Literatur Kommentar

Dichter auf offener Straße

Man stellt sich ja Literaten gern als latent lichtscheue Wesen vor, die spätabends im funzeligen Schreibtischlampenlicht in ihrer Kemenate kauern und ihrem genialen Geist in aller Mühseligkeit rares Wortgold abringen. Und die nur raus an die frische Luft gehen, um offene Rechnungen nicht zu begleichen. Einmal anschreiben, bitte. Und mein nächstes Buch, das haut uns alle raus. Jetzt muss ich aber zurück an den Schreibtisch, leider, leider.

Erik Heier

Aber jetzt! Die Literaten sind los! Auf offener Straße. Sie sind nicht gekommen, um zu schreiben. Was diese Fridays-for-Future-Kids können, können Schriftsteller*innen nämlich schon lange. Sie tun es nur nicht so oft. Bisher. Aber wenn dieser tip erscheint, haben wir ja alle gerade irgendwie den 1. Mai, den Tag der Arbeit, hinter uns gebracht, hoffentlich hat es nicht zu weh getan. Am Donnerstag darauf erwartet uns dann der Tag der Arbeitslosen. Heraus zum 2. Mai! Wir haben Zeit! Aber sowas von! Um 13 Uhr starten am Senefelderplatz in Prenzlauer Berg viele verdiente Kräfte der literarischen Lesebühnen, darunter Jakob Hein, Falko Henning, Spider, Tube, aber auch Musiker wie Jan von Im Ich von Ostberlin Androgyn oder The Incredible Herrengedeck. 

Genau eine Woche später, am 9. Mai, marodieren dann schon wieder Literaten lustig durch die Straßen. Um 18 Uhr eskaliert in Kreuzberg am Spreewaldplatz die erste Berliner Read Parade, eine Demonstration für mehr Literatur im öffentlichen Raum u.a. mit DJane Afagh Irandoost, David Wagner, Jan Böttcher, Simon Strauß und Reyhan Sahin aka Dr. Bitch Ray. Die Parade ist Teil der wunderbaren Aktion #verlagebesuchen vom 3. bis 12. Mai, und eine der Besuchsadressen ist der die Parade unterstützende Tropen Verlag, der hinterher ab 20 Uhr seine neue Berliner Dependance in der Köpenicker Straße feiert. 

Und wenn dabei etwas fliegt, dann höchstens Bücher. Und beste Worte. 

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