Theater

„Zdeněk Adamec“ von Peter Handke: Eine wahre Geschichte

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„Zdeněk Adamec“ heißt das neue Theaterstück vom umstrittenen Literaturnobelpreisträger Peter Handke. In den Kammerspielen des Deutschen Theaters kommt es als deutsche Erstaufführung zur Premiere. „Zdeněk Adamec“ befragt die tragische Sinnlosigkeit des vom Titelhelden als Fanal gedachten Selbstmords angesichts einer schnelllebigen Welt.

Die Deutsche Erstaufführung von Peter Handkes „Zdeněk Adamec“ inszeniert Jossi Wieler. Foto: Arno Declair
Die Deutsche Erstaufführung von Peter Handkes „Zdeněk Adamec“ inszeniert Jossi Wieler. Foto: Arno Declair

Am 6. März 2003 ging der junge Tscheche Zdeněk Adamec auf den Prager Wenzelsplatz, übergoss sich mit Benzin und zündete sich an. Anders als Jan Palach, der sich 1968 am selben Ort aus Protest gegen die brutale Niederschlagung des Prager Frühlings durch die Truppen des Warschauer Pakts angezündet hat und zu einem Nationalheld wurde, ist der 18-jährige Adamec weitgehend vergessen.

Doch auch der junge Tscheche wollte, wie er in seinem Abschiedsbrief schrieb, ein Zeichen gegen „den Verfall der Welt“ setzen, die von Geld korrumpiert sei. Er betrachtete sich als „Opfer des sogenannten demokratischen Systems, in dem aber nicht die Menschen entscheiden, sondern Geld und Macht.“

Zdeněk Adamec: Leben und Tod eines 18-Jährigen

„Eine Szene“ nennt der Dramatiker Peter Handke sein neues Stück „Zdeněk Adamec“, das das Leben und den Tod der Titelfigur beleuchtet und vielstimmig umkreist. Viele Figuren tauchen auf – aber nicht der Titelheld. Die Menschen, die sich in dieser „Szene“ an einem unbestimmten Ort treffen, oft nur im Vorübergehen, kreisen mit ihren „Fragen, Behauptungen, Andeutungen oft spöttisch und ironisch um das Rätsel eines Menschen, das sie in Wirklichkeit beunruhigt und berührt“ (DT-Pressetext).

Linn Reusse, Felix Goeser und Lorena Handschin (v.l.) im Stück „Zdeněk Adamec“. Foto: Arno Declair
Linn Reusse, Felix Goeser und Lorena Handschin (v.l.) im Stück „Zdeněk Adamec“. Foto: Arno Declair

Nur kurz sorgte damals das selbstzerstörerische Fanal des 18-Jährigen für Aufmerksamkeit. Die aber war groß. Es soll sogar etliche Nachahmer gegeben haben, so wie Adamec selbst mehrere Tschechen der Vergangenheit nachahmte, nicht zuletzt natürlich den Nationalhelden Jan Palach. Innerhalb von vier Monaten starben fünf Menschen bei einem derartigen Fanal, heißt es, drei wurden schwer verletzt. Dann aber geriet alles wieder aus dem Blick der Öffentlichkeit, die sich längst wieder einem anderen Aufregerthema zugewandt hatte.

Alle Aufregung gilt nur, bis die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird

Handke, der aufgrund seines Eintretens für serbische Nationalisten politisch umstrittene Literaturnobelpreisträger von 2019, befragt die tragische Sinnlosigkeit von Adamecs Selbstmords „angesichts einer über- oder falsch informierten Welt, die Zdeněk Adamec dennoch vergessen hat“ (Suhrkamp-Klappentext).

In einer durch die sozialen Medien angeheizten Aufregungswelt der Skandale, Affären, Missstände ist alles kurzlebig und gilt nur, bis die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird. Oder bis zum nächsten Twitter-Post.

„Zdeněk Adamec“ mit starkem Ensemble

Die Uraufführung des Stücks war in Salzburg. Der mehrfach preisgekrönte Schweizer Regisseur Jossi Wieler inszeniert Handkes vielstimmige „Szene“ als deutsche Erstaufführung nun an den Kammerspielen des Deutschen Theaters.

Und kann sich dabei auf ein starkes Ensemble stützen: Felix Goeser, Lorena Handschin, Marcel Kohler, Bernd Moss, Linn Reusse und Regine Zimmermann sind die Protagonisten des Abends, der die Handlungszeit diffus und damit zeitlos sein lässt: „Zeit: jetzt oder sonstwann“.

  • „Zdeněk Adamec“, Deutsche Erstaufführung: 21. Oktober 2020, 19.30 Uhr, Kammerspiele des Deutschen Theaters, Schumannstr. 13a, Mitte. www.deutschestheater.de

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Revolutionspathos, Trance und viel zum Dechiffrieren: Am Deutschen Theater läuft René Polleschs „Melissa kriegt alles“. Zum Auftakt der Autorentheatertage 2020 hatte „Hitlers Ziege und die Hämorrhoiden des Königs“ Premiere. Mit Regisseur Rosa von Praunheim sprachen wir über Hitlers Sexleben, Arschlöcher und die AfD. Regisseur Jossi Wieler hingegen kennt man aus Stuttgart, als Opernregisseur – oder vom Lehniner Platz. In der Schaubühne inszenierte Wieler 2009 Goethes Antiken-Bearbeitung „Iphigenie auf Tauris“.

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