Ausstellung

Michel Majerus’ „Early Works“: Absichtsvoll ausdruckslos

Michel Majerus war einer der innovativsten Künstler im Berlin der 1990er-Jahre. Er brach mit Konventionen und verband spielerisch Abstrakten Expressionismus mit Pop-Art. Die Kunst-Werke erinnern mit der Ausstellung „Early Works“ an das Frühwerk des zu früh verstorbenen Malers.

Michel Majerus in seinem Atelier um 2001. Foto: Edith Majerus © Edith Majerus, 2022. Courtesy Michel Majerus Estate and neugerriemschneider, Berlin
Michel Majerus in seinem Atelier um 2001. Foto: Edith Majerus © Edith Majerus, 2022. Courtesy Michel Majerus Estate and neugerriemschneider, Berlin

Michel Majerus: Ehrung zum 20. Todestag

Gleich fünf Ausstellungen finden diesen Herbst und Winter anlässlich des 20. Todestages des Berliner Malers Michel Majerus (1967–2022) in Berlin statt. Die Ausstellung „Early Works“ in den Berliner Kunst-Werken (KW) beschäftigt sich jetzt mit dem Frühwerk des mit 35 Jahren bei einem Flugzeugunglück gestorbenen Künstlers, es folgen Ausstellungen in der Galerie Neugerriemschneider und im Neuen Berliner Kunstverein. Zudem ist derzeit eine Gruppenausstellung mit Arbeiten von K. R. H. Sonderborg, Joseph Kosuth und Majerus im Michel Majerus Estate zu sehen.

Vor allem von 1990 bis 1993 entstandene Drucke, Acrylgemälde und Collagen von Majerus werden nun in der Ausstellung „Early Works“  gezeigt, also Arbeiten aus den letzten zwei Jahren seines Studiums an der Kunstakademie in Stuttgart bis hin zum Jahr des Umzugs des gebürtigen Luxemburgers nach Berlin. Zu dieser Zeit war der heute international renommierte Künstler Mitglied der Künstlergruppe „3K-NH“, in der auch die Kommiliton:innen und Künstlerfreund:innen Stefan Jung, Nader Ahriman, Susa Reinhard und „Wawa“ Takorski tätig waren.

Michel Majerus war ein Meister des Samplings

Im Frühwerk von Majerus sind wesentliche Momente seiner späteren Arbeiten vorbereitet. So finden sich hier bereits die von ihm zitierten Versatzstücke aus der Welt des Pop, aber auch aus der High Art, für deren souveränes Sampeln er dann bald bekannt wurde. Auf dem Siebdruck „antibakteriell“ (1992) zum Beispiel ist die legendäre Figur „Meister Proper“ zu sehen, die hier aber nicht für einen „Allzweckreiniger“ werben will.

Vielmehr geht es in dem Bild darum, gemeinsam mit den unter „Meister Proper“ stehenden Textfragmenten – wie „du hast dich gut aus der affäre gezogen“ und „get the power“ –  eine Postpopmalerei zu versuchen, die jedweden Anspruch auf Emotionalität und Individualität aufgibt. In genau diesem Sinne hatte Michel Majerus dann auch acht Jahre später auf seiner Installation „if we are dead, so it is“, einer funktionstüchtigen Skater-Halfpipe, ausgesprochen programmatisch geschrieben: „das befreien des malens vom thema ausdruck“.

Abrechnung: Michel Majerus, „Fuck“, 1992. Foto: Michel Majerus Estate, 2022. Courtesy neugerriemschneider, Berlin und Matthew Marks Gallery/Jens Ziehe, Berlin
Abrechnung: Michel Majerus, „Fuck“, 1992. Foto: Michel Majerus Estate, 2022. Courtesy neugerriemschneider, Berlin und Matthew Marks Gallery/Jens Ziehe, Berlin

Michel Majerus, der verklärte Einzelkämpfer

Moderne Kunstgeschichte steht in dem Gemälde „Fuck“, (1992) so kritisch wie ein wenig postpubertär zur Disposition, hat Majerus da doch respektlos in grüner Schrift auf weißem Grund die Worte „Fuck Kippenberger, Fuck Penck, Fuck Haacke, Fuck Baselitz …“ geschrieben. Auch wenn es wohl der damaligen Zeit geschuldet ist, so verwundert es heute doch, dass der Künstler sich in seinem Werk nur auf männliche Künstler bezieht. Einer von diesen ist der US-amerikanische Künstler Christopher Wool, den er in seinem Bild „o.T.“ (1992) mit den knackigen Worten „COOL WOOL“ zitiert, und zwar dadurch, dass er dabei eben die sachlich-strenge Typo in schwarzer Farbe nutzt, die eigentlich das Markenzeichen von Christopher Wool ist.

Auch die politische Seite von Michel Majerus ist in der Ausstellung „Early Works“ zu entdecken, etwa in dem Gemälde „eins, zwei, drei“ (1992). Auf diesem ist ein schwarzes Hakenkreuz gemalt, das kommentiert ist mit den Worten „learning GERMAN is easy“. Was aber in der Ausstellung fehlt, sind die frühen Kooperationen, die Majerus im Kontext der Künstler:innen-Gruppe „3K-NH“ gemalt hat. Das ist schade, denn so wird wieder einmal im Kunstbetrieb ein Künstler als „genialer“ Einzelkämpfer verklärt.

Autor: Raimar Stange

  • Kunst-Werke (KW) Auguststr. 69, Mitte, Mi–Mo 11–19 Uhr, Do bis 21 Uhr, 8/ 6/ 4 €, bis 18 J., Do ab 18 Uhr + 1. So/ Monat frei, bis 15.3.2023

Mehr zum Thema

Wir behalten für euch den Überblick in der Kunst-Metropole: Unsere Ausstellungs-Tipps in Berlin sind handverlesen und immer aktuell. Die Stadt war ein Riesenspielplatz. Diese Ereignisse aus dem Berlin der 1990er-Jahre bleiben unvergessen. Mehr als 170 gibt es, die wichtigsten Museen in Berlin zeigen wir euch hier.

Tip Berlin - Support your local Stadtmagazin