Mit dem besten Empfehlungen aus dem Literaturressort: Diese Bücher könnt ihr guten Gewissens verschenken. Die tipBerlin-Kritiker empfehlen ihre Lieblingsbücher und Entdeckungen des Jahres – und Bücher, die klüger machen. Geschenke für Weihnachten, die unbedingt auch Lockdown-kompatibel sind: von Jonathan Coe über Deniz Ohde bis Olivia Wenzel.
Bücher für Weihnachten: Das empfiehlt Erik Heier
Ein Lieblingsbuch: „Middle England“ von Jonathan Coe
Anfang des Jahres erschien dieser fesselnde Brexit-Roman auf Deutsch. Und jetzt, wo die Briten unter Boris Johnson in der Coronakrise dem Brexit-Vollzug entgegentaumeln, hilft der Roman, dieses Land ein wenig besser zu verstehen. Soweit das noch möglich ist.
- Folio Verlag, 480 S., 25 €
Ein Buch, das klüger macht: „Die Tsantsa-Memoiren“ von Jan Koneffke
Ein Schrumpfkopf, und wie er 200 Jahre Europa sieht: In Koneffkes überbordendem Roman erwacht eine faustgroße Tsantsa zum Leben. Kolonialhistorie als Ritt durch Jahre und Länder – mit einem der seltsamsten Protagonisten ever.
- Galiani Verlag, 560 S., 24 €
Eine Entdeckung: „Ich bin ein Laster“ von Michelle Winters
In diesem dünnen Debüt wird ein Mann von einem Laster erfasst, sucht seine Frau erst ihn und dann sich selbst, wird ein Autoverkäufer wunderlich, rotiert ein Truck in weiblicher Selbstbefreiung übers Eis. Dabei läuft Bruce Springsteen.
- Wagenbach SALTO, 144 S., 18 €
Comics und Graphic Novels verschenken: Tipps von Jacek Slaski
Ein Lieblingsbuch: „Herzl – Eine europäische Geschichte“ von de Toledo/Pavlenko
Die bewegende Biografie des legendären Vaters der zionistischen Idee, Theodor Herzl, wird in der Graphic Novel „Herzl“ aus der Perspektive des jüdischen Migranten Ilya Brodsky erzählt, der von der Vision hin und hergerissen ist.
- Suhrkamp, 325 S., 25 €
Eine Entdeckung: „XES“ von Florian Winter
In grauen, stark reduzierten Bildern, in denen die Farbe Rot als alarmierende Metapher für seine Sexsucht fungiert, berichtet der Berliner Zeichner Florian Winter von seiner quälenden Begierde nach Pornos und Prostitution.
- Avant Verlag, 360 S., 25 €
Ein Buch, das klüger macht: „Die Bombe – 75 Jahre Hiroshima“ von Alcante/Bollée/Rodier
1945 detonierten zwei Atombomben über Japan. In der
Graphic Novel „Die Bombe“ wird
75 Jahre später die Geschichte der tödlichsten aller Waffen in politischer, wissenschaftlicher und kultureller Hinsicht verhandelt.
- Carlsen, 450 S., 42 €
Büchertipps von Claudia Wahjudi
Ein Lieblingsbuch: „Streulicht“ von Deniz Ohde
Ohde schildert in ihrem Debüt eine Kindheit mit türkischer Mutter und alkoholkrankem deutschen Vater in einer Industriestadt am Main. Der Weg ins Bürgertum wird für die Tochter schwerer als gedacht. Packend verdichtete autobiografische Fiktion.
- Suhrkamp, 284 S., 22 €
Eine Entdeckung: „Quell des Lebens“ von Bergsveinn Birgisson
Ein Reiseroman über Island, als es dänische Kolonie war: Magnús Egede, Geograf aus Kopenhagen, will den Norden neu vermessen, geht dafür über Leichen und verkörpert so unter all den Geistergläubigen Isländern Licht und Schatten der Aufklärung.
- Residenz, 301 S., 24 €
Ein Buch, das klüger macht: „Palast der Miserablen“ von Abbas Khider
Eine Kindheit in der Diktatur: Abbas Khider, seit zehn Jahren in Deutschland, macht in seinem Roman den Alltag unter Saddam Hussein anschaulich, auf dem Land und im Bagdader Elendsviertel – und den Brain Drain durch Flucht.
- Hanser, 318 S., 23 €
Büchertipps von Lutz Göllner
Ein Lieblingsbuch: „Real Tiger“ von Mick Herron
Eine Geheimagentenabteilung voller Versager, ein Chef, der immer kurz vor der Implosion steht, ein komplett bekloppter Innenminister, der Premierminister anstelle des Premiers werden will. Wie kann man diese Romanserie nicht lieben?
- Diogenes, 480 S., 18 €
Eine Entdeckung: „Aus dem EC-Archiv“ von Wally Wood
Wally Wood galt unter den Comic-Zeichnern seiner Zeit als „Meister ohne Meisterwerk“. Die komplette Ausgabe seiner SciFi-Erzählungen zeigt, dass dies nur bedingt richtig ist. Schöner kann man Nostalgie nicht feiern.
- All Verlag, 3 Bde., je 160 S., 29,80 €
Ein Buch, das klüger macht: „Generation Beleidigt“ von Caroline Fourest
Die Feministin Fourest zeichnet ein düsteres Bild der identitären Linken, das „von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei“ führt. Leider sehr auf Frankreich bezogen, aber auch hier gibt es ja Spinner, die „Charlie Hebdo“ für rassistisch halten.
- Edition Tiamat, 200 S., 18 €
Büchertipps von Thomas Hummitzsch
Ein Lieblingsbuch: „1000 Serpentinen Angst“ von Olivia Wenzel
Olivia Wenzels Alter Ego ist weiblich, schwarz, queer und ostdeutsch. Zu Boden gedrückt von Blicken, Markierungen, Aggressionen und Verlusten, kämpft sie um ihre Fähigkeit zu fühlen und lieben. Es lohnt sich.
- S. Fischer Verlag, 352 S., 21 €
Eine Entdeckung: „Schlachthof und Ordnung“ von Christoph Höthker
Alle träumen von Marazepam, weil die Pille das Ende aller Ängste und den dauerhaften Rausch verspricht. Eine beißende SciFi-Satire auf die überdrehte Gesellschaft, verwinkelt wie die Netflix-Serie „Dark“.
- Weissbooks, 409 S., 24 €
Ein Buch, das klüger macht: „Konformistische Rebellen“ von Andreas Stahl / Katrin Henkelmann / Christian Jäckel / Niklas Wünsch / Benedikt Zopes (Hg.)
Der autoritäre Charakter ist zurück. Dieser Band erklärt mithilfe der kritischen Theorie, warum besorgte Bürger und Corona-Leugner mit offensichtlichem Schwachsinn ihren Hass füttern und was man dagegen tun kann.
- Verbrecher Verlag, 424 S., 24 €
Mehr Geschenktipps aus und um Berlin:
Eine Zugabe für die Wehmut: Als wir noch tanzten, einander festhielten, uns umarmten. Zum 100. Geburtstag von Clärchens Ballhaus hat Marion Kiesow einen Blick hinter die Kulissen von Berlins berühmtester Schwof-Adresse geworfen. Mit vielen einzigartigen Fotografien, Fundstücken und Anekdoten. Die Kulturgeschichte ist zu Weihnachten ein schönes Geschenk für Berlin-Kenner und Bücher-Liebhaber.
- „Berlin tanzt in Clärchens Ballhaus: 100 Jahre Vergnügen – eine Kulturgeschichte“ von Marion Kiesow, Nicolai Verlag 2013, 416 S., 33 €
- Exklusiv erhältlich in der Tucholsky-Buchhandlung in Berlin-Mitte.
Dass ihr die Bücher am besten beim Buchladen um die Ecke und nicht von diesem Internet-Dings von über den sieben Bergen kaufen solltest, versteht sich ja von selbst. Hier haben wir euch 12 tolle Buchläden zusammengestellt.
Das Bücherregal ist voll, ihr verschenkt lieber Genuss? 12 Geschenkideen aus Berlin: Naschereien, Schnaps und Delikatessen. Und solltet ihr eher auf Präsente wie Aufkleber-Blöcke für Falschparker abfahren, dann schaut doch mal hier nach, was Berlin für schräge und witzige Geschenke bietet. Ihr seht gut aus, aber es geht noch besser? Neue Outfits, edles Geschmeide und feine Accessoires als Geschenke schlagen wir hier vor.