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Literatur-Kolumne: R.I.P. Wiglaf Droste

Foto: Erik Heier

Eigentlich wollte ich hier über etwas anderes schreiben. Über das kürzlich erschienene „Berliner Stadtsprachen ­Magazin Parataxe“ zum Beispiel, das sehr lesenswert die vielsprachige Gegenwartsliteratur Berlins abbildet. Aber dann erreichte mich die Nachricht, dass der Dichter, Polemiker, Satiriker und Musiker Wiglaf Droste gestorben ist, dieser wahnwitzige Wortwüterich, der vor vielen Jahren auch mal für den tip gearbeitet hatte. Er wurde 57 Jahre alt. Und wir guckten uns in der Redaktion fragend an, wer denn über ihn schreiben könnte. Es war kompliziert. Ein Kollege kannte ihn nicht gut genug, ein anderer zu gut. Und sie sagten zu mir: „Du hast ihn doch auch mal getroffen.“ Das ist fast auf den Tag genau zehn Jahre her, wir machten eine tip-Titelgeschichte über Ausflüge. Es begab sich, dass ich Droste in Rheinsberg treffen sollte, er war damals dort Stadtschreiber. Wir wollten uns im Regio treffen, er kam gerade von einer Lesereise, war dann aber nicht im Zug, sondern auf meiner Mailbox. Am Hauptbahnhof hätte ein Windstoß seinen geliebten Hut vom Kopf ins Gleisbett geweht. Ein Bahnmitarbeiter habe ihn, Droste, davon abgehalten, sofort hinterherzuklettern. Deshalb habe er den Zug fahren lassen müssen. Und käme mit dem Taxi. Wir spazierten dann um den Rheinsberger See, es war ein sehr angenehmes Gespräch und entsprach so gar nicht seinem Ruf als schwieriger Autor. Am See machte ich ein Foto, auf dem er listig durchs Schilf blinzelte. Droste ­mochte das Bild sehr, es kam sogar auf das Cover seines Rheinsberg-Buchs „Auf sie mit Idyll“. Der kleine Text, den ich dann schrieb, drehte sich auch um diese Hut-Verwehung. Ich mailte ihn Droste zu. Er schrieb zurück: „Das ist eine schöne Miniatur – in der ich quasi gar nicht vorkomme.“ Es klang nicht biestig, eher amüsiert, fast warmherzig. So hatte ich Wiglaf Droste immer in Erinnerung, all die Jahre, und jetzt erst recht, nach seinem viel zu frühen Tod. Wieder eine*r weniger. Ach je.

Ich selbst war ja bisher noch nie dem Tode nahe. Aber schon jetzt habe ich das Sterben so gottverdammt satt.

Die große Wiglaf-Droste-Gala. Ein Tribute.
Mit: Bela B., Klaus Bittermann, Funny van ­Dannen, Franz Dobler, Fritz Eckenga, Rodrigo Gonzales, Friedrich Küppersbusch, Jürgen Kuttner, Benjamin von Stuckrad-Barre u.a.,
Volksbühne, Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte, 20.9., 20 Uhr, Tickets: 10 €

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