Während in London, New York und West-Berlin die Punkbands gegen Hörgewohnheiten und das Establishment anspielten, schwappte schon bald die Bewegung auch auf die andere Seite der Mauer. In Ost-Berlin bot oftmals die Kirche einen Freiraum für unangepasste Bands, die im SED-Staat keine Auftrittsmöglichkeiten bekamen geschweige denn Platten veröffentlichen konnten. Die Ausstellung „Punk in der Kirche. Ost-Berlin 1979-89“ im Humboldt Forum, im Rahmen der Dauerausstellung „Berlin Global“, erzählt die Geschichte der Punk-Subkultur zwischen Aufbegehren, Verfolgung und Beharren.
Die Punkszene in der DDR wird ausführlich beleuchtet
Mehrere Bücher haben in den letzten Jahren die Punkszene in der DDR ausführlich beleuchtet, darunter das kenntnisreiche „Magnetizdat DDR: Magnetbanduntergrund Ost 1979–1990“ in dem Wegbereiter, Bands und Enthusiasten des Punk zu Wort kommen und über die experimentellen Verästelungen in Post-Punk, New Wave, Elektronischer Musik und Avantgarde-Rock und -Pop sprechen. Dabei sind künstlerische Praktiken und ästhetische Brüche ebenso wichtig wie das soziale Umfeld. Denn im real existierenden Sozialismus musste sich die widerspenstige Jugendkultur unter anderen Vorzeichen entwickeln als im Westen.
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Eine besondere Rolle in dem Kontext spielten die Kirchen, schon in den 1970er-Jahren entstanden dort Freiräume für politisch Andersdenkende, Künstler und Aktivisten. Die Umweltbewegung fand dort ihre Heimstätte, und bei den „Bluesmessen“ traten Bands auf, die es in dem streng kontrollierten DDR-Musiksystem schwer hatten. Diesem Aspekt widmet sich nun die Ausstellung „Punk in der Kirche. Ost-Berlin 1979-89“ im Humboldt Forum.
In der Ausstellung werden die Besucher in einen fiktiven Kirchenraum hineingeführt, den die Punks vereinnahmen konnten. Die unangepassten Bands spielten hier Konzerte, man traf sich, redete, trank Bier, schmiedete Pläne und tauschte Informationen aus. Damals berüchtigte Songs, die in der Szene auf Kassetten kolportierte wurden, wie „Nazis wieder in Ost-Berlin“ von Namenlos oder „Wir wollen immer artig sein“ von Feeling B, werden in der Ausstellung wieder hörbar. Schnell wird klar, Ost-Berliner Punks waren ebenso rebellisch wie ihre Gleichgesinnten im Westen, aber ihre Existenz war stetig bedroht und ihr Überleben sicherten sie in Nischen. Auch daran erinnert „Punk in der Kirche. Ost-Berlin 1979-89“.
- Humboldt Forum (Stadtmuseum/Berlin Global) Schlossplatz 1, Mitte, Mo+Mi–So 10.30–18.30 Uhr, Tickets kosten 7 Euro, erm. 0 Euro, mehr Infos hier
- Eröffnung: 7. Juli ab 14 Uhr, mit Konzert der Band Planlos, Eintritt frei im Rahmen des Museumssonntags, mehr Infos hier
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