Ausstellungen

Berlin Art Week 2022: Das sind die Höhepunkte und Orte des Jahres

Die Berlin Art Week 2022: Rund 50 Museen und Institutionen und erstmals auch 50 Galerien beteiligen sich an dem Event, das am 14. September 2022 beginnt. Verwundbarkeit, Verletzlichkeit und Überlebensfähigkeit spielen in vielen Ausstellungen eine Rolle. Auch im diesjährigen Festivalzentrum, den Uferhallen von Wedding, wo sich Künstler:innen und Ateliers präsentieren. Doch trotz aller Sorgen: Auch diese Berlin Art Week zeigt, wie gut die Kunststadt Berlin durch die Krisen kommt – große und kleine Ausstellungen, Führungen und Feste liefern den Beweis dafür. Und wir einen Überblick über die wichtigsten Ausstellungen.


Wilhelm Hallen: „Reinickendorf Rules“

Die Berlin Art Week 2022 findet in den Wilhelm Hallen statt – wie bereits im Vorjahr. Foto: Wilhelm Hallen

Berliner Galerist:innen schlagen zur nächsten Runde in den Wilhelm Hallen auf. Hier hat Mehdi Chouakri bereits festes Quartier bezogen und unter anderem ein Archiv zum Werk der Künstlerin Charlotte Posanenske eingerichtet. Nun wollen für acht Tage 15 Berliner Galerien, darunter ChertLüdde, Efremidis, Esther Schipper, PSM, Soy Capitán, Sprüth Magers sowie Klosterfelde und Sweetwater Arbeiten ihrer Künstler:innen in einer gemeinsamen, kuratierten Gruppenschau zeigen. Weitere Präsentationen, vor allem von großen Arbeiten aus bekannten Galerien, kommen hinzu. Die dezentrale Lage im Norden muss niemanden abschrecken: Die S-Bahn hält fast vor der Tür, und auf dem Gelände gibt es ein Café.

  • Wilhelm Hallen Kopenhagener Str. 60, Reinickendorf, S-Bahnhof Wilhelmsruh, Sa 10.9., So 11. + 18.9. 10–20 Uhr, Mi + Do 15–20, Fr 13–20 und Sa 17.9. 11–20 Uhr, 10/ 5 €, Tickets hier, 10.–18.9.

Palais Populaire: Lu Yang

Videostill aus Lu Yang: „DOKU the Matrix“, 2022 Foto: LuYang

Zynisch oder zukunftsweisend? Lu Yang zeigt in ihren Videos, wie sie ihre Organe einscannt und vervielfältigt, um ihren Doppelgänger zu schaffen. Lus Avatar erfährt spirituelle Aufladungen, bevor er einer Art digitaler Hölle landet. Dabei bleibt offen, was die Künstlerin von der digitalen Vervielfältigung menschlicher Körper hält. Trotzdem oder deswegen hat eine Expert:innen-Jury Lu Yang zur „artist of the year“ 2022 gewählt, eine Auszeichnung, die die Deutsche Bank vergibt.

  • Palais Populaire Unter den Linden 5, Mitte, Mi–Mo 11–18, Do 11–21 Uhr, Mi 14.9. 18-21 Uhr, Eintritt frei, 10.9.–13.2.

Uferhallen: „On Equal Terms”

Zentrale Ausstellungshalle der Uferhallen, Wedding. Foto: Uferhallen e.V. 2020

Die Berlin Art Week schlägt 2022 ihre Festivalzentale in den Uferhallen von Wedding auf: ein Zeichen der Solidarität mit den vielen Künstler:innen, die hier arbeiten – und ihre Ateliers in Gefahr sehen, weil das Studiogelände mit hochpreisigen Wohnungen bebaut werden soll. Doch sie wehren sich, auch während der Berlin Art Week: mit der großen Gruppenausstellung „On Equal Terms“, „auf Augenhöhe“. Hier geht es darum, wie das Machtgefälle zwischen Kunst und Firmen ausgeglichen werden kann. Rund 25 Künstler:innen nehmen teil, unter ihnen Antje Blumenstein und Mark Wallinger. Zudem sind ortsspezifische Installationen zu sehen, etwa von Rosa Barba, Karin Sander, Herta Müller und Maria Eichhorn.

  • Festivalzentrum Uferhallen Uferstr. 8, Wedding, 14.–18.9.: Mi–So 12–22 Uhr, 21.–25.9.: Mi–Fr 14–20, Sa–So 12–18 Uhr, Eröffnung: 14.9., 19 Uhr

In drei Ausstellungshäusern: Mona Hatoum

Mona Hatoum: „Home“, 1999 Tisch, Küchenutensilien, elektrische Kabel, Dimmer, Verstärker, Mixer und zwei Lautsprecher
Foto: Jörg von Bruchhausen / © Mona Hatoum. Courtesy Galerie Max Hetzler, Berlin | Paris

Eine Welt der Unruhe ist das Leitthema von Mona Hatoum. Jetzt zeigen gleich drei Ausstellungshäuser das facettenreiche Werk der in Berlin und London lebenden Künstlerin. Im Charlottenburger Georg-Kolbe-Museum werden unter anderem Videoaufzeichnungen von Hatoums Performances zu sehen sein. Der Neue Berliner Kunstverein in Mitte zeigt Arbeiten, die unter Strom stehen. Und im Kesselhaus des Neuköllner Kindl-Zentrums wird Hatoum eine große, bewegliche Installation aufbauen, eine Art Gitter, das die Instabilität unserer Welt versinnbildlicht.

  • Georg-Kolbe-Museum Sensburger Allee 25, Charlottenburg, Mo–So 10–18 Uhr, 7/ 5 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, 15.9. −8.1., Eröffnung: 14.9., 17 Uh
  • Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.) Chausseestr. 128/ 129, Mitte, Di, Mi, Fr−So 12–18 Uhr, Do bis 20 Uhr, 15.9.–13.11., Eröffnung: 14.9., 18 Uhr
  • Kindl-Zentrum Am Sudhaus 3, Neukölln, Mi 12–20, Do–So 12–18 Uhr, 5/ 3 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, 18.9.–14.5., Eröffnung: 17.9., 18 Uhr

Haus am Waldsee: Leila Hekman

Leila Hekmat,: „Triple Curly“, 2020. Tryptichon-Still. Digitale Video-Collage. Foto: Courtesy Leila Hekmat und Galerie Isabella Bortolozzi

Die erste Schau des Hauses am Waldsee unter Leitung von Anna Gritz eröffnet: Mit Leila Hekmat, die ihre Ausstellung „Female Remedy“ genannt hat, was sich vielleicht mit „Frauenheilmittel“ übersetzen lässt. Die in Berlin lebende Künstlerin aus den USA will das Haus in ein Hospital für Patientinnen verwandeln, die zu ihren Erkrankungen stehen. Das könnte aufregend werden, wie ihre digitale Video-Collage „Triple Curly“ (Abb.) ahnen lässt.

  • Haus am Waldsee Argentinische Allee 30, Zehlendorf, 7/ 5 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, 15.9.–8.1., Eröffnung: 14.9., 19.30 Uhr

Hamburger Bahnhof: Cameron Clayborn

Cameron Clayborn: „homegrown #1“, 2021, Haarperlen, Dämmung, Papier, Gipsdeckenfarbe und Drahtseil.
© cameron clayborn / Courtesy Simone Subal Gallery, New York / Foto: © Studio Shapiro

„Nothing left to be?“, heißt Cameron Clayborns Einzelausstellung, aber scheint da wirklich nichts mehr zu sein? Cameron Clayborn, zusammen mit Hana Miletić 2021 mit dem 30.000 Schweizer Franken schweren Kunstpreis des Baseler Versicherungskonzerns Baloise ausgezeichnet, lässt unter anderem zwei Skulpturen von der Decke hängen. Sie wirken schwer, sind jedoch aus leichtem Material wie Papier und recycelter Kleidung gefertigt. Und gehen als Schenkung an die Nationalgalerie.

  • Hamburger Bahnhof Invalidenstr. 50/ 51, Tiergarten, 18/ 9 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, Di–So 11–18 Uhr, 15.9.–22.1.; Eröffnung: 14.9., 18 Uhr

Haus am Lützowplatz: „ÜberLeben

Nina E. Schönefeld: Szene aus „L.E.O.P.A.R.T.“ 2019, HD video, 17min. 13sec. © Nina E. Schönefeld (Videostill)

Im Haus am Lützowplatz geht es um das nackte Überleben, um Essen, Lebensmittel und Ressourcen. Der Künstler Philip Grözinger und Kurator Marc Wellmann haben sich das Thema ausgedacht. Ihr Ausgangspunkt ist der Science-Fiction-Film „Soylent Green“, der vor knapp 50 Jahren in die Kinos kam und im Jahr 2022 spielt. Neben älteren Arbeiten etwa von der Malerin Bettina von Arnim und von John Cage sind Beiträge von Jüngeren zu sehen. So wird Bjørn Melhus eine neue Videoarbeit beisteuern, die sich direkt auf Fleischers Film bezieht. Und Katja Novitskova, 2020 für den Preis der Nationalgalerie nominiert, zeigt ausgeschnittene Digitalprints mit einem Kondor als Sinnbild für das Bemühen, eine bedrohte Vogelart mit Hilfe ausgewilderter Zuchtexemplare überleben zu lassen.

  • Haus am Lützowplatz Lützowplatz 9, Tiergarten, Di–So 11–18 Uhr, Führung 16.9., 15 Uhr, bis 8.1. 2023, Eröffnung: 14.9., 19 Uhr

Gropius Bau: „YOYI! Care, Repair, Heal

Mohamed Bourouissa: „The Whispering of Ghosts“ (still), 2018, Video, 13min 15sec)

Die 12. Berlin Biennale zum Thema Reparatur endet am 18. September. Das Sujet bleibt in Berlin präsent: Die große Gruppenausstellung „YOYI! Care, Repair, Heal“ bringt Perspektiven von 26 Künstler:innen zu den Themen Gesundheit, indigenes Wissen und Dekolonisierung zusammen. Sie soll nichts weniger als eine Grundlage für Diskussionen schaffen, wie Individuen, Gesellschaften und Institutionen Krisen wie eine Pandemie besser überstehen.

  • Gropius Bau Niederkirchnerstr. 7, Kreuzberg, Mi–Mo 10–19 Uhr, Do bis 21 Uhr, 15/ 10 €, bis 18 J. frei, 16.9.–15.1., Eröffnung: 15.9., 17 Uhr

C/O Berlin: Queerness in Photography

Walter Pfeiffer: „Untitled“, 1974–2019 Foto: 2019 Michel Gilgen for Walter Pfeiffer/Courtesy the artist und Art+Commerce

Gleich drei Ausstellungen widmet das Fotohaus C/O Berlin Queerness früher und heute. Aus der Sammlung von Sébastien Lifshitz kommen Fotos aus 100 Jahren Cross-Dressing, die der Regisseur unter anderem auf Flohmärkten kaufte, Seltenheiten, denn Homosexualität stand zu der Zeit vieler Aufnahmen unter Strafe. „Casa Susanna“ präsentiert Aufnahmen aus gleichnamigem Trans-Treffpunkt der 50er- und 60er-Jahre in der Provinz des Bundesstaats New York, die in die Sammlung der Fotokünstlerin Cindy Sherman kamen. Und die Schauspielerin Tilda Swinton kuratiert eine Ausstellung über Perspektiven auf Geschlecht und Identität.

  • C/O Berlin  Hardenbergstr. 22–24, Charlottenburg, Mo–So 11–20 Uhr, 10/ 6 €, bis 18 J. frei, 17.9.–18.1., Eröffnung: 16.9., 20 Uhr

VBKI-Preis Berliner Galerien: die Nominierten

Video Still, Anna Ehrenstein, The Hypnotization Of The Cloud, 2022

Die Kandidat:innen für den mit 10.000 Euro dotierten VBKI-Preis Berliner Galerien, der während der Berlin Art Week vergeben wird, stehen fest. Es sind die Galerien Soy Capitán, die ab 16. September Caroline Wongs Frauenbilder ausstellt, und Office Impart in Moabit, wo ebenfalls ab 16. September eine digitale Fantasie der Künstlerin Anna Ehrenstein (Abb.) gezeigt wird. Bereits zuvor zu sehen ist die Ausstellung bei Thomas Fischer. Er zeigt analoge schwarz-Weiß-Fotografien des Leipziger Künstlers  Sebastian Stumpf von Inseln vor Frankreich, die so klein sind, dass sie keinen Namen tragen.

  • Office Impart Waldenserstr. 2-4, Moabit, 16-18. 9. 12-18 Uhr, sonst Mi-Fr 15-18 Uhr, 16.9.-22.10., Eröffnung 15.9., 18 Uhr
  • Soy Capitán Prinzessinnenstr. 29, Kreuzberg, 17.-18.9. 12-18 Uhr, sonst Mi-Sa 12-18 Uhr, 16.9.-29.10., Eröffnung: 15.9., 18 Uhr  
  • Galerie Thomas Fischer Mulackstr. 14, 15.-18, 9., sonst Do–Sa 12–18 Uhr, bis 24.9.

Flughafen Tempelhof: Positions Berlin Art Fair 

Kunstmesse BAW Positions Berlin Art Fair, 2021. Foto: Positions Berlin Art Fair/ BAW

Mit ihrem Mix aus jungen und etablierten Künstler:innen hat sich Berlins Kunstmesse einen guten Namen gemacht – umso mehr, als sie inzwischen die einzige jährlich stattfindende große Berliner Kunstmesse ist. Das hat der Qualität einen sichtbaren Schub gegeben. An der Ausgabe 2022 nehmen 88 Galerien aus 20 Ländern teil.  

  • Flughafen Tempelhof  Hangar 5 – 6, Tempelhofer Damm 45, Tempelhof, 16. + 17.9. 14–20, 18.9. 10–15 Uhr, 20/ 10 €, Abendticket 10 €, bis 18 J. frei

Letzte Chance: 12. Berlin Biennale

Lawrence Abu Hamdan, Installationsansicht, 12. Berlin Biennale, Hamburger Bahnhof : „Air Conditioning [Akustische Konditionierung]“, 2022 Farbtintenstrahldruck auf Archivpapier, aufgezogen auf Aluminium, Vinyletiketten; Erklärvideo in HD, Farbe, 2’
Foto: Laura Fiorio / Lawrence Abu Hamdan

Kurator Kader Attia hat die 12. Berlin Biennale unter das Motto Reparatur gestellt. An sechs Ausstellungsorten geht es um die Frage, wie wir historischen Brüchen und Verwerfungen konstruktive Perspektiven abgewinnen können, in Beiträgen von rund 80 Künstler:innen. An fünf Ausstellungsorte hat Attia die Großausstellung grob thematisch gegliedert: in der Akademie der Künste am Hanseatenweg beispielsweise geht um Land, Stadt, Tiere, Pflanzen und Geopolitik, im Hamburger Bahnhof um Begleiterscheinungen und Langzeitfolgen von Kriegen und Vertreibung.

  • Akademie der Künste Hanseatenweg 10, Moabit, Mi-Mo 11-19 Uhr, Ticket für alle Biennale Orte: 18/ 9 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 18.9.
  • Hamburger Bahnhof Invalidenstr. 50/ 51, Tiergarten, Di, Mi, Fr 10-18, Do bis 20 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 18.9.

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