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Graphic Novel

Graphic Novels zu Jackson Pollock und „1984“: Wie politische Systeme Gedanken kontrollieren

Eine neue Graphic Novel über den Maler Jackson Pollock und eine gezeichneten Adaption von George Orwells Klassiker „1984“ haben mehr miteinander zu tun, als man vermuten könnte. An beiden Graphic Novels machen sich die Abgründe der Gedankenkontrolle fest.

Der manipulierte Mensch in George Orwells dystopischer Welt „1984“, Illustration: Sybille Titeux de la Croix und Amazing Ameziane, Splitter Verlag
Der manipulierte Mensch in George Orwells dystopischer Welt „1984“, Illustration: Sybille Titeux de la Croix und Amazing Ameziane, Splitter Verlag 

Es ist erstaunlich, wie die Dinge ineinandergreifen können, wie zwei Themen, die auf den ersten Blick weit voneinander entfernt scheinen, sich ergänzen und ein Zusammendenken erlauben, ja, geradezu erzwingen. Die Rede ist von eine zwei neuen Graphic Novels. Die eine, Onofrio Catacchios Künstlerbiografie „Pollock – Streng vertraulich!“ und „1984“, Sybille Titeux de la Croixs und Amazing Amezianes gezeichnete Annäherung an den dystopischen Literaturklassiker schlechthin.

Jackson Pollock: Geheime CIA-Operation

Im Zentrum von „Pollock“ steht die geheime CIA-Operation „Lange Leine“, die ab 1948 die gezielte Förderung der US-amerikanischen Künstleravantgarden betrieb, allem voran des abstrakten Expressionismus, dessen bedeutendster Vertreter der 1912 in Wyoming geborene Maler Jackson Pollock war. „Wir müssen zeigen, dass die USA das Land der Freiheit sind“, sagt ein hoher CIA-Mann. Es ging um die moralische Hoheit im Kampf der Systeme. 

Der abstrakte Expressionist Jackson Pollock bei der Arbeit: Moderne Kunst als politische Waffe. Illustration: Onofrio Catacchio, Midas Verlag
Der abstrakte Expressionist Jackson Pollock bei der Arbeit: Moderne Kunst als politische Waffe. Illustration: Onofrio Catacchio, Midas Verlag

Man wollte die mit linken Idealen flirtenden Künstler im eigenen Land, aber auch weltweit von der eigenen Sache überzeugen. Es war ein Wettstreit der künstlerischen Freiheit und ein Beispiel dafür, wie der Kalte Krieg (auch) geführt wurde. Die Amerikaner nahmen Geld in die Hand, Ausstellungen in Galerien und Museen wurden organisiert und Werke von Mäzenen aufgekauft. Von Peggy Guggenheim bis Nelson Rockefeller entstand so ein verborgenes Netzwerk, in dem sich der gleichermaßen depressive wie exzentrische Pollock verfing. Als Nebeneffekt katapultierte der Geheimdienst ihn und Kollegen wie Barnett Newman, Mark Rothko und William de Kooning in ungeahnte ­Höhen, fortan sollten die USA den internationalen Kunstmarkt beherrschen.

Wie ein politisches System die Kontrolle über das Denken jedes Einzelnen erlangt, formulierte der englische Literat George Orwell nahezu zeitgleich. 1949 erschien sein epochaler Roman „1984“, in dem er einen diktatorischen Überwachungsstaat beschrieb, der seine Bürger durch Lügen und Propaganda bedroht. Wahrheit und Fiktion. Orwell und Pollock. Die Zeit kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Man spürt in beiden Büchern, wie Macht auf das Denken der Menschen ausgeübt wird, und kann beide Graphic Novels als Ergänzung zueinander lesen. An Aktualität haben sie nichts verloren.

Jackson Pollock – Streng vertraulich! von Onofrio Catacchio, Midas Verlag, 112 S., 19,90

1984 nach George Orwell von Sybille Titeux de la Croix und Amazing Ameziane, Splitter Verlag, 232 S., 29,80 €


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