Er habe nicht gewusst, dass Kurator in Berlin jetzt ein Schimpfwort ist, sagt Chris Dercon, der ein ebensolcher ist – und dazu designierter Volksbühnenchef ab 2017. Was ein Problem zu sein scheint, jedenfalls für einige Feuilletons.
In der Welt der Ausstellungsmacher dürfte es sich auch erst jetzt herumsprechen, dass der Kuratoren-Berufsstand ungefähr auf dem Anerkennungsniveau von Abmahn-Anwälten angekommen ist. Das ist verblüffend, da es sich bis vor Kurzem noch um einen umjubelten Popstar-Beruf an der Spitze der Kulturpyramide gehandelt hat. Vielleicht haben es einige Einzelkämpfer an dieser Spitze aber mit ihrem Sendungsbewusstsein übertrieben, vielleicht wurden einmal zu oft Margiela-Outfits und It-Bags dieser Ausstellungsmacher hervorgehoben, vielleicht war es einfach ein bisschen viel hochtouriger Glamour in letzter Zeit, auch in Berlin. Gerade hier kann man sich aber ebenso gut von der nachhaltigen Seite der Kuratoren-Arbeit überzeugen. Ein Beispiel ist Anselm Franke vom HKW mit seinem zweijährigen Anthropozän-Projekt. Von solchen kuratorischen Leistungen, die Verstand, Herz und Seele der Gesellschaft berühren, kann es gar nicht genug geben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass man das auch einmal von Dercons Volksbühnen-Projekt sagen wird. Wie Franke holt auch der bisherige Tate-Direktor Dercon gute Leute an Bord, und sein Sendungsbewusstsein scheint dieser Kurator auch im Griff zu haben: „Das Theater muss nicht durch die Kunst gerettet werden“, weiß er.
13.05.2015 - 09:33 Uhr
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