Mit „Jubel & Krawall“ starten Autorin/Moderatorin Sophie Passmann und Ex-„Zitty“-Chefredakteur Matthias Kalle einen Popkultur-Podcast. tipBerlin-Autor Erik Heier hat ihnen große Fragen zu Geschmack und Gewissen gestellt. Ein Gespräch über Fußballtransfers, Feuilleton-Feinde, gefühlte Aktualität und wahnsinnige Arroganz.
tipBerlin Frau Passmann, Herr Kalle, warum ein neuer Podcast? Ihr alter beim „Zeitmagazin“, „Die Schaulustigen“, lief nur ein Jahr. Der war doch noch gut.
Matthias Kalle War er. Aber wir hatten auch das Gefühl, dass das Thema Fernsehen und Serien auserzählt war. Und wir wollten unsere mannigfaltigen Interessen mehr abbilden und Bücher, Popkultur, gesellschaftliche Themen integrieren.
Sophie Passmann Wir haben die Gefahr gesehen, dass wir jede Woche nur noch über Conan O’Brien und Rocky Balboa sprechen.
tipBerlin Mit „Jubel & Krawall“ ist der Podcast vom „Zeitmagazin“, wo Matthias Kalle als stellvertretender Chefredakteur aufgehört hat, zu Audible gewechselt. War das Transferfenster günstig?
Sophie Passmann Bei einem Fußballvergleich muss ich hoffen, dass ich Transfer nicht falsch verstanden habe. Aber ich glaube, dieser Podcast-Markt in Deutschland ist gerade so vielfältig, dass es kein Transferfenster gibt, sondern ein ständiges „Hat man eine Idee, lass uns mal was machen.“ Und bei Audible haben wir gemerkt: Die haben keine Angst, Popkultur, die leicht überfordern kann, als Podcast zu präsentieren.
Matthias Kalle Sophie ist außerdem immer noch die weibliche Erling Haaland des „Zeitmagazins“. Sie hat ja noch ihre Kolumne dort.
„Jubel & Krawall“ ist ein Podcast über so gut wie alles
tipBerlin Wie aktuell sind Ihre Themen? Ist das ein Wochenrückblick mit Popkultur?
Sophie Passmann Nein. Wenn ein sehr gesprächswertiges Buch oder eine neue, tolle Serie, über die alle reden, rauskommt, werden wir die auch erwähnen. Es geht aber eigentlich darum, aus allem, das wir jemals gelesen oder gehört haben, jede Woche ein Überthema zu finden und darüber zu sprechen.
Matthias Kalle Wobei wir schon versuchen, immer auch eine gefühlte Aktualität abzubilden.
tipBerlin Ihr Podcast wird als „wohl meinungsstärkster Ratgeber in Sachen Popkultur“ beworben. Wie viele neue Feinde haben Sie deshalb in den Feuilletons?
Sophie Passmann Ich kann mich gar nicht unbeliebter machen.
Matthias Kalle Ich bin ja schon so alt, bei mir ist das auch schon egal.
tipBerlin Wie stecken Sie Popkultur im Podcast ab: von Billie Eilish bis Bob Dylan?
Matthias Kalle Bob Dylan auf keinen Fall!
Sophie Passmann Ich glaube, dass wir da eine wahnsinnig arrogante Definition von Popkultur gefunden haben, die am Ende des Tages alles umfasst, was uns irgendwie interessiert. Und die trauen wir uns zu, weil wir beide überhaupt niemals Gefahr laufen, in Richtung Hochkultur abzuwandern.
tipBerlin Wo sehen Sie sich eher mit dem Podcast eher: Grimme-Preis-Jury oder Literarisches Quartett?
Sophie Passmann Ich arbeite ja nur darauf hin, Nummerngirl beim Boxen auf Dazn Sport zu werden.
Matthias Kalle Welches moderiert noch gleich Thomas Gottschalk?
tipBerlin Autokonzert oder Hasenheide-Rave?
Matthias Kalle Weder noch.
Sophie Passmann In Schöneberg eine Flasche Naturwein kaufen und sich auf den Gehweg setzen.
tipBerlin Proust oder Pocher?
Matthias Kalle Proust! Viel witziger.
Sophie Passmann Kenne beide nicht.
tipBerlin Warum überhaupt das Meta-Thema Popkultur? Viel größer geht es ja gar nicht. Vielleicht noch Weltfrieden, Klimawandel, Critical Whiteness.
Matthias Kalle Wollten wir erst machen, wurde uns von abgeraten.
Sophie Passmann Ich bin der Meinung, wenn jemand den Weltfrieden retten kann, dann zwei weiße Mittelstands-Kids. Aber da wurden wir überstimmt.
- „Jubel & Krawall“, Audible Original Podcast, wöchentlich, seit 9.7. auf Audible
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