestraße, Mitte, erweiterte Öffnungszeiten ab 1. Juli 2023: Di, Mi, Fr–So und Feiertage 9–19, Do 9–20 Uhr, 12/ 6 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 22.10.

Hamburger Bahnhof: Nationalgalerie. Eine Sammlung für das 21. Jahrhundert

Endlich hat es jemand getan: unter einem Dach Kunst versammelt, die in Berlin nach 1990 entstand. Perspektiven aus Ost und West und dem globalen Süden haben die Direktoren Sam Bardaouil und Till Fellrath mit Kuratorin Catherine Nichols für eine der neuen Dauerschauen zusammengetragen. Und ihre frische Perspektive zeigt: gute Kunst entsteht nicht im Elfenbeinturm, sondern bezieht Stellung zu den Entwicklungen der Zeit. Von Tine Baras autobiografischem Fotoessay über ihr Leben mit Freunden und Freundinnen in Ost-Berlin über Holly Zausners Performance hoch zu Haus bis Emeka Ogbohs Hörstück mit Fluchtgeschichten reicht das Spektrum. Einen kleinen Punktabzug in der B-Note gibt es nur für die Wahl der Räume: schade, dass sich der Parcours im engen Westflügel über zwei Etagen schlängeln muss. Dafür bietet sich im Erdgeschoss ein weiterer Höhepunkt: die Säle zur Geschichte des Bahnhofs mit vielen Erinnerungen von Zeitzeug:innen. Hier haben die Direktoren einen kleinen baulichen Eingriff in der Außenwand vornehmen lassen, der abermals einen ungewohnten Blick erlaubt.

  • Hamburger BahnhofNationalgalerie der Gegenwart  Invalidenstr. 50–51, Moabit, Di–Fr 10–18, Do bis 20 Uhr, Sa+So 11–18 Uhr,14/ 7 €, bis 18 J. + 1. So im Monat frei, bis 7.1.24

Rohkunstbau in Brandenburg

Foto: Jens Ziehe
Andrea Bowers, Protect Kids, Not Guns: Ode to CODEPINK (Newtown), 2018, Cardboard, acrylic paint, 50 x 150 x 5.5 cm, Courtesy the artist und Capitain Petzel © Andrea Bowers, Foto: Jens Ziehe

Der Titel klingt sarkastisch: „Endlich Frieden“, heißt die diesjährige Ausgabe der Ausstellungsreihe im Schloss von Altdöbern am Rande des Lausitzer Braunkohle-Tagebaugebiets. Doch es geht nicht um Truppenvorstöße und Kapitulationen, sondern um Krieg und Frieden im Alltag, beispielsweise um privaten Waffenbesitz, wie in die US-amerikanischen Künstlerin Andrea Bowers in Agit-Prop-Tradition thematisiert (Abb.). Von Sven Johne kommt das berückende Video „Vom Verschwinden“, das der Fotograf und Filmer an den Kreidefelsen aufnahm. Es handelt von Kindheiten auf Rügen im Zweiten Weltkrieg und danach – und davon, wie ein heutiges Kind die Landschaft erleben kann.

  • Schloss Altdöbern Am Park, 03229 Altdöbern, Sa/So 12–18 Uhr, 12/ 7 €, bis 12 J. frei, Tickets hier, 18.6.–29.10.

Paper Art Award

Ken ichiro Taniguchi Hecomi mit einer Arbeit. Foto: Felix Amsel

Wie vielfältig und spannend Kunst aus Papier sein kann, hat das junge Privatmuseum Haus des Papiers mit den vergangenen Ausstellungen gezeigt. Nun werden die diesjährigen Gewinner:innen des hauseigenen Paper Art Awards präsentiert. Der Preis für skulpturale Papierkunst wird seit 2021 jährlich auf der Kunstmesse Paper Positions Berlin verliehen und ist mit insgesamt 36.000 € dotiert. Erstmalig wurde der Award in Silber und der Award in Bronze gesplittet, sodass fünf neue Positionen in die Sammlung aufgenommen und gezeigt werden. Den Hauptpreis erhält die die bedeutende Berliner Künstlerin Ursula Sax. Weitere Preisträger:innen sind Amparo Sard und Gisoo Kim (Silber), Ken´ichiro Taniguchi und Brian Dettmer (Bronze). Der in Berlin und dem japanischen Sapporo lebende Künstler Ken ichiro Taniguchi wird zudem am Eröffnungsabend eine Performance vor dem Museum durchführen und die Technik hinter seiner Arbeit erklären.

  • Haus des Papiers Seydelstraße 30, Mitte, Fr–So 10–17 Uhr, 8,50/ 6 €, seit 8.6., bis Oktober

Alice Springs. Retrospective

Copyright: Helmut Newton Foundation
Helmut Newton: „June, Melbourne“, late 1940s, Copyright: Helmut Newton Foundation

Sehr cool, sehr stylish, sehr 60s und 80s, die Menschen, die Alice Springs (Foto) porträtierte. Rund 200 Aufnahmen kommen in der Retrospektive zusammen, die die 2021 im Alter von 97 Jahren verstorbene Fotografin ehrt. Im Mittelpunkt stehen Porträts, die Alice Springs von Kolleg:innen wie  Richard Avedon, Sheila Metzner und Brassaï machte sowie von Schauspieler:innen wie Nicole Kidman, Liam Neeson und Catherine Deneuve. June Newton, wie Alice Springs bürgerlich hieß, bevorzugte dabei die Schwarz-Weiß-Fotografie, genau wie ihr Mann Helmut Newton, der sie darum gebeten haben soll, ihre Fotos nicht unter dem gemeinsamen Namen zu veröffentlichen. Wir denken uns unseren Teil.

  • Helmut-Newton-Stiftung im Museum für Fotografie Jebensstr. 2, Charlottenburg, Di–So 11–19, Do bis 20 Uhr, 10/5 €, bis 18. J. + 1. So im Monat frei, 3.6.–19.11.

George Grosz: The Stick Men

Disturbed While Eating, 1947 Aquarell und Tusche auf Papier 48 × 64,6 cm Sammlung Judin © Estate of George Grosz, Princeton, N.J. / VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Das Spätwerk des berühmten Malers, Zeichners und Karikaturisten George Grosz ist wenig bekannt. Der erklärte Gegner der politischen Rechten floh bereits im Januar 1933 vor den Nationalsozialisten in die USA. Trotz zahlreicher Ehrungen dort konnte der Künstler nicht mehr an seinen Ruhm in Jahren der Weimarer Republik anknüpfen. Das Kleine Grosz-Museum in Schönberg hat jetzt die Anti-Kriegs-Grafiken aus dem amerikanischen Exil entstaubt, mit denen Grosz vor einem nuklearen dritten Weltkrieg warnen wollte.

  • Das kleine Grosz Museum Berlin Bülowstr. 18, Schöneberg, Do–Mo 11–18 Uhr, 10/ 6, Tickets hier 25.5.–30.10.

Liam Gillick – Filtered Time

„Liam Gillick. Filtered Time“, Ausstellungsansicht, Pergamonmuseum, Foto: Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum und Nationalgalerie/ Jacobo La Forgia/ Courtesy der Künstler und Esther Schipper

Bevor das Pergamonmuseum im Herbst bis auf Weiteres schließt, highlightet der britische Künstler Liam Gillick herausragende Ausstellungstücke. Mittels Lichteffekten, Dias und Klang gibt er Statuen, dem Ischta-Tor, Reliefs und kleinere Artefakten ein neues Erscheinungsbild. Das Ergebnis ist teils postmoderne Spielerei, teils künstlerischer Farbforschung, teils Zweifel an Museumskonventionen.

  • Pergamonmuseum Bodestr. 1-3, Mitte (Zugang über James-Simon-Galerie), Di, Mi + Fr 10–18, Do 10–20 Uhr, Sa + So 10–18 Uhr, 12/ 6 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, Tickets hier, bis 15.10.

Gerhard Richter – 100 Werke für Berlin

Blick in die Ausstellung „Gerhard Richter. 100 Werke für Berlin“, Staatliche Museen zu Berlin, Foto: David von Becker

100 Arbeiten leiht der berühmte Maler Gerhard Richter der Neuen Nationalgalerie auf lange Zeit, und sie alle passen in das Grafikkabinett im Untergeschoss des Museums. Denn unter den Abstraktionen befinden sich viele kleine übermalte Fotos – Spitzenstücke, eine Wucht. Im Zentrum jedoch hängt der „Birkenau“-Zyklus, mit dem Richter die Grenzen der Kunst im Angesicht von Verbrechen der Nationalsozialist:innen thematisiert. Als Vorlage dienten Fotografien, die Häftlinge unter Lebensgefahr in Auschwitz-Birkenau aufgenommen und aus dem Konzentrationslager geschmuggelt hatten.

  • Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di–Mi, Fr–So 10–18, Do bis 20 Uhr, 14/ 7 €, bis 18 J., Do ab 16 Uhr + 1. So/ Monat frei, Tickets hier, bis auf Weiteres

un_endlich: Leben mit dem Tod

Blick in die Ausstellung mit interaktiven Fragestationen, „Akt 2 | Szene 1 – Sterbebetten: Wie halten Sie es mit dem Sterben und Tod?“ Copyright: RFK Architects & Tom Piper / Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Foto: Alexander Schippel

Das Ende des Lebens ist Thema eine neue Sonderausstellung im Humboldt Forum, die eher einem Labyrinth als einer klassischen Ausstellung ähnelt. Filme, Klänge, interaktive Fragestationen und inszenierte Räume sollen Perspektiven auf das Sterben erhellen. Das Ganze ist sehr immersiv: wenig Objekte, wenig Fakten, mehr zum Erleben und Fühlen.

  • Humboldt Forum Schloßplatz 1, Mitte, Mi–Mo 10.30–18.30 Uhr, 12/6 €,  bis 18 J. + 1. So/Monat frei, ab 12 J., Tickets hier, bis 26.11.

Roads not Taken

Nächtliche thermonukleare Explosion in Nevada USA, 5. Juli 1957. Foto: National Archives, Washington, D.C. / Public Domain

Der Mauerfall 1989, die Panzer am Checkpoint Charlie 1962, das Wahlergebnis 1932: Das Deutsche Historische Museum geht mit „Roads not Taken“ dem Gedankenexperiment nach, was passiert wäre, wenn sich an 14 Wendepunkten deutscher Geschichte nach 1848 andere Wege ergeben hätten. Diese werden in Bildern inszeniert und realen Ereignissen gegenübergestellt, wie der nuklearen Explosion in Nevada 1957.

  • Deutsches Historisches Museum Hinter dem Gießhaus 3, Mitte, tgl. 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr, 8/ 4 €, bis 18 J. + 1.So/Monat frei, bis 24.11.23

Ts’ uu – Zeder. Von Bäumen und Menschen

Ansicht der temporären Ausstellung „Ts’uu – Zeder. Von Bäumen und Menschen“ im Humboldt Forum. Foto: © 2020 by Alexander Schippel

Was länger währt, wird womöglich besser: Die Ausstellung „Ts̓  uu – Zeder“ des Ethnologischen Museums konnte pandemiebedingt nicht  mit den Sälen eröffnen, die im Herbst das Humboldt Forum komplettiert haben. Doch nun ist die Schau über Regenwälder an der Westküste Kanadas fertig, eine Koproduktion mit dem hochmodernen Haida Gwaii Museum auf gleichnamigem Archipel vor der Küste British Columbias. Sie zeigt, wie erhellend und publikumsfreundlich transkontinentale und transdisziplinäre Zusammenarbeit sein kann. Nur einen Saal mit 130 Exponaten umfasst die Schau, die genauso Ruhe wie Abwechslung bietet, dank einer Sitzecke und des Einsatzes verschiedener Medien. Selbstverständlich gibt es klassische Objekte wie Wappenpfähle. Daneben aber hängen Reportagefotos und bedruckte T-Shirts. Sie bezeugen Proteste Indigener gegen die Abholzung der Regenwälder durch euro-kanadische Firmen.

  • Humboldt Forum Schlossplatz 1, Mitte, Mi–Mo 10.30–18.30, Eintritt frei, bis auf Weiteres

All Hands On: Flechten

Olaf Holzapfel: „Der geflochtene Garten“, 2022 Foto: Jens Ziehe / © Olaf Holzapfel

Endlich schlägt das Museum für Europäische Kulturen (MEK) wieder mit einer großen Ausstellung auf. „All Hands On: Flechten“ präsentiert Meisterwerke aus Kunst, Handwerk und Design, anonyme Stücke aus Stroh und Rinde genauso wie die neue Arbeit „Der geflochtene Garten“ (Abb.) von Olaf Holzapfel, Teilnehmer der Documenta vor fünf Jahren. Ein willkommener Anlass für eine U-Bahnfahrt nach Dahlem: das auch Biergärten, Buchhandlungen an der Uni, Parks und dem Landwirtschaftsmuseum Domäne Dahlem wenig entfernt vom MEK einen Ausflug wert ist. Perfekt für ein langes Wochenende.

  • Museum Europäischer Kulturen Arnimallee 25, Dahlem, Di–Fr 10–17, Sa/ So 11–18 Uhr, 8/ 4 €, bis 18 Jahre + Berlin Pass frei, Tickets hier, bis 26.5.2024

Mehr Kunst und Ausstellungen in Berlin

Überblick verloren? Das Wichtigste zur Berlin Art Week steht hier. Geht immer: Wir zeigen euch wichtige Ausstellungshäuser, Galerien und Museen für Kunst in Berlin. Wir blicken nach vorne: Die wichtigsten Ausstellungen im Berliner Kunstjahr 2023 im Überblick. Gut zu wissen: Am Museumssonntag ist der Eintritt kostenlos, jeden ersten Sonntag im Monat. Ein ehemaliges Luxushotel wird Ort für Kunst: Wir haben das Studio Mondial am Ku’damm besucht.

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