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Internationales Literaturfestival Berlin

Nicolas Mathieu beschreibt eine verlorene Provinz-Generation

Ausgerechnet ein Sohn algerischer Einwanderer rettete Frankreich vor dem Rechtsruck

Nicolas Mathieu. Foto: Bertrand Jamot

Als Zinédine Zidane 1998 die Équipe Tricolore zum Fußball-Weltmeistertitel köpfte, stand das Land Kopf. Selbst in den Regionen, in denen es jahrelang nur bergab ging, konnte der rechtsextreme Front National vorerst einpacken. Nicolas Mathieus mit dem Prix Goncourt ausgezeichneter Roman „Wie später ihre Kinder“ läuft in vier Zweijahresschritten auf jenen Sommer 1998 zu. Da sind die Teenager, die wir anfangs kennenlernen, bereits junge Erwachsene. Sie leben in Heillange, einem fiktiven Städtchen, dass der lothringischen Bergbaugemeinde Hayange ähnelt.

Der Niedergang des Bergbaus bildet die Grundlage, auf die Mathieu seine Handlung aufsetzt. Die Arbeiter, die einst zu Wachstum und Wohlstand beitrugen, sind in der Welt der Globalisierung nichts mehr wert, ihre Welt und ihr Leben zerfallen in ihre Einzelteile. Sie sitzen nur noch rum, trinken, stürzen, scheitern. Den Frust bekommt die Generation danach zu spüren, Jungs wie Anthony und Hacine, deren Schicksal man folgt. Sie klauen und dealen, suchen erotische Abenteuer und träumen ihren jeweils eigenen Traum des Aufstiegs. Nichts lassen sie unversucht, doch immer wieder landen sie hart auf dem Boden der Wirklichkeit.

Mathieu fängt in der Übersetzung von Lena Müller und André Hansen ihren sinnlosen Kampf detailliert und authentisch ein. Bis es am Ende heißt: „Die Krise war nicht mehr zeitlich beschränkt. Sie hatte einen Platz in der Ordnung der Dinge eingenommen.“

Wie später ihre Kinder von Nicolas Mathieu, Hanser Berlin, 443 S., 24 €

Lesung: James-Simon-Galerie, Eiserne Brücke, Mitte, So 15.9., 21 Uhr, Eintritt 8, erm. 6 €

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