Ostern

Draußen vor der Stadt

Frühling! Ostern! Ferien! Jetzt ist genau die richtige Zeit für Ausflüge raus aus der Stadt. Wandern, Radtour, Kunst. Viele Entdeckungen, kleine Abenteuer. Los geht‘s!

Caspar David Friedrich lässt grüßen: Idylle vor den Toren der Stadt bei den Karower Teichen Foto: Detlev Schwarz / Forstamt Pankow

Radtour – Im Sattel nach Bernau

Eine Tour auf dem Berlin-Usedom-Radweg raus aus Berlin, am Fluss Panke entlang, rein in den mittelalterlichen Stadtkern Bernaus

Zielort Bernau Foto: Gertrud K. / CC BY-NC-SA 2.0 / flickr

Bernau, das war mal eine mittelalterliche Stadt mit engen Gassen und stolzen Kirchen. Die engen Gassen gibt es noch, auch die Kirchen, aber viele historische Häuser wurden nach dem Zweiten Weltkrieg durch Plattenbauten ersetzt. Sehenswert ist Bernau mit seiner erhaltenen Stadtmauer dennoch und Ziel dieses Radausfluges. Die Strecke verläuft auf einem Fernradweg: dem sehr beliebten Berlin-Usedom.Radweg. Auf Berliner Boden folgt er der Panke, die anfangs kaum als Fluss erkennbar ist und später recht idyllisch anmutet. Erstaunlicherweise wirkt sie neben der Autobahn besonders natürlich. 

Ein dichter Schilfgürtel säumt das Ufer, Frösche quaken im Wasser. Natürlich wirkt auch das Naherholungsgebiet Karower Teiche. Doch die Teiche sind künstlich und dienten zur Entsorgung von Abwasser. Wie schön, dass man davon nichts mehr sieht. Heute leben auf dem 130 Hektar großen Gelände seltene Vogelarten, Lurche und Kröten. Ein Biotop, überlebenswichtig für Mensch und Natur.  

In Bernau endet die Tour direkt am S-Bahnhof. Empfehlenswert ist aber noch eine kleine Visite der Altstadt und eine Einkehr im Gasthaus Leiterwagen mit seinem malerischen Hof.

Radtour nach BernauDistanz 28,4 km; Start: Alexanderplatz; Ziel: S-Bhf Bernau; Zeit: 3 Stunden


Ruinen entdecken – Magie des Maroden

Wenn diese Mauern reden könnten! Das Schloss Dammsmühle hat eine bewegte Geschichte – und steht seit Mitte der 90er-Jahre leer

Noch verfallen, aber nicht mehr allzu lange: das Schloss Foto: Xenia Balzereit

Mitten im Wald im Landkreis Barnim steht ein Schloss  auf einer Lichtung, das aussieht, als sei es Teil eines Märchens. Allerdings von einem, in dem der König arm ist oder die Angestellten des Hofes geflohen sind. Denn das dreistöckige Schloss steht seit seit Mitte der 90er-Jahre leer, die kaputten Fenster ähneln leeren Augenhöhlen, der Putz – mal rosa, mal sonnengelb – blättert ab. Aus dem Dach wächst ein Turm mit Zwiebelhaube. 

Nach vorne hin weist das Schloss auf den Fischteich, hinten liegt ein kleiner Garten vor den hohen, neobarocken Fenstern und vor etwas, das aussieht, als sei es mal ein Wintergarten gewesen. Außerdem auf der Rückseite: ein Säulengang mit bogenförmigen Fenstern. Folgt man einem Pfad auf der Rückseite des Schlosses, gelangt man zu einem langgezogenen See, in dessen Wasser sich Birken, Buchen und Eichen spiegeln. 

Auch Napoleon war mal zu Gast

Das Schloss Dammsmühle ist so ein Gebäude, bei dem man sich wünscht, es könnte sprechen. Wessen Kinder haben wohl im See gebadet, welche Entschlüsse haben die Besitzer des Schlosses im großen Saal gefasst? Gebaut hat das Schloss 1768 der Berliner Lederfabrikant Peter Friedrich Damm, mehr als 100 Jahre später ersteigerte es Leutnant Adolf Wollank. Zwischendurch war auch mal Napoleon zu Gast. Ab 1929 residierte hier Unilever-Chef Harry Goodwin Hart. 

Hart musste Deutschland 1938 mit seiner jüdischen Frau verlassen und wurde enteignet, das Schloss ging nun über in den Besitz der Nazis. SS-Führer Heinrich Himmler ließ es von Häftlingen des KZ Sachsenhausen renovieren, bevor er es als Wochenenddomizil nutzte. Nach Kriegsende übernahm die Stasi die Anlage. Erich Mielke feierte hier streng abgeschottet die Hochzeit seines Sohns. Alte Straßenlaternen säumen die Zufahrtsstraße des Schlosses, ihr Glas ist zersprungen. Trotzdem beschwören sie Bilder von hochrangigen Stasimitarbeitern herauf, wie sie in Dienstwagen zu einer Party von Mielke fahren. 

Dabei ist der Weg zum Schloss zu Fuß viel schöner. Vom Bahnhof Schönwalde führt der Weg erst durch die Waldsiedlung, dann durch dichten Mischwald. An den Stellen, wo es nach Kiefernnadeln riecht und die Füße im sandigen Boden versinken, könnte man fast denken, man sei auf dem Weg zum Ostseestrand. 

Die Magie des Maroden ist allerdings endlich. Ende 2017 wurden Pläne zum  Umbau des Schlosses zu einem Spa und Resort bekannt. Miteigentümer ist der Berliner Borchardt-Gastronom Roland Mary.

Anfahrt Etwa 45 Minuten zu Fuß vom Bahnhof Schönwalde, Schönwalde liegt innerhalb der Zone C des VBB


Pilgern – Auf dem Weg

Pilgern in der Prignitz: Der Annenpfad ist eine Entdeckung unter den Pilgerstrecken nahe Berlin

Ausblick zum Durchatmen: die Kirche im Dorf Foto: Uwe Knobloch

Mit dem Glauben haben es viele Berliner*innen bekanntlich nicht so, aber Gottes Wege sind schon oft sehr beschaulich. Entgegen landläufiger Meinung wurde das Pilgern ja weder von Hape Kerkeling erfunden, noch sind all seine Pfade mittelalterlichen Ursprungs. Anders als der berühmte Jakobsweg, dessen Netz auch Brandenburg durchzieht – alle Jakobswege führen zum Grab des Apostels Jakobus im nordspanischen Santiago de Compostela –, ist der Annenpfad in der Prignitz gerade mal acht Jahre alt. Am Gründonnerstag beginnt im kleinen Runddorf Bölzke bei Pritzwalk der Start in die Pilgersaison: Anpilgern für Einsteiger. Mit Pilgersegen. 

Mit 22 Kilometern ist der Rundweg von angenehm tagesausflugstauglicher Distanz. Er verbindet die Wallfahrtskirchen in Heiligengrabe und Alt Krüssow mit der Dorfkirche Bölzke. 

Die Heilige Anna soll der Legende Jesus’ Oma gewesen sein, im Spätmittelalter war sie eher die Mutti Gottes: Schutzpatronin unter anderem für Gewerbetreibende, Frauen, Bergleute, Pestkranke. In der frisch sanierten, spätgotischen Wallfahrtskirche St. Anna in Alt Krüssow, wo einst ein Rock der Heiligen verwahrt worden sein soll, wurden jedenfalls viele Krücken gefunden, die der Reliquie bei der Wallfahrt verehrt wurden.

Das erste Etappenziel des Pfads ist das Kloster Stift zum Heiligengrabe. Brandenburgs einzige fast vollständige Zisterzienserinnen-Klosteranlage beherbergt eine Frauengemeinschaft. Zum Anpilgern kämen jedes Jahr um die 100 Leute, sagt Elisabeth Hackstein, die Stiftfrau des Klosters. Alter? „16 bis 75.“ Aber natürlich ist der Weg auch zu anderen Terminen ein prima Ziel. Sie selbst gehe gern allein, sagt sie. Denn ob mit oder ohne Gott: Wer pilgert, schaltet ab. Findet innere Ruhe. Und das glaubt man doch sofort.

Start/Ziel Dorfkirche Bölzke, Prignitz; Strecke: 22 km, Anpilgern: Do 18.4., 10 Uhr, annenpfad.de


Wassersport – Ins Boot geholt

Auf dem Senftenberger See, der einstigen Kohlegrube, finden Segler, Ruderer und Kanuten ihr Glück

Schiffe ahoi! Lustiges Treiben auf dem Senftenberger See Foto: Rex Schober / imago

Früher einmal, in der Nachkriegszeit, rangen an diesem Ort monströse Bagger dem Boden massenweise Kohle ab. So unaufhörlich, dass von den gewonnenen Rohstoffen ganze Industriezweige der noch jungen DDR zehrten. 

Heute ist dieses Relikt ein Naturparadies. Als die letzten Reste des braunen Goldes abgetragen worden waren, ist der übrig gebliebene Krater mit Wasser geflutet worden. Die Genese eines kleinen Wunders, vollbracht in den späten 60er-, frühen 70er-Jahren. Die Verwandlung hat ein Biotop hervorgebracht: Strände und schilfige Ufer säumen inzwischen den Restsee, über dem einstigen Kohlerevier kreisen Vögel in allen Gefiedern. 

Als Senftenberger See ist das Gewässer in den To-Do-Listen von Berliner Ausflüglern eingetragen. An seinen Rändern zücken die Ornithologen die Fernrohre – und über die Aqua-Landschaft schippern die Flotten der Wassersportler. In Kanus stechen sie die Paddel ins Nass, auf Segelyachten lassen sie sich vom Wind treiben. Wer einen Brennmotor am Heck weiß, tuckert über die Wasseroberfläche – ein Echo der fossilen Vergangenheit.

Selbst ein kleines Unglück, hereingebrochen im vergangenen September, hat die Bilderbuch-Kulisse nicht trüben können. An einem Herzstück des Sees war Erdreich abgerutscht, am Seestrand Niemtsch, auf der Insel im Senftenberger See. Im Winter haben Arbeiter die Löcher aufgeschüttet. Damit können die dortigen Touri-Hotspots sehnsüchtige Stadtmenschen empfangen: die Strandbar, der Camping-Platz, der Hafen, wo Boote und Barken ankern.

Senftenberger See Anfahrt über die A13 bis Abfahrt Großräschen, weiter über die B96 bis Ausfahrt Senftenberg-Zentrum/Hoyerswerda, dann in Richtung Hoyerswerda / Bautzen nach Großkoschen, senftenberger-see.de


Kunst – Bauten und Beete

Putzige Skulpturen, DDR-Moderne, Gartenkunst: Die Potsdamer Freundschaftsinsel hat viele Facetten – und ist ein sachliches Gegenstück zu den berühmten Lenné- und Pückler-Muskau-Parks

Gartenkunst am Wasser: Blick über die Havel auf die Freundschaftsinsel Foto: Jürgen Ritter / imago

Vom Festland aus sieht sie zwar klein aus, doch die Freundschaftsinsel hat es in sich. Zwischen Potsdamer Hauptbahnhof und dem Museum Barberini öffnen sich in der Havel, die hier Alte Fahrt heißt, rund sieben Hektar. Das sollen laut Taschenrechner immerhin 70.000 Quadratmeter sein, die sich abspazieren lassen, und immer taucht dabei etwas Neues auf. Feuerdornbüsche, Flieder und Berberitzen, Mammutbaum, Mehlbeere, Ginko, Kirschen und Schneeball – um nur die auffälligsten Bäume und Sträucher zu nennen. Stauden beginnen sich jetzt zu strecken, Lili­en auch. Und zwischen all dem finden sich putzige Skulpturen, etwa Jürgen von Woyskis „Liebespaar unter dem Schirm“, eine hand­liche Bronzeskulptur mit einem züchtigen, jungen Paar im Geist der frühen 60er-Jahre.

Ein Jahrhundert deutscher Gartenkultur spiegelt sich auf der Insel, deren Anlage 1941 eröffnete. Bauten und Beete zitieren die Gartenreformen des frühen 20. Jahrhunderts, spiegeln aber auch die Post-Wendezeit. Der auf Stauden spezialisierte Gärtner Karl Foerster (nach dem noch heute Potsdams bekannteste Privatgärtnerei auf seinen Ländereien heißt) gestaltete die Anlage gemeinsam mit dem Landschaftsarchitekten Hermann Mattern. Die Anlage entsprach dem Geist der Zeit. Mattern war für die „Reichsgartenschau“ 1939 in Stuttgart zuständig, Foerster soll 1940 doch noch NSDAP-Mitglied geworden sein. Die Anlage passte nach einigen Änderungen aber auch zur DDR-Moderne. Das zeigen die kantige Wasseranlage aus den 50er-Jahren und der Pavillon, der anlässlich der Weltfestspiele 1973 entstand. Zur Bundesgartenschau 2001 wurde das Ganze dann gesamtdeutsch restauriert. So stellt die Insel heute ein kleines, sachliches Gegenstück zu den Weltkulturerbe-Parks von Lenné und Pückler-Muskau dar, die wenig weiter an der Glienicker Brücke den weltgewandteren Geschmack der Adeligen bedient hatten.

Auch für Kinder bestens geeignet

Kritische Reflexion von Moderne und Postmoderne bietet der gläserne Pavillon, den der Brandenburgische Kunstverein nutzt. Schon die renommierten Künstler*innen vom Kollektiv namens Chto Delat? bis zum Duo Clegg & Guttmann stellten hier aus. Derzeit präsentieren hier Potsdamer Gymnasiast*innen ihre Ideen für eine ideale Schule. Familientauglich ist die Insel also derzeit auch bei Regen. Bei heiterem Wetter sowieso, nicht zuletzt dank Bootsverleih, Spielplatz, Café und Dampferanlegeplatz.

Freundschaftsinsel Lange Brücke, Potsdam, 7 Uhr bis zur Dunkelheit, Eintritt frei, bis 19.5.: Brandenburgischer Kunstverein, Freund­schaftsinsel, Mi–So 14–18 Uhr, Ostern geöffnet


Kulinarischer Ausflug – Im großen Garten

In Gerswalde füllt sich die sprichwörtlich leere Uckermark langsam wieder – mit viel Geschmack

Im alten Palmenhaus: Café zum Löwen Foto: Hirofume Abe

Gerswalde, Uckermark, Utopie. Viel ist erzählt worden über diese immer leerer werdende Landschaft, in die hinein auf einmal lauter Volvo-Kombis Dinge bringen, von denen man dann sagt, dass die doch ganz schön hygge seien. Wer zeitig dran war, der hat sich eine Datsche oder ein altes Siedlungshaus gesichert, hier zwischen der Schorfheide und der Uckermark. Wir anderen besuchen die, die zeitig dran waren, während der Gerswalder Sommersaison im großen Garten, der einmal zu einem Schloss gehört hat, das aber heute keine Rolle mehr spielt. Die Rollen spielen Michael Wickert von der Fischräucherei Glut & Späne oder die Japanerin Ayumi Saito, die im alten Palmenhaus das Café zum Löwen betreibt. 

Regie führt die Filmemacherin Lola Randl. Wortwörtlich. Sie hat in und um Gerswalde dereinst buchstäblich liegengelassene Liegenschaften gekauft und dann das Ensemble gecastet, das vor allem den großen Gerswalder Garten seitdem bespielt. Die Fischräucherei, das Café, die Permagärtnerei, seit dem vergangenen Jahr gibt es zudem eine Bar, das Paradies. Öffnungszeiten: samstags und meistens auch sonntags (Glut & Späne nur bedingt), während der Sommersaison. Wir empfehlen, mit einer geräucherten Forelle zu beginnen, irgendwann die zusammengewürfelten Gartenstühle zehn Meter weiter zum Café zum Löwen zu tragen, und wieder zwei Stunden später noch einmal bei Glut & Späne beim Riesling zu sitzen. Zwischendurch flaniert man quer durch den Ort und auf die Hügel dahinter. Eine Ausstellung, Fotografien oder grafische Arbeiten gibt es währenddessen zu besichtigen.

Gerade hat Lola Randl diese Sehnsucht für das Land und das einfache Leben sogar in einen Roman gegossen. Der heißt wie der große Garten „Der große Garten“ (erschienen bei Matthes & Seitz) und lacht listig über jene, die da hinausgezogen sind, das Glück zu finden. Vielleicht ist das der archetypisch postmoderne Lebensentwurf: eine Utopie zu leben und sie gleichzeitig zu ironisieren. Vermutlich sind es aber auch gerade diese Brüche, die den großen Garten so besonders machen. Versprochen sei ein angenehm diverses Publikum, sogar authentische Uckermärker kommen gern auf einen Räucherfisch und eine angenehm unprätentiöse Stimmung. Mitfahrgelegenheiten zurück nach Berlin ergeben sich ebenfalls.

Anfahrt Mit dem Auto über Autobahn A 11 und Landstraße 23, vom Alex ca. 100 km; per Zug von Gesundbrunnen mit RE 5 bis Oranienburg, RB 12 bis Prenzlauer, Bus 502 bis Gerswalde, ca 2 Std. 

Lola Randl: Der große Garten Matthes & Seitz 2019, 320 S., 22 €, dergroßegarten.de

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