Das Atelier ist ein heiliger Raum. Immerhin entstehen hier, vor dem Auge der Öffentlichkeit geschützt, Werke, die später in Galerien thronen, oder für Millionen auf dem Kunstmarkt verkauft werden. Die Werkstatt selbst spielt bei der Entstehung oftmals eine Schlüsselrolle und ist spätestens seit dem 19. Jahrhundert ein Sinnbild der Kunst. Hier präsentieren wir entlang von 12 Bildern die Entwicklung der Ateliers in Berlin und erzählen ein Stück Stadt- und Kunstgeschichte. Von der Kaiserzeit bis in die Gegenwart führen wir zu den Orten, an denen einst Max Liebermann und Georg Grosz malten und wo heute Kunststars wie Eva & Adele oder Norbert Bisky arbeiten.
Berliner Künstler und ihre Ateliers: Max Liebermann
Das Atelier diente im 19. Jahrhundert als Ort der Repräsentation. Ein erfolgreicher Künstler richtete seine Werkstatt mit teuren Stoffen und edlen Möbeln aus, schließlich sollten die finanzkräftigen Sammler und Mäzene etwas zu sehen bekommen und sich im kunstbeflissenem Interieur wohl fühlen. Max Liebermann (1847-1935) gehörte zu den angesehensten Malern in der Reichshauptstadt. Das Gemälde seines Ateliers in dem er die Schönen, Reichen und Mächtigen der preußischen Gesellschaft empfing und porträtierte, entstand 1902. Von solchen Lichtverhältnissen können zeitgenössische Künstler oft nur träumen. Wer Berlin auf den Spuren von Max Liebermann erkunden will, liest hier weiter.
George Grosz
Georg Grosz betrat etwa ein halbes Jahrhundert nach Liebermann die Berliner Kunstbühne. Der 1893 als Georg Ehrenfried Groß in Berlin geborene Maler, Grafiker und Karikaturist wurde in den 1920er-Jahren mit satirischen und kritischen Werken bekannt. Heute zählt Grosz, der sich anfangs in dadaistischen Zirkeln bewegte, zu den Wegbereitern der Neuen Sachlichkeit. Als linker Verspotter der Weimarer Republik und unsteter Geist war er den Nazis naturgemäß ein Dorn im Auge. Grosz emigrierte im Januar 1933 in die USA und kehrte erst 1959 in seine Heimatstadt zurück, wo er wenige Monate nach seiner Ankunft verstarb. Das Foto aus den 1920er-Jahren zeigt ihn in seinem Berliner Atelier.
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Berliner Künstler und ihre Ateliers: Fritz Duda
Fritz Duda (1904-1991) kam in den 1920er-Jahren aus dem Ruhrpott nach Berlin, um sein Kunststudium an der Kunsthochschule in Charlottenburg abzuschließen. Er war Kommunist, pflegte während der Nazi-Zeit Kontakte mit linken Widerstandsgruppen und musste sich infolge eines Ausstellungsverbots als Zeichner in einem Architekturbüro verdingen. Nach dem Kriegsende wurde er Mitglied der SED und arbeitete am Aufbau der DDR mit, fiel aber auch bei den parteitreuen Genossen in Ungnade. Bis zu seinem Tod lebte und arbeitete Duda in der „Intelligenzsiedlung“ in Schönholz (Pankow).
Ursula Hanke-Förster
Sie war die Meisterschülerin der legendären Berliner Bildhauerin und Grafikerin Renée Sintenis. Ursula Hanke-Förster (1924-2013) schloss 1952 ihr Studium ab und begann ihre Laufbahn als freischaffende Künstlerin. 1962 ließ sie sich gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Maler und Grafiker Günter Hanke, ein Haus am Teltower Damm in vornehmen Zehlendorf bauen, in dem das Künstlerpaar lebte und arbeitete. Viele Werke Hanke-Försters sind bis heute in der Stadt zu sehen, darunter der „Fischer mit Netzen“ (1960) am Falkenseer Platz in Spandau oder die Skulptur „Vögel“, an der sie hier arbeitet, in der Cité Foch in Wittenau.
Michael Diller
In den maroden Altbauten in Prenzlauer Berg der 1980er-Jahre siedelten sich viele Künstler an, so auch der gelernte Schiffbauer Michael Diller, der sich dort eine Werkstatt für Radierungen und Lithografien eingerichtet hat. Um 1987 begann er, inspiriert vom abstrakten Impressionismus, auch mit der Malerei. Millers Werke wurden vielfach ausgestellt und befinden sich heute unter anderem in der Sammlung des Kupferstichkabinetts. 1995 verabschiedete die Galerie Berlin den Künstler, der mit nur 43 Jahren im Februar 1993 bei einem Autounfall tragisch verunglückte.
Berliner Künstler und ihre Ateliers: Johannes Heisig
Der 1953 geborene Maler, Zeichner und Grafiker war lange mit seiner Geburtsstadt Leipzig verbunden, die vor allem auch sein Vater, der Maler Bernhard Heisig, als Vertreter der „Leipziger Schule“ prägte. Dann wurde Johannes Heisig Professor und Rektor der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Mitte der 1990er-Jahre zog es ihn jedoch nach Berlin, wo er ein Atelier bezog, in dem das Foto entstand.
Magnus Plessen
Seine Karriere begann der gebürtige Hamburger als Kameramann und Fotograf, um 2000 herum zog er nach Berlin und widmete sich fortan der Malerei. Das Foto des geräumigen Lofts, in dem Plessen damals arbeitete, entstand in seiner Berliner Anfangszeit. Es folgte eine internationale Karriere mit Ausstellungen im PS1 in New York, dem Centre Pompidou in Paris und weiteren renommierten Institutionen auf der ganzen Welt.
Elvira Bach
Berlin war lange Zeit ein Traum für Künstler und Künstlerinnen, zwar gab es noch bis in die 1990er-Jahre wenige Sammler und Galeristen in der Stadt, aber es gab etwas anderes: Freiraum. Auch die Malerin Elvira Bach, die neben Kollegen wie Rainer Fetting, Salomé und Helmut Middendorf, als „Junge Wilde“ West-Berlin aufmischte, hatte reichlich Platz für ihre Arbeit. Heute sind die Sammler und Galeristen da, dafür sind große Ateliers kaum bezahlbar, und auch die Zahl der in Berlin lebenden Künstler ist kontinuierlich gestiegen.
Philip Grözinger
1972 in Braunschweig geboren, zog es den Maler Philip Grözinger nach Berlin, wo er heute als freischaffender Künstler und Lehrer an der Kunsthochschule Weißensee lebt. Das Foto entstand 2009 in seinem Atelier. Längst wirken heutige Ateliers mit dem Charme des Minimalismus, wie industrielle Produktionsstätten und haben sich vom Luxus und Plüsch vergangener Epochen verabschiedet.
Yadegar Asisi
Der Architekt und Künstler Yadegar Asisi hat im Ehrenhof des Pergamonmuseums eine mächtige Stahlrotunde aufstellen lassen, in deren Innenrund sich auf 103 mal 24 Meter Stoffbahn ein Wimmelbild ergießt. Mit „Pergamon. Panorama der antiken Metropole“ begründete der 1955 in Wien geborene Sohn persischer Eltern seinen Ruhm. Ein weiteres Panorama von Asisi ist heute am Checkpoint Charlie zu sehen. Es zeigt die neuere Geschichte der geteilten Stadt.
Eva & Adele
Wer regelmäßig Vernissagen besucht, ist garantiert schon mal dem exzentrischen Künstlerpaar Eva & Adele begegnet. Das Duo lebt in einer Art Dauerperformance und ist durch auffällige Kleidung, schrille Accessoires und die spiegelglatten Glatzköpfe kaum zu übersehen. Daneben arbeiten Eva & Adele auch an „materieller“ Kunst und erschaffen Gemälde, Fotografien, Videofilme und Skulpturen in ihrem Berliner Atelier.
Norbert Bisky
Er tauschte sein Atelier mit einem israelischen Künstler und arbeitete für eine Zeit in Tel Aviv, stellte im Berghain aus und konzipierte 2019 eine Ausstellung zum Mauerfall. Norbert Bisky gehört zu den bedeutendsten deutschen Malern seiner Generation. Die Aufnahme in seinem gewaltigen Berliner Atelier entstand Mitte der 2010er-Jahre.
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