Archaisch hat Charlotte Berend den Moment des Gebärens in Szene gesetzt. Die lebensbedrohliche Geburt ihres Sohnes mag für die Malerin Auslöser ihres Bildes „Die schwere Stunde“ gewesen sein. Lovis Corinth schrieb über die Secessions-Jury, die über dessen Aufnahme befand: „Liebermann meint, das Motiv wäre gewagt. Es sieht entschieden gut aus. Wollen mal sehen, ob es drin bleibt. Slevogt sprach auch anerkennend.“ Das Gemälde wurde im Frühjahr 1908 angenommen.
Erstaunlich, dass in Berlin erst jetzt eine Ausstellung zu sehen ist, die neben Berend Werke von Käthe Kollwitz, Clara Siewert und Dora Hitz zeigt. Schließlich war die Berliner Secession, 1898 gegründet, die erste große Künstlervereinigung, die Frauen zuließ. Als einzige Künstlerin war 1897 Dora Hitz Mitbegründerin. Ihre Karriere ist symptomatisch: 1856 bei Nürnberg geboren, genoss sie das Privileg, beim Basler Professor Julius Kollmann Anatomie zu studieren. Über den glücklichen Umweg an den Hof der rumänischen Königin zog es sie ins Epizentrum der Moderne nach Paris, wo sie mit feurig-roten, ätherischen Wesen reüssierte. Die Berlinerin Sabine Lepsius dagegen verlegte sich mit Verve aufs Porträtieren von Töchtern aus gutem Hause wie der hinreißend skeptischen Johanna Springer, Enkelin des Verlegers Julius. Als ihr Mann depressiv wurde, gelangte Lepsius in einen regelrechten Schaffensrausch und brachte mit ihrer Kunst sich und drei Töchter durch die 1920er-Jahre.
Text: Martina Jammers
Foto: Museum Wiesbaden
tip-Bewertung: Sehenswert
Frauen der Secession, Liebermann-Villa, Colomierstraße 3, Wannsee, Mi–Mo 11–17 Uhr (24.+31.12. geschlossen, 1.1.2013 geöffnet), bis 4.3.2013