Dunkel ist der Grundton dieser ersten Nachkriegsjahre. Ungewöhnlich für ihr Њuvre stellt Hannah Höch um 1945 „Trauernde Frauen“ dar. Bei genauerer Betrachtung registriert man aber weniger den Schmerz als vielmehr Angst, stumpfe Schicksalsergebenheit, ja Bigotterie hinter den starren Gesichtern. Karl Hofer zeigt uns einen gespenstischen Totentanz in düsteren Farben: Aus Totenschädeln blitzen aggressive Gebisse auf. Aber es gibt auch einen Streif am Horizont: Fritz Winter, der nach seinem Bauhausstudium bei Kandinsky und Klee arbeitet, gestaltet während eines Fronturlaubs am Ammersee 46 Blätter mit dem vielsagenden Titel „Triebkräfte der Erde“.
„Wir wollen in unseren Kunstschulen keine abstrakten Bilder mehr sehen“, dekretierte Walter Ulbricht am 31. Oktober 1951 vor der Volkskammer. „Die Grau-in- Grau-Malerei, die ein Ausdruck des kapitalistischen Niedergangs ist, steht im schroffsten Widerspruch zum neuen Leben in der Deutschen Demokratischen Republik.“ Die Künstler in Ost und West geraten zwischen die ideologischen Fronten. Die USA suchte die Abstraktion als „Weltsprache“ zu stilisieren und zu etablieren. „Das MoMA dient in den späten 40er Jahren und in den 50er Jahren praktisch als nichtstaatliche Tarnorganisation des CIA, ohne
offiziell mit dem Geheimdienst verbunden zu sein“, meint Gillen. Rührend komisch, wie 1951 die Zeitschrift „das kunstwerk“ Baumeisters „Kosmische Geste“ in Stellung bringt gegen Walther Meinigs Gemälde „Ein neuer Traktor kommt“. Trotz alledem war der Vorhang aber nicht so eisern wie jahrzehntelang behauptet. Harald Metzkes etwa paraphrasiert in seinem Gemälde „Die tote Taube“ Picassos Friedenssymbol. Der sich als Außenseiter behauptende Gerhard Altenbourg verhohnepiepelt 1955 in seinem Aquarell „Das Ei des Formalisten“ den Eiertanz um die staatlich verordnete Kunstart.
Niemand wusste so genau, wie ein sozialistisch „korrektes“ Bild auszusehen habe: Einerseits durfte es nicht zu fotografisch die Wirklichkeit abbilden (was als „bürgerlicher Objektivismus“ geschmäht wurde), andererseits war ungewiss, wie weit man sich abstrahierend von ihr entfernen durfte.
„Auch zu verunsichern: Diese klaren Grenzen zwischen den ahnungslosen Künstlern in der DDR und den anderen, die international und frei waren, Dinge zwischen Realismus und Abstraktion lassen sich hier studieren“, bringt Gillen das zentrale Anliegen der Schau auf den Punkt.
Text: Martina Jammers
Kunst und Kalter Krieg
im Deutschen Historischen Museum, Ausstellungshalle von I.M. Pei, Hinter dem Gießhaus 3, Mitte,
tgl. 10-18 Uhr, 3.10.2009-10.1.2010
FILMREIHE ZU KUNST UND KALTER KRIEG IM ZEUGHAUSKINO
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