Sehr langsam gleitet die Kamera über das zerlegte Lamm: das gehäutete Fleisch, die entbeinte Wirbelsäule, die Nieren. Auf weißem Grund liegen die Einzelteile. Das Lamm wird, in Nahaufnahme, zum Exponat, damit man besser über seine zentrale Rolle in Mounira Al Solhs großartiger Videoarbeit „Now Eat My Script“ nachdenken kann. Dieses Fleisch, so die zugehörige Story, wird von der Tante der Icherzählerin im Auto von Damaskus nach Beirut geschmuggelt. Mit einem Auto ist die Familie einmal vom Libanon nach Syrien geflohen. Flucht, Angst, Gewalt – wie kann man traumatische Erlebnisse erzählen? Al Solh, 1978 in Beirut geboren, findet auf diese Frage keine Antworten, aber eine wahrhaftige Darstellungsform. „I am hungry“ ist der letzte Satz. Das Skript als Nahrung.
Text: Stefanie Dörre
Bild: Mounira a Solh/ Sfeir-Semler Gallery, Beirut/Hamburg
Now Eat My Script, KW institute for contemporary art, Auguststraße 19, Mitte, Mi–Mo 12–19 Uhr, Do 12–21 Uhr, bis 15.2.2015