Begehbare Bilder und abstrakte Farb-Installationen schmücken das Georg Kolbe Museum. War hier nicht traditionell ein Ort der Skulptur? Julia Wallner, die neue Direktorin, erklärt: „Kolbe kam auch aus der Malerei.“ Die aktuelle Schau, konzipiert von Elisabeth Sonneck und Nicola Stäglich, widmet sich recht malerisch der Farb-Raum-Wahrnehmung. Dazu gesellt sich zu Beginn eine üppige Kolbe-Plastik. Mit ihren weiblichen Rundungen prallt „Die Nacht“ (1926/30) auf Christine Rusches streng geometrische Wandmalerei. Ansonsten ist das lichte Haus von den Skulpturen des Namensgebers befreit. So haben die zeitgenössischen Grenzgänger einen großen Auftritt. Simone Lanzenstiel beeindruckt mit ihrer strukturierten Wandinstallation. Sie kombiniert Stoffe, Plastikfolien und gesprayte Farbe zu einer luftig-eleganten Arbeit. Fast meint man, ein Mobile im Raum schweben zu sehen, so leicht mutet sie an.
Auf andere Weise ändern Esther Stockers Op-Art-Kammer und Klaus-Martin Treders Ellipse aus grünen Papierbahnen die Wahrnehmung. Beim Eintreten oder Umschreiten gerät der Raum quasi ins Schwanken. Auch Kolbe versuchte einst, Statuarik in Dynamik aufzulösen. Die acht Künstler, die vor Ort im Museum gearbeitet haben, sind zwar keine klassischen Bildhauer, dafür entwickeln sie aus der Farbe und mit dem Raum neue Formen. Elisabeth Sonneck hat einen Energie spendenden Eyecatcher platziert. Mit vielen Lasuren modulierte und variierte sie Farbtöne so geschickt, dass ein fesselnder Rhythmus entsteht. Malerei ja, aber mit erweitertem Radius. Da ist der Schritt zur Bildhauerei nicht weit. Auch die Architektur wird vereinnahmt. Leinwände gibt es nicht. Mal etwas anderes!
Text: Andrea Hilgenstock
Foto: Elisabeth Sonneck
tip-Bewertung: Sehenswert
Farbe Raum Farbe Georg Kolbe Museum, Sensburger Allee 25, Di–So 10—18 Uhr, bis 25.8.
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