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Events 2021: So laufen die Vorbereitungen für Berlins schönste Feste

Die Veranstaltungsindustrie und Kulturszene stand 2020 vor der größten Herausforderung der Geschichte: Seit März sind kaum Veranstaltungen möglich – Tausende kleine und große Events in Berlin wurden abgesagt. Andere mussten umdisponieren, zum Beispiel digital oder mit neuen Einlasskonzepten umgesetzt werden. Bevor im Herbst wieder alles durch war. 2021 ist Corona nicht besiegt – neues Jahr, neues Glück. Denn im besten Fall können wir im Sommer wieder halbwegs normal ausgehen, erleben, genießen. Sicher ist das nicht. Wir haben bei den Organisatoren verschiedener wichtiger Events des Berliner Veranstaltungsjahres nachgefragt, wie sie mit der unsicheren Situation umgehen.


MyFest: 1. Mai – abgesagt

MyFest im Jahr 2019: Szenen, die derzeit nicht vorstellbar sind. Foto: Imago/Pemax

Wie schon 2020 hatten die Veranstalter*innen gar keine Wahl: Der Bezirk hat für Frühjahr und Sommer alle größeren Veranstaltungen abgesagt.


Pyronale: 28./29. Mai

Die Pyronale am Olympiastadion – klappt es 2021 wieder? Foto: Imago/Schöning

Feuerwerk war ja schon Silvester so eine Sache. Wird das mit der Pyronale was? Bisher ist sie nicht abgesagt. „Doch ob wir sie durchführen können, hängt natürlich vom weiteren Infektionsgeschehen ab. Von daher beobachten wir weiterhin die Entwicklungen und hoffen auf eine Besserung der Lage“, sagt Franziska Baumann von Media On-Line Management.


48 Stunden Neukölln: 18. bis 20. Juni

Wo ist die Kunst 2021? Bei „48 Stunden Neukölln“ im Netz, aber auch auf der Straße. Foto: Imago/Müller

Für die Kunstszene ist 48 Stunden Neukölln ein wichtiges Datum – denn es zeigt einen lebendigen Querschnitt der Szene, ist für viele Künstler*innen auch der erste Schritt in eine größere Öffentlichkeit oder Auftakt zu einem neuen Projekt. 2020 war das Festival eines der ersten, das den Schritt ins Digitale wagte, „und rund 50 Prozent des Programms konnten wir auch umsetzen“, sagt Thorsten Schlenger, Festivalleiter.

Auch für 2021 ist ein Termin gesetzt, vom 18. bis zum 20. Juni – mit den Erfahrungen des vergangenen Jahres im Hinterkopf, aber auch mit einem Optimismus, dass die Herausforderungen zu meistern sind. „Wir haben uns für eine hybride Festivalausgabe entschieden“, erklärt Schlenger, „weil wir hoffen, dass zu dem Zeitpunkt des Festivals wieder Lockerungen greifen.“

Das erklärte Ziel sei Publikumsverkehr, wenngleich den Verantwortlichen bewusst ist, dass das Enge, das Intime, das Wuselige von 48 Stunden Neukölln 2021 wohl noch nicht wieder erlebbar sein wird. „Wir reden über geeignete Veranstaltungsorte, über ein Anmeldesystem, das uns eine Kontaktnachverfolgung ermöglicht. Wir verlagern aber auch viel Programm in den öffentlichen Raum – das Thema in diesem Jahr ist Luft, das ist natürlich auch ein Vorteil.“

Grundsätzlich sei auch die Verantwortung für die Szene im Bewusstsein der Macher. So gibt es zum Beispiel ein Sonderprojekt mit mobilen Bühnen, die später von Kunstschaffenden auch für andere Zwecke genutzt werden könnten. „Die Befürchtung ist, dass gerade prekär arbeitende, freie Künstler*innen im Verteilungskampf in der Kulturpolitik nach der Pandemie keine Lobby haben – da wollen wir gegensteuern“, so der Festivalleiter.

Alles in allem sind Schlenger und sein Team optimistisch, dass es einige Möglichkeiten geben wird, Kunst zu zeigen – etwas, „dass uns gerade jetzt wichtig ist: nicht aufzuhören, nicht nachzulassen, sondern zu ermöglichen was geht.“


Poesiefestival: 11. bis 17. Juni

Beim vergangenen Poesiefestival wurden die Teilnehmenden eben digital zugeschaltet, wie hier Tracy September. Foto: Poesiefestival

Das Poesiefestival musste 2020 umplanen – und wurde ins Digitale verlegt. Für Leiter Thomas Wohlfahrt eine Herausforderung: „Wir haben sofort gesagt, dass wir es gut machen wollen – keine wackelnden Bilder, keine schleifenden Töne.“ Nur Kamera drauf und los, das konnte keine Lösung sein. „Also haben wir Fernsehmachen gelernt – und zum Glück literaturaffine Menschen gefunden, die mit daran arbeiteten.“

Diese Erfahrung dürfte auch 2021 wichtig bleiben. Denn das Poesiefestival wird wohl auch in diesem Jahr wieder digital, mindestens aber als Hybrid zwischen online und analog stattfinden. „Was in gewissem Maße auch gute Seiten hat: Wir haben eine andere Erreichbarkeit, mehr Menschen können einfacher folgen. Zudem wird die Flüchtigkeit des Einmaligen aufgehoben und verlagert sich ins Archiv.“ Aber online hat auch grundandere Regeln: „Es muss schneller gehen, die Formate sind kürzer, meine ausschweifenden Einführungen kann ich mir sparen“, so Wohlfahrt ganz realistisch.

Derzeit laufen die Vorbereitungen laut Wohlfahrt in beide Richtungen, also für eine Real-Life- und eine Web-Variante. „Mitte März werden wir uns für einen Abzweig entscheiden müssen.“ Denn die digitale Produktion setze Zeit voraus, eben auch wegen des hohen Qualitätsanspruchs: „Wir müssen dann anfangen, um im Juni fertig zu sein.“

Das Thema werde in diesem Jahr Europa sein, Tucholsky gleichnamiges Gedicht bietet den Ansatz, „Da liegt Europa. Wie sieht es aus?“, fragte er 1932, das Poesiefestival führt diese Frage weiter, „wohlgemerkt mit einem europäischen Griff, der über die Union hinausgeht, der von Island bis Kasachstan reicht.“ In einem Jahr, in dem Grenzen wieder besonders beachtet werden – und Redner*innen nicht einfach nach Berlin kommen können. Funktionieren werde das aber auch im Digitalen, wenngleich dem Festivalleiter die Grenzen offenbar sind: Ein Live-Zusammenhang sei online nicht zu ersetzen, niemals. „Aber den Moment des Interaktiven digital zu stärken, das ist ein Ziel 2021.“ Solange nicht doch ein kleines Wunder geschieht – und die Abzweigung im März tatsächlich „analog“ heißen kann


Fête de la Musique: 20./ 21. Juni

Die Fête De La Musique Berlin findet 2021 statt, das sagt Björn Döring ohne jede Einschränkung. Auftakt ist am 20. Juni, gefeiert wird wie immer am 21. Juni. „Mit der letztjährigen Fête-de-la-Haus-Musique haben wir einen Weg gefunden, wie man diese Großveranstaltung im schlimmsten Fall als reines Streaming-Event organisieren kann, ohne dass die Fête ihren Charakter verliert“, erklärt er. Unter anderem zum Beispiel mit gestreamten Konzerten und DJ-Sets, wie Alle Farben auf dem Fernsehturm.

Würde bis zum Termin keine Verbesserung eintreten, wäre der 2020-Ablauf dann auch die Planungsgrundlage. „Angepasst an das Pandemie-Geschehen werden wir aber im Laufe der Vorbereitungen abstimmen, ob wir Konzerte mit Publikum, Straßenmusik etc. mit unseren Veranstalter*innen realisieren können.“ Geplant ist auch ein Europa-weites Streaming-Projekt, auch eine Mitsing-Show sei wieder geplant.

Ganz unbeschwert ist man aber trotz des ja sogar schon erprobten Konzepts nicht: „Wir machen uns natürlich große Sorgen um all die Veranstalter*innen und Musiker*innen, die in den letzten Jahren die Fête getragen haben, weil deren wirtschaftliche Situation absolut dramatisch ist.“


Classic Open Air auf dem Gendarmenmarkt: 15. – 19. Juli

Schon schön auf dem Gendarmenmarkt: 2021 soll das 2020er Classic Open Air nachgeholt werden. Foto: Imago/Pop-Eye

Eine tolle Veranstaltung mit schöner Kulisse – das Classic Open Air ist bisher noch nicht abgesagt, von den Organisatoren heißt es: Infektionsgeschehen abwarten. 2020 musste auf 2021 verschoben werden, inzwischen groß die Hoffnung, dass es nun endlich was wird. Der wunderschöne Gendarmenmarkt verdient mal wieder ein bisschen Leben.


CSD: Geplant am 24. Juli – noch

Wird der CSD auf September geschoebemn? Möglich ist es, offiziell noch nicht. Foto: Imago/>Bernd König

Der CSD zieht Hunderttausende Menschen auf die Straße – und ist immer noch notwendig, um Sichtbarkeit für die Anliegen von Menschen zu schaffen, die nicht der heterosexuellen Norm entsprechen. Im vergangenen Jahr fiel die Parade aus – 2021 könnte es klappen, wenn auch später. Genaues kann dazu aber noch nicht gesagt werden. Auch, weil nach viel Kritik und internen Querelen Ende Januar erst ein neuer Vorstand gewählt werden soll. Und entsprechende Kommunikation bis dahin eher schwierig ist.

2020 hatte statt des CSD ein von der großen Parade unabhängiges Pride-Event stattgefunden, eine vergleichsweise kurze Demo von Schöneberg zum Alexanderplatz. Ein vergleichbares Event ist sicher vorstellbar, sollten sich die Zahlen wie im vergangenen Jahr zum Sommer hin entwickeln. Ob dieser Trend für das offizielle, große Event reichen wird? 2019 hatten laut Veranstalter eine Million Menschen mitgemacht. Derzeit wird offenbar überlegt, den CSD im September stattfinden zu lassen – und so etwas mehr Planungssicherheit zu haben.


Karneval der Kultur: 15. August

Der Karneval der Kulturen ist das zweite Jahr in Folge kein Thema. Foto Imago/Spicker

Schon 2020 war der Karneval einer der ersten großen Opfer, auch 2021 ist das Straßenfest in seiner klassischen Form keine Option – leider. Die Absage hat der Bezirk erteilt. „Wir planen am 15. August 2021 statt einer Großveranstaltung in Kreuzberg mehrere coronakonforme, signifikant kleinere und dezentrale Veranstaltungen“, teilten die Veranstalter*innen mit. Genauere Infos sollen folgen.


Popkultur: 25. bis 27. August

Mykki Blanco trat 2019 beim Popkultur-Festvial auf. Foto: Imago/Carsten Thesing

Auch das Festival Popkultur musste 2020 schnell umdisponieren. Leiterin Katja Lucker: „Letztes Jahr kamen die Herausforderungen recht überraschend und wir mussten sehr spontan reagieren.“ Dieses Jahr haben wir bereits viele Erfahrungswerte aus 2020.“ Wenn wir Glück haben, können wir sowohl online als auch offline stattfinden – also als Hybrid-Festival.

Das soll dann so aussehen: „Es wird erneut digitale Pop-Kultur-Programm-Elemente geben, die wir dieses Jahr jedoch mit Real-Life-Erlebnissen in kleiner Kapazität, also relativ wenigen Menschen vor Ort, und weitestgehend an der frischen Luft mit viel Abstand auf dem Gelände der Kulturbrauerei realisieren möchten“ – Auftragsarbeiten, die unterschiedliche Artists zusammenbringen, verschiedene Musik- und Netzwerkformate, eine verstärkte Zusammenarbeit mit Kollektiven, Talks oder Ausstellungen und mehr.

Auch, wenn es Lucker und ihrem Team manchmal schwerfalle, „versuchen wir einen positiven Blick für die Gegenwart und Zukunft zu bewahren. Wir sind sehr dankbar und privilegiert, durch öffentliche Fördergelder weiter Kunst- und Kulturarbeit realisieren zu dürfen.“

Eine Herausforderung sei aber weiterhin, nicht genau zu wissen, ob „wir im August einen kompletten Lockdown haben werden oder ob Ideen, die für den Offline-Raum auf einem Festival-Gelände konzipiert sind, stattfinden können.“ Deshalb investiere das Festival neben Offline-Konzepten auch in Online-Infrastruktur und erarbeite parallel innovative Ideen für den Bildschirm als Bühne.


Kreuzberg-Festival: Noch ohne Termin

25 jahre Begrmannstraßenfest wurden 2019 groß gefeiert, seitdem ist das „Kreuzberg-Festival“ ausgesetzt – wird es 2020 noch was? Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Toge Schenck ist Vorsitzender des Vereins Kreuzberg-Festival – der eben jenes organisiert, früher bekannt als Bergmannstraßenfest. „Es ist furchtbar, das gebe ich ganz offen zu“, sagt er zu der Planbarkeit eines Straßenfests im Jahr 2021. „Wir haben natürlich darüber nachgedacht, das wir früher, also vor dem vergangenen Jahr, Ende Juni zu machen. Allerdings kann das noch zu früh sein. Gleichzeitig finden zum Beispiel im September immer sehr viele Dinge gleichzeitig statt – und wir wissen auch nicht, ob wir dann die Genehmigung bekommen.“

Laut Schenck ist beim Kreuzberg-Festival ein Problem, dass es nicht in einem abgeriegelten Bereich stattfindet, sondern es viele Zugänge gibt, dazu den Victoriapark, die Anwohnenden – bei einer Besucherbeschränkung mitzuzählen, wie viele Menschen bereits auf dem Fest seien, sei angesichts dieser Umstände schwierig. Und mit heftigen Auflagen rechnet Schenck in jedem Fall.

„Wir tasten uns langsam heran. Normal brauchen wir rund vier Monate für die Vorbereitung, für einen späteren Termin hätten wir also noch ein bisschen Luft.“ So richtig optimistisch klingt das nicht, „aber wir kennen die Händler, wir kennen Künstler, sind im Austausch.“ Vielleicht gibt es dieses Jahr das kurzfristigst geplante Kreuzberg-Festival der Geschichte?


Internationales Literaturfestival Berlin: 8. bis 18. September 2021

Eröffnung des Internationalen Literaturfestivals im Kammermusiksaal 2020 – Leiter Ulrich Schreiber spricht zu den wenigen anwesenden Gästen. Foto: Imago/Zeitz

Ulrich Schreiber ist Gründer und Leiter des Internationalen Literaturfestivals Berlin – und zuversichtlich: „Wir können uns, denke ich, gut vorbereiten.“ Bei der ersten Pandemie-Ausgabe im September 2020 hatten Schreiber und sein Team Glück: Die Zahl der Neuinfektionen pro Tag war sehr niedrig, zudem war das Wetter gut. „Allerdings mussten im Vorfeld etliche Veranstaltungen verworfen werden“, berichtet er.

Direkt in der Vorbereitung auf das Festival 2021 gebe es keine Unterschiede: „Wir studieren die Verlagsprogramme des Frühjahres, die Neuerscheinungen weltweit. Es finden nur keine analogen Literaturfestivals statt, zu denen wir reisen könnten – allenfalls digitale Veranstaltungen.“

Eröffnungsrednerin wird Leila Slimani aus Marokko/ Frankreich, Themen sind Cancel Culture, Misogynie, Refugees Worldwide und Toni Morrison. Schreiber: „Natürlich würde eine dritte Welle, die im Sommer ansetzt, die Vorbereitungen zunichte machen – damit rechnen aber weder wir, noch sonst jemand.“


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