Buchempfehlungen

Diese 16 Bücher bringen euch in ferne Länder

Grenzen dicht, Flüge gestrichen. Wir können nicht mehr in ferne Länder reisen. Können wir nicht? Von wegen. Lesen ist der neue Urlaub. Wir stellen 16 Bücher vor, die uns in ferne Länder bringen

Unsere Autorin Claudia Wahjudi hat für euch 16 Bücher herausgesucht, die euch von fernen Ländern träumen lassen. Foto: Unsplash/Blaz Photo
Redakteurin Claudia Wahjudi hat 16 Bücher herausgesucht, die euch von fernen Ländern träumen lassen. Foto: Unsplash/Blaz Photo

Olja Savicevic: Sänger in der Nacht

Reiseroman aus Kroatien – Mit ihrem zweiten Roman, der auf Deutsch erschienen ist, führt Olja Savicevic durch ein Kroatien, das im Frieden nach 1995 allmählich aufgeblüht ist. Die Häuser sind schmuck, neue Straßen angelegt, wer es sich leisten kann, ist in wohlhabende Vororte gezogen.

Pomela hat beim Fernsehen Karriere gemacht. Jetzt will sie das Boot verkaufen, das ihr noch gemeinsam mit ihrem Ex-Mann Fink gehört. Doch der ist verschwunden. Auf der Suche nach ihm brettert Pomela in ihrem Cabrio von der Küste bei Split bis hinauf in die Berge in der Grenzregion zu Bosnien, wo der Krieg noch immer präsent ist. Und hier oben beginnt sie zu ahnen, wo sie Fink suchen muss.

  • Olja Savicevic: Sänger in der Nacht. Roman. Aus dem Kroat. von Blazena Radas. Voland & Quist, Dresden und Leipzig 2018, 192 S., geb. 20 Euro
Das gefeierte Buch des Dichters Ocean Vuong ist sprachlich eine Wucht. Mit ihrem zweiten Roman führt Olja Savicevic durch ein Kroatien, das im Frieden nach 1995 allmählich aufgeblüht ist. Fotos: Hanser | Voland & Quist
Das gefeierte Buch des Dichters Ocean Vuong ist sprachlich eine Wucht. Mit ihrem zweiten Roman führt Olja Savicevic durch ein Kroatien, das im Frieden nach 1995 allmählich aufgeblüht ist. Fotos: Hanser | Voland & Quist

Ocean Vuong: Auf Erden sind wir kurz grandios

Coming-of-Age-Roman aus den USA – Das gefeierte Buch des Dichters Ocean Vuong ist sprachlich eine Wucht, vor allem im Original. Der knapp 30-jährige Little Dog erinnert sich an die Geschichte seiner Familie, die vor den Spätfolgen des Vietnamkriegs in die USA floh. Und lässt uns daran teilhaben, wie sich trotz der Traumata der Familie Liebe wachhalten lässt, wie ein junger Mensch nicht verbittert, wenn sein erster Freund wegen des amerikanischen Gesundheitswesens sein Leben lassen muss. Das Ganze hat Vuong geschrieben wie einen langen Brief von Little Dog an seine Mutter,  die Analphabetin ist. Fantastisch.

  • Ocean Vuong: Auf Erden sind wir kurz grandios. Aus dem Engl. von A-K. Mittag, Hanser, München 2019, 240 S., geb. 22, E-Book 16,99

Jorge Zepeda Patterson: Milena

Thriller aus Mexiko – Ein packendes Buch aus Mexiko macht transparent, wie internationale Korruption funktioniert. Jorge Zepeda Pattersons bereits verfilmter Thriller „Milena oder der schönste Oberschenkelknochen der Welt“ dreht sich um Menschenhandel, illegale Geschäfte der Finanzwelt und um Milena, eine Prostituierte aus Kroatien. Eine Mafia-Organisation in Mexiko hält sie gefangen, weil sie Dossiers über ihre mächtigen Kunden angelegt hat.

Die Frauenrechtlerin Amelia, der Journalist Tomás und der Sicherheitsexperte Jaime, Freunde seit Schultagen, wollen sie befreien, drohen jedoch, in dem Netz global agierender Verbrecher Überblick und Leben zu verlieren. Patterson, selbst Journalist, nutzt für sein Buch Recherchen über Menschenhandel: Das macht den Roman schrecklich, aber auch so spannend, dass sich die eine oder andere überflüssige Pointe getrost überlesen lässt.

  • Jorge Zepeda Patterson: Milena oder der schönste Oberschenkelknochen der Welt. Aus dem Span. von Nadine Mutz. Elster Verlag, Zürich 2019, geb. 528 S., 24 Euro

Kenzaburo Oe: Der nasse Tod

Roman aus Japan – Der Roman des 1935 geborenen Literatur-Nobelpreisträgers zeigt Japan at its best: Mehr Meditation als Roman, kreisen die Erinnerungen der Hauptfigur Kogito Choko um den Vater, der in einem Sturm mit seinem Boot sank. Der Schriftsteller Choko, Alter Ego des Autors, liest Dokumente aus dem Nachlass seiner Eltern und wohnt einem Theater-Workshop bei, der eines seiner Stücke probt. Gedanken zu Japan in der Nachkriegszeit, Vater-Sohn-Beziehungen und Literatur münden in einen langen, ruhigen Fluss der Worte.    

  • Kenzaburo Oe: Der nasse Tod. Roman über meinen Vater. Aus dem Japan. von Nora Bierich. S. Fischer, Frankfurt/ Main 2019, 430 S., geb. 25  Euro, E-Book 22,99 Euro
"Der nasse Tod" ist der neueste Roman des japanischen Literatur-Nobelpreisträgers Kenzaburo Oe. Yangsze Choos „Nachttiger“ führt in das Britisch-Malaya der 1930er-Jahre. Fotos: S. Fischer | Wunderraum
„Der nasse Tod“ ist der neueste Roman des japanischen Literatur-Nobelpreisträgers Kenzaburo Oe. Yangsze Choos „Nachttiger“ führt in das Britisch-Malaya der 1930er-Jahre. Fotos: S. Fischer | Wunderraum

Yangsze Choo: Nachttiger

Historischer Roman aus Malaysia – Yangsze Choos „Nachttiger“ führt in das Britisch-Malaya der 1930er-Jahre, in Städte mit prächtigen Bahnhöfen und Dörfer am Dschungelrand. Malayen müssen Kautschuk zapfen, Briten bauen Bahnhöfe und Krankenhäuser. Und Chinesen stehen bei den Kolonialherren im Dienst. In ihren Kreisen glaubt man, dass Tote vollständig bestattet werden müssen, wenn ihre Seelen Ruhe finden sollen.

Deshalb macht sich die junge Städterin Ji Lin auf den Weg: Ein abgetrennter Finger, konserviert in einem Schraubglas, ist in ihren Besitz gelangt. Ji Lin fühlt sich verpflichtet, den Menschen zu finden, zu dem der Finger gehört. Auf dem Land dagegen bricht der elfjährige Ren auf, der den verloren gegangenen Finger seines Dienstherrn suchen soll. Mit vielen überraschenden Wendungen lässt Yangsze Choo diese doppelte Reise zu einer spannenden Irrfahrt werden.

Ji Lin muss sich mit Verboten herumschlagen, die jungen Frauen das Leben erschweren, Ren mit Vorurteilen gegenüber der Landbevölkerung. Die Szenen, in denen sich die naturwissenschaftliche geprägte Weltsicht der Briten mit der mystischen des alten Malaysia verbindet, zählen zu den stärksten des Romans. Choo erweist beiden ihren Respekt.

  • Yangsze Choo: Nachttiger. Aus dem Englischen von Heike Reissig und Stefanie Schäfer. Wunderraum, München 2019, 573 S., geb. 22 Euro, E-Book 14,99 Euro

Dag Solstad: T. Singer

Roman aus Norwegen – T. Singer, Antiheld in Solstads schlicht „T. Singer“ genanntem Roman, weiß nicht, wohin mit sich. Er wird Bibliothekar in einem norwegischen  Industriestädtchen, heiratet, bekommt ein Kind, die Ehe kriselt, nichts Besonderes also. Und er will auch nichts Besonderes sein. Von diesem Wunsch erzählt Solstad so präzise, dass Singers Schweigen, Lächeln, Ausweichen fasziniert. Nebenbei lässt sich erfahren, wie in Norwegen der Umbau der Industrie- in Kulturlandschaften vor sich geht.

  • Dag Solstad: T. Singer. Roman. Aus dem Norweg. von Ina Kronenberger. Dörlemann Verlag, Zürich 2019, 208 S., geb. 22 Euro, E-Book 18,99

Fernando Aramburu: Patria

Politischer Roman aus Spanien – Fernando Aramburu schildert, was der Terror von ETA und politischen Hardlinern in seiner Heimat, dem spanischen Baskenland mit sich brachten: Blutfehden, mafiöse Verhältnisse, zerstörte Familien und über Generationen weiter gereichte Verbitterung. Aramburu beherrscht die Kunst, die Folgen eines Attentats glaubhaft aus fünf verschiedenen Perspektiven darzustellen. So gibt er berührende Einblicke in den Alltag einer zerrütteten Region, aber auch Hoffnung, wie sich die Gräben überbrücken lassen.

  • Fernando Aramburu: Patria. Roman. Aus dem Span. von Willi Zurbrüggen. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2018, 761 S., geb. 25 Euro, TB-Ausgabe 2019 14 Euro, E-Book 11,99 Euro
Fernando Aramburu schildert, was der Terror von ETA und politischen Hardlinern in seiner Heimat, dem spanischen Baskenland mit sich brachte. Hédi Kaddour betrachtet die historischen Verhältnisse in Nordafrika in den 1920er-Jahren. Fotos: Rowohlt | Aufbau
Fernando Aramburu schildert, was der Terror von ETA und politischen Hardlinern in seiner Heimat, dem spanischen Baskenland mit sich brachte. Hédi Kaddour betrachtet die historischen Verhältnisse in Nordafrika in den 1920er-Jahren. Fotos: Rowohlt | Aufbau

Hédi Kaddour: Die Großmächtigen

Historischer Roman aus Nordafrika – Das Städtchen Nahbès gibt es zwar nicht, ebenso wenig das französische Protektorat in Nordafrika, über das „Die Großmächtigen“ herrschen, doch die Geschichte könnte sich genauso zugetragen haben. In Hédi Kaddours Nahbès der 1920er-Jahre gibt es einen französischen und einen arabischen Teil, um das Land jenseits der Stadtmauern kabbeln sich einheimische und zugezogene Grundbesitzer.

So könnte es noch eine Weile weitergehen, käme nicht ein Filmteam aus Hollywood, um hier einen Schmachtstreifen zu drehen, und würde es mit seiner unverschämt lockeren Lebensart nicht die unterdrückte Unruhe im Städtchen entfachen. Die Schauspielerin Kathryn beginnt eine Affäre mit dem begüterten Raouf, der Kolonialist Ganthier bewundert die emanzipierte Pariser Journalistin Gabrielle.

Beide Paare halten die üppige Handlung zusammen. Im Zentrum steht ihre gemeinsame Europareise von Paris über das Elsass und Duisburg bis Berlin, auf der sie die Folgen des Ersten Weltkriegs und den Aufstieg der Nationalsozialisten erleben. Und wie Hédi Kaddour mit ihren Augen europäische Geschichte aus vier Perspektiven erfahrbar macht, das ist einfach großartig. 

  • Hédi Kaddour: Die Großmächtigen. Roman. Aus dem Französischen von Grete Osterwald. Aufbau, Berlin 2017, 477 S., geb. 24 Euro, E-Book 9,99 Euro

Bergsveinn Birgisson: Quell des Lebens

Historischer Roman aus Island – Wind, Wetter und Wasser geben in Bergsveinn Birgissons neuem Roman Tempo und Ton an. „Quell des Lebens“ führt in den kalten, regnerischen Norden Islands, am Vorabend der Französischen Revolution: Island ist dänische Kolonie, Armut und Hunger herrschen, erst recht, nachdem 1783/84 die Laki-Krater ausgebrochen sind. Statt zu helfen, will Dänemark die Einwohner zwangsevakuieren lassen.

Magnus Egede soll die Kolonialmacht dabei unterstützen: Der junge Wissenschaftler aus Kopenhagen will die Nordküste neu vermessen. Auf dem Weg dorthin begegnet er den geistergläubigen Einheimischen, aber auch Tieren und Pflanzen mit der Arroganz des Rationalisten vom Kontinent. Erst ein lebensgefährlicher Kampf zwingt ihn, die örtlichen Gebräuche zu tolerieren: Einquartiert auf einem Einödhof, muss er sich mit Pflanzensalben pflegen lassen, von einer Frau, die ihr Leben für seines riskiert. Im Widerstreit von Egedes erlernter Vernunft und seinem Wundfieber spielt Birgisson meisterhaft Licht und Schatten der Aufklärung durch.

  • Bergsveinn Birgisson. Quell des Lebens. Aus dem Isländischen von Eleonore Gudmundsson. Residenz Verlag Salzburg/Wien 2020, 304 S., geb. 24 Euro, E-Book 16,99

Annie Ernaux: Eine Frau

Essay aus Frankreich – Mit dem Tod ihrer Mutter beginnt das neu aufgelegte Bändchen der französischen Autorin Annie Ernaux, die auch in Deutschland  kürzlich für ihre autobiografische Selbstreflexion „Die Jahre“ gefeiert worden ist. Mit „Eine Frau“ nähert sie sich der Generation zuvor, die mit Bescheidenheit, Selbstdisziplin und einer gewissen Freudlosigkeit den Alltag im Frankreich der Nachkriegsjahre gestaltete. Bereits dieser Band, erstmals 1987 erschienen, kommt mit so wenigen, so genau treffenden Worten aus, dass er sogar mit eingerostetem Schulfranzösisch im Original zu bewältigen ist.

  • Annie Ernaux: Eine Frau. Aus dem Franz. von Sonja Finck. Suhrkamp Berlin 2019, 88 S. geb. 18 Euro, auch als E-Book

Carlo Bonini: ACAB. All Cops Are Bastards

Thriller aus Italien – Harte Fakten zeichnen Carlo Boninis Thriller aus. Der italienische Investigativ-Journalist schildert Verflechtungen von Ultras, Polizei, Politik und Mafia zwischen Rom und Neapel. Eher Milieustudie als Thriller, glänzt „ACAB“ mit drastisch ausgemalten Szenen. Sie veranschaulichen, wie soziale und politische Unsicherheiten Männerfantasien von Macht und Gewalt fördern – und warum die Lust am Zuschlagen letztlich Clanbossen nutzt. Eine perfekte Ergänzung zu Elena Ferrantes Neapel-Saga und Roberto Savianos Büchern über die Mafia.

  • Carlo Bonini: ACAB. All Cops Are Bastards. Aus dem Ital. von Karin Fleischanderl. Folio Verlag Wien, Bozen 2019, TB 224 S., 18 Euro
Harte Fakten zeichnen Carlo Boninis Thriller aus. Bernadrine Evaristo schildert in ihrem großen Episodenroman das Leben schwarzer Britinnen über mehrere Generationen. Fotos: Folio Verlag Wien | Penguin
Harte Fakten zeichnen Carlo Boninis Thriller aus. Bernadrine Evaristo schildert in ihrem großen Episodenroman das Leben schwarzer Britinnen über mehrere Generationen. Fotos: Folio Verlag Wien | Penguin

Bernadrine Evaristo: Girl, Woman, Other

Black Writing aus Großbritannien – Den Booker Prize 2019 teilt sich Bernardine Evaristo mit der großen Margret Atwood, und das völlig zu Recht: Die anglo-nigerianische Autorin aus London schildert in ihrem großen Episodenroman das Leben schwarzer Britinnen über mehrere Generationen.

Von der Premiere an einem großen Theater im heutigen London geht es in die Karibik, die USA und nach Afrika, zu Dienstbotinnen, Bäuerinnen, Nachfahren von Sklaven, und wieder zurück in die schwarzen Communitys von Großbritannien. Mit den Perspektiven und Zeiten wechselt Evaristo elegant Stil und Sprache. Und vielleicht ist es ein Glück, dass das Buch immer noch nicht auf Deutsch vorliegt: Im Original lässt sich die ganze Musikalität der englischen Sprache erfahren, die Evaristo zum Klingen bringt.

  • Bernadrine Evaristo: Girl, Woman, Other. Novel. Hamish Hamilton / Penguin, London 2019, 464 S., geb.  ca 15 Euro . Kindle 8,49 Euro

Dmitry Clukhovsky: Text

Internet-Roman aus Russland – Nach sieben Jahren Straflager entlassen, ist Ilja erneut auf der Flucht: Er hat den Mann erstochen, der ihn ins Gefängnis brachte. Quer durch Moskau geht es in Dmitry Glukhovskys Thriller-ähnlichem Roman „Text“, zu Fuß und tief in der Metro, wo Ilja vor der Ortung durch seine Verfolger sicher ist. Glukhovsky skizziert in seinem packenden Buch nicht nur eine brutale Gesellschaft, in der postkommunistische Seilschaften und schmierige Jungunternehmer den Takt angeben, sondern fördert auch beklemmend poetische Qualitäten digitaler Kommunikation zu Tage: Ilja versucht, seine Verfolger mit Botschaften und falschen Identitäten im Netz auszutricksen.

  • Dmitry Clukhovsky: Text. Roman. Aus dem Russischen von Franziska Zwerg. Europa-Verlag 2018, 368 S., geb. 19,90 Euro

Gerry Disher: Leiser Tod

Krimi aus Australien – Grace arbeitet als Einbrecherin, und das so meisterhaft, dass es eine Freude ist, sie auf ihren Beutezügen durch die besseren Vororte südaustralischer Städte zu begleiten. Und es zeugt von Gerry Dishers Kunst, dass er seine Leser einerseits für Grace bangen lässt – und andererseits dafür, dass der Arm des Gesetzes durchgreifen möge, schon allein, um Grace zu schützen. Denn in „Leiser Tod“ müssen Kommissar Hal Challis und Kriminalbeamtin Pam Murphy zunächst ermitteln, wer in der Region Frauen überfällt.

Der Altmeister des australischen Krimis zeigt in „Leiser Tod“, wie sich hohe Spannung mit sanften Tönen erzeugen lässt. Es reicht eine Befragung von Tür zu Tür, um in die Abgründe einer Gesellschaft zu sehen: Grace, Challis und Murphy sind nach der Finanzkrise von 2008 unterwegs. Diejenigen, die jetzt noch etwas zu verlieren haben, wollen ihren Reichtum mit allen Mitteln verteidigen. Erst recht, wenn sie ihn illegal erworben haben.

  • Gerry Disher: Leiser Tod. Aus dem Engl. von Peter Torberg, Unionsverlag Zürich, 2. Auflage 2018, geb. 347 S., 22 E, TB 13,95 Euro, E-Book 9,99 Euro

Arnoldo Gálvez Suárez: Die Rache der Mercedes Lima

Familienthriller aus Guatemala – Alberto Rodríguez sucht nach den Mördern seines Vaters. Zum letzten Mal gesehen hatte er ihn, als er kleiner Junge war, vor rund 25 Jahren, als der Vater erst blutüberströmt nach Hause kam und tags darauf erschossen wurde. Arnoldo Gálvez Suárez, den man in Berlin vom Internationalen Literaturfest kennt,  nutzt den Plot für eine spannende Kombination aus Kriminal- und Familienroman.

Der Leser merkt rasch, wie dringlich Albertos Suche ist: Ohne sich seinem Trauma zu stellen, wird der junge Fotograf weder im Beruf noch in der Liebe weiterkommen. Albertos Suche nach der Wahrheit aber bietet Suárez viele Gelegenheiten, atmosphärisch dicht jenes Klima von Schuld ohne Sühne, von Angst und Verdrängung in Szene zu setzen, das in Guatemala auch noch über 20 Jahre nach dem offiziellen Ende des Bürgerkriegs  herrscht.

  • Arnoldo Gálvez Suárez: Die Rache der Mercedes Lima. Weltlese Band 19, hg. Von Ilija Trojanow. Aus dem guatemaltekischen Spanisch von Lutz Kliche. Edition Büchergilde, 336 Seiten, geb. 25 Euro

Christina Viragh: Eine dieser Nächte

Internationaler Reiseroman – Von einem einzigen Flug zwischen Thailand und der Schweiz handelt Christina Viraghs Buch, von zähen Stunden im Dämmerlicht, unterbrochen nur von Turbulenzen, Getränken und von Bill, einem Amerikaner, der seine Mitreisendenden mit Geschichten aus seinem Leben nervt.

Die Schweizer Schriftstellerin macht es Lesenden nicht leicht, ihre Figuren zu mögen: Sie sind vor allem mit sich und ihren Luxusproblemen beschäftigt, egal, welches ferne Land sie gerade gesehen haben. Man wünscht sie zwischenzeitlich alle zum Mond.

Doch Viragh thematisiert etwas Wichtiges: die Zumutung, die die Stimmen anderer darstellen können. Lang vorbei sind die Zeiten, in denen sich Zwangsgemeinschaften die Zeit mit Erzählen vertrieben wie einst in Giovanni Boccaccios Geschichtensammlung „Decamerone“ aus der Zeit der großen Pest. Heute sind wir froh, wenn wir unsere Ruhe haben.

  • Christina Viragh: Eine dieser Nächte. Roman. Dörlemann Verlag, Zürich 2018, 496 S., geb. 28 Euro, E-Book 20,99

Ebenfalls gut für die Feiertage: Berlin in Büchern

Wir haben 100 Berlin-Romane aufgelistet, die man gelesen haben sollte. Im ersten Teil stellen wir die Klassiker vor, die zwischen 1923 und 1965 geschrieben wurden – von Joseph Roths „Das Spinnennetz“ bis zu „Jeder stirbt für sich allein“ von Hans Fallada. Der zweite Teil reicht bis zur Wende und zeugt von den unterschiedlichen Entwicklungen von Ost und West.

Im dritten Teil blicken wir auf die Jahre 1990 bis 2009. Mit Ian McEwan, Alain Robbe-Grillet, Robert Harris und Cees Nooteboom setzen sich international bedeutende Autoren mit Berlin auseinander. In Büchern von Thomas Brussig, Adolf Endler und Wladimir Kaminer wird das Erbe der DDR verhandelt. Der finale Teil zeigt euch die wichtigsten Bücher der vergangenen Jahre.

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