Wer glaubt, dass England neu im Krisenmodus ist, hat entweder die Serie „The Crown“ noch nicht gesehen oder schlicht vergessen, wie es dem Königreich in den 80er und frühen 90er Jahren ging: die Arbeitslosigkeit auf Rekordhoch, die Jugend perspektivlos und jede Hoffnung auf soziale Abfederung unter Margaret Thatchers rigidem Sparkurs begraben
Interessanterweise war es aber trotz oder gerade wegen der um sich greifenden Gentrifizierung auch eine der künstlerisch spannendsten Phasen im Vereinigten Königreich. Und das nicht nur, weil die Musik zu unerreichter Größe fand. Auch in der Kunst tat sich einiges, wie an den Arbeiten des später mit Musiker-Porträts ziemlich berühmt gewordenen Martyn Goodacre (Kurt Cobain, Kid Rock, Beck) bestens zu sehen ist. Unter dem Titel „Whos Fuckin Planet“ zeigt der in Berlin lebende und arbeitende Goodacre jetzt erstmals im Giftraum – so heißt der Ausstellungsraum der Neuköllner Kneipe Das Gift, vom Mogwai-Gitarristen Barry Burns mitgegründet – Arbeiten aus dieser Zeit, in der er Teil einer kreativen und verzweifelt-entschlossenen Hausbesetzer-Szene war. Entsprechend persönlich, ungefiltert und echt sind diese Aufnahmen. Sie zeigen in hartem Schwarz-Weiß zwar oft die ganze Wut dieser Generation – aber auch solidarisches und freies Zusammenleben und Zusammenhalten in schwierigen Zeiten.
Das Gift Donaustr. 119, Neukölln, 22.2.–1.3., Eröffnung mit Party und DJ Set von Mark Reeder am 21.2. ab 19 Uhr, sonst tgl. 17–22 Uhr