Licht im Dunkel

Dark Matter in Berlin: So gut sind die neuen Licht-Installationen

Dark Matter bringt die dunkle Materie in Berlin zum Leuchten. Sieben Installationen auf 1000 Quadratmetern sind auf einem Industriegelände neben dem Sisyphos zu sehen. Mit den Lichtinstallationen Skalar und Deep Web im Kraftwerk Berlin hatten die Verantwortlichen in den vergangenen Jahren mehrfach Tausende Gäste angezogen. Wir haben uns Dark Matter angesehen.

Dark Matter in Berlin – bei der Installation Grid schweben Dreiecke aus Lichtstäben unter der Decke. Das ist mal medidativ, mal ziemlich aufrührend, dem Bass sei dank. Foto: tipBerlin

Dark Matter: Sieben große Installationen auf 1000 Quadratmetern

Langsam senken sich die schwarzen Kugeln vor dem leuchtend weißen Hintergrund, dann werden sie wieder angehoben. 169 Stück sind es, zu Beginn auf einer Höhe, es wirkt wie ein Organismus, durch den Wellen gehen. Dann irgendwann tanzen sie alle auf unterschiedlichen Höhen, begleitet von einem tiefen Bass, manchmal von leichten Violinen. „Inverse“ ist eine der sieben Installationen, die Dark Matter in Lichtenberg (direkt rechts vom Sisyphos auf einem Industriegelände) ausmachen.

Verantwortlich ist Christopher Bauder mit seinem Designstudio WHITEvoid. Nicht das erste Mal, dass er die Menschen Berlins mit einem Zusammenspiel aus Licht und Ton, aus Räumlichkeit und Perspektiven auf eine Reise mitnehmen will – die Installationen „Dark Web“ und „Skalar“ hatten in den vergangenen Jahren Tausende angezogen. Nun also „Dark Matter“.

EIn bisschen wie bei Yayoi Kusama: Der Liquid Sky ist in einem Spiegelraum zu sehen, wird so in die Unendlichkeit multipliziert, Foto: tipBerlin

Der größte Unterschied: Die Werke bei „Dark Matter“ sind kleiner. Tanzte das technoide Lichtballett von Skalar im Kraftwerk über einer Menschenmasse, werden wir nun durch kleine Räume geführt, natürlich pandemiefreundlich nie zu viele Menschen auf einmal, was der Wirkung des Gezeigten auch zuträglich ist. Darunter leidet zuerst der Effekt – eine riesige, gefüllte Halle wirkt anders. Allerdings ist die Dramatik des Ablaufs vergleichbar.

Dark Matter: Ein Fest für alle, die gern Fotografieren

So beginnen wir unter dem Liquid Sky, 800 Lichtpunkte unter der Decke in einem Spiegelraum, der Eindruck von Unendlichkeit entsteht. Wer Tickets für Yayoi Kusamas Retrospektive im Gropius Bau bekommen hat, kennt den Effekt zwar. Für die Generation Instagram wird das Zusammenspiel aus Ästhetik und dem befriedigten Narzissmus aber verlockend sein.

Überhaupt ist das „Dark Matter“ ein Fest für alle, die gern fotografieren, auch sich, zum Beispiel auf dem „Polygon Playground“, einer Art Eisberg, auf den Muster projiziert werden. Schuhe ausziehen und Klettern ist ausdrücklich erlaubt, so wird man eins mit dem Lichtspiel, das sieht natürlich klasse aus. Am „Bonfire“, dem Lagerfeuer, schwingen plötzlich elektronische Kerzen unter der Decke. Circular wiederum ist ein Tanz dreier Lichtringe. Wie die anderen Installationen läuft ein Zehn-Minuten-Loop – wobei „Liquid Sky“, „Inverse“ und „Circular“ zusammengehören, sich auch einen Soundtrack teilen.

„Inverse“ ist ein Ballett schwarzer Bälle, die sich sanft auf und ab bewegen – und so fast wie ein Organismus wirken. Foto: tipBerlin

Länger dauert nur „Grid“, das in seiner Anmutung am ehesten an die früheren Projekte herankommt. Der Raum ist der größte, die Darbietung dauert 45 Minuten. Unter der Decke bewegen sich zu Dreiecken zusammengefügte Leuchtröhren, es empfiehlt sich, auf einem der Sitzsäcke Platz zu nehmen und sich auf das Farben-Licht-Ton-Spiel einzulassen. Bewegen sie sich zeitweise sanft, beruhigend, entwickeln sie zum Beispiel plötzlich eine Dynamik, der Sound wird dramatischer, plötzlich bebt der Boden unter einem heftigen, erbarmungslosen Bass. Kurz wünschen wir uns „Grid“ in einen Club, über die Tanzfläche. Dann wieder fast Ruhe, ein kleiner Trip. Leicht berauscht muss das alles ein Fest sein.

Nach dem Grid-Trip bei Dark Matter noch ein bisschen auf der Tonleiter musizieren

Wer danach etwas ermattet ist, kann sich an der „Tone Ladder“ aufwecken – drei Leitern sind mit Sensoren ausgestattet, jede Stufe ist einem Sound-Sample zugeordnet sowie Lichtern unter der Decke. Mit den Händen und Füßen lassen sich die Stufen also zum Klingen bringen. Und wer kann, samplet sich mal eben einen Song zusammen. Allerdings dürfen nur drei Personen gleichzeitig in den kleinen Raum hinein. Das ist schön für die, die drin sind, aber natürlich etwas anstrengend für jene, die warten. Aber das Anstehen werde einige Besucher:innen ja nun vom benachbarten Sisyphos kennen (wo übrigens auch eine Teststation ist).

Die Idee der Leiter hat der „Dark Matter“-Verantwortliche Christopher Bauder übrigens vor 20 Jahren während seines Studiums an der Berliner Universität der Künste entwickelt. „,Dark Matter‘ ist ein Parallelkosmos aus raumgreifenden Lichtinstallationen in dem die Grenzen zwischen realer und digitaler Welt verschwimmen“, sagt er. „Licht, Bewegung und Klang verschmelzen zu emotionalen Choreografien aus leuchtenden Formen und Farben.“

Lagerfeuer mal anders: die Installation Bonfire. Foto: Dark Matter
Lagerfeuer mal anders: die Installation Bonfire. Foto: Dark Matter

Dark Matter: Ästhetisch, modern, sehenswert

Was ist „Dark Matter“ nun? Moderne Kunst? Ein fancy Lampenladen? Etwas dazwischen, wahrscheinlich. Vor allem ist „Dark Matter“ ästhetisch, es passt nach Berlin, es passt in unsere Zeit. Es bedarf der Bereitschaft, sich etwas Zeit zu nehmen, es wirken zu lassen. In ein aus 20.000 Lichtpunkten geschaffenes Lagerfeuer, um das herum in Klappstühlen Menschen sitzen, lässt sich eine Frage des Zusammenseins in einer digitalen Welt hineininterpretieren. Muss aber auch nicht sein. Die meisten Besucher von „Skalar“ und „Deep Web“ werden wohl auch vor allem deswegen hingegangen sein, weil sie Lust auf eine Show hatten. Die bekommen sie zwar anders, aber eben trotzdem auch hier.

„,Dark Matter‘ ist ein Parallelkosmos aus raumgreifenden Lichtinstallationen in dem die Grenzen zwischen realer und digitaler Welt verschwimmen“, heißt es in der Ankündigung von Lichtkünstler Christopher Bauder und seinem Designstudio WHITEvoid. In den dunklen Räumen eines ehemaligen Fabrikgeländes in Lichtenberg, neben dem Sisyphos, begibt sich der Besucher auf eine Reise durch sieben teilweise interaktive Werke.

Das sind die sieben Installationen bei Dark Matter im Überblick

  • Liquid Sky (besteht aus 800 einzelnen Lichtpunkten, die eine Oberfläche bilden)
  • Inverse (69 bewegte schwarze Kugelobjekte, die den Eindruck vermitteln sollen, eine lebendige Einheit zu sein)
  • Circular (ein Ballett aus drei Lichtringen)
  • Bonfire (simuliert mit den Mitteln moderner Technologie eine ganz archaische Institution: das Freudenfeuer)
  • Polygon Playground (eine 360-Grad-Projektion aus dem Computer, die sich wie eine digitale Haut über die Umgebung legen soll)
  • Grid (elektronische Musik trifft eine über den Gästen zu schweben scheinende Raumskulptur)
  • Tonleiter (eine Leiter wird zum Musikinstrument zum Ausprobieren)

Dark Matter: So kommt ihr zum Gelände neben dem Sisyphos

Geöffnet ist „Dark Matter“ mittwochs und donnerstags von 14 bis 21 Uhr, am Freitag und Samstag von 12 bis 22 Uhr und an Sonntagen von 12 bis 21 Uhr. Der Eintritt kostet 16 Euro, Tickets gibt es auf der Homepage von Dark Matter., sie kosten 16 Euro.

Das alte Fabrikgelände befindet sich an der Köpenicker Chaussee 46 in Lichtenberg. Tram: 21 (Gustav-Holzmann-Str., Bus: 194, 240, N94  (Rummelsburg) + 13 Minuten zu Fuß, S-Bahn: S3 (Rummelsburg) + 13 Minuten zu Fuß, zudem Bahnhof Berlin Ostkreuz + 25 Minuten zu Fuß.

Generell gelten auch bei „Dark Matter“ die üblichen Hygienebestimmungen, von Maske und Abstand bis Zeitfensterticket und Test/Genesungsnachweis/Impfbescheinigung. Aktuelle Infos dazu gibt es immer online. Eine Teststation gibt es auch im benachbarten Sisyphos.


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