… im 16. und 17. Jahrhundert, und die koloniale Eroberung fremder Gebiete Europa reich machte. Es ist kein Zufall, dass sich gerade in dieser Zeit auch ein bürgerlicher Kunstmarkt in den Niederlanden entwickelte. Die Ausstellung „Erfundene Wirklichkeit“ im Kupferstichkabinett dokumentiert dessen Qualität und Stärke gerade durch die vielen Künstler, deren Namen man nicht kennt, die neben Rembrandt und Breughel eigene Werkstätten hatten. Selbst kleinste Blätter lassen den Erfindungsreichtum und die Eigenständigkeit der Künstler erkennen. Ein klassisches
Sujets wie etwa die „Verspottung Christi“, wird aus der Hand von Leonaert Bramer (1596–1674) zu einer bewegten Szene in einem großen Bürgerhaus, wo dreiste Lümmel dem Gequälten die Zunge herausstrecken und andere seinen Körper malträtieren, während Zuschauer auf der Treppe des Hauses sich darüber amüsieren. Genreszenen, von Kindern, die in einer Kirche an einem steinernen Sarg spielen, von betrunkenen und schäkernden Bauern oder von einem großen gesellschaftlichen Ereignis, wie der Strandung eines Pottwals, der besichtigt und vermessen wird, zeugen von der Entstehung einer interessierten Öffentlichkeit und einer detailreichen Fabulierlust. Darüber hinaus besticht die Ausstellung durch die Schönheit einzelner Zeichnungen, auch wenn sie nur Schmetterlinge oder Federvieh zeigen.
Text: kbm
Erfundene Wirklichkeit
Kupferstichkabinett am Kulturforum,
Matthäikirchplatz, Tiergarten,
Di-Fr 10-18 Uhr, Sa+So 11-18 Uhr,
Do bis 22 Uhr, bis So 19.10.2008