Der Versuch der Beschreibung unübersichtlicher Strukturen in Materie, im Denken und Handeln bildet den Ausgangspunkt einer Auseinandersetzung, die sich unter dem Titel „Das Chaos ist immer und überall“ zu einer Gruppenausstellung ausformuliert hat. Ein wagemutiges Unterfangen, denn das Thema Chaos bietet naturgemäß eine nahezu unendliche Menge von Perspektiven und Herangehensweisen. Die klug aufeinander abgestimmten Arbeiten, die von Konzept- und Videokunst bis zur Installation und Fotografie reichen, reflektieren jedoch in ihrer Gegenüberstellung jenen verwirrenden Zustand zwischen Chaos und Ordnung und ergeben in der Summe ein nachvollziehbares Ergebnis, das sich bei einzelner Betrachtung der Werke so nicht einstellen würde. Klaus Taschler etwa untersucht in seiner Videoarbeit „Stampede“ den Gedanken, dass sich Dinge der Umgebung in einer Massenflucht verselbstständigen können, Matthias Geitels Pixelbild „Iocyan“ offenbart hingegen extrem vergrößerte Strukturen, die erst aus der Entfernung einen Sinnzusammenhang ergeben, und Ralf Tekaat begibt sich in seiner dokumentarischen Installation auf die Suche nach dem sagenumwobenen und zurückge-
zogen lebenden US-Schriftsteller Thomas Pynchon. Durch die Unterfütterung mit Theorie führen diese Arbeiten zu tieferer Einsicht, und darin liegt die Stärke der Ausstellung, die insgesamt 40 Positionen von Künstlern, Autoren und Forschern umfasst. Hier stehen der Kunst stets Erkenntnisse aus der Wissenschaft gegenüber, die sich gegenseitig ergänzen und kommentieren. „Nur ein Genie beherrscht das Chaos“, behauptete einst Albert Einstein, oder aber ein Schulterschluss zwischen Kunst und Wissenschaft, möchte man hinzufügen.
Text: Jacek Slaski
tip-Bewertung: Sehenswert
Das Chaos ist immer und überall
G.A.S.-station, Tempelherrenstraße 22, Kreuzberg,
Di-Fr 14-19 Uhr, Sa 14-17 Uhr, bis 27.1.2010
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