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Aus Freude am Stürzen: Die Gruppe Showcase Beat Le Mot ­beobachtet „1000 Things ­Falling“

Showcase Beat Le Mot schaut im HAU2 auf 1000 herunterfallende Dinge – auch wie sie dabei klingen.

Tausend Dinge wie etwa Kostüme und Gitarren fallen mehr oder weniger elegant vom Bühnenhimmel herab. Foto: Dorotheea Tuch

1993, als der Schauspieler Herbert Frítsch noch kein gefeierter Regisseur war, inszenierte er bei einer Beckett-Spektakelnacht in der Volksbühne „Die rausfallenden alten Weiber“ von Daniil Charms. Darin ­passierte nichts weiter, als dass das gesamte Volksbühne-Ensemble, in schrullige Frauenklamotten gekleidet, sich nacheinander lustvoll durch ein Bühnenbildfenster zu Boden stürzen ließ. Die Performance­gruppe Showcase Beat Le Mot entdeckt in ihrer neuen Arbeit nun auch die Freude am Fallen – und den Geräuschen, die dabei entstehen.

„Die Grundregel für ,1000 Things Falling‘ ist super simple“, erklärt Showcase-Mitglied Nikola Duric bei unserem Gespräch im Probenraum, auch sein Kollege Thorsten Eibeler ist dabei. „Objekte unterschiedlichster Art fallen aus dem Schnürboden auf die ­Bühne. Beim tausendsten Objekt, zack, ist das Stück vorbei.“ Doch wie so oft steckt natürlich auch hier der Teufel im Detail. „Was ist, wenn Thorsten erst bei 980 ist und ich schon bei 1000? Wenn ein Skelett runterfällt, ist das Eins oder sind das 206 Teile? Wenn wir Wasser runterwerfen, zählt das als ein Element oder zählen die einzelnen Tropfen?“

Fröhliche Quantenphysik: Showcase Beat Le Mot interessieren sich sehr für die Zusammensetzung der Dinge

Gut, die Tropfen wären schwer zu bestimmen, die Endzahl 1000 dann vorschnell erreicht und das Stück bereits zu Ende. Fünf Zähler laufen parallel mit, subjektiv gesteuert, auch die Zusehenden dürfen mitzählen. Wir sehen, es wird kompliziert, obwohl die Spielregeln einfach erscheinen. Fröhliche Quantenphysik! Die Produktion sei übrigens ausdrücklich auch für Kinder geeignet, Familientheater – ein Novum im HAU.

Nur nicht verzählen: Wieviel Dinge sind bereits runtergefallen? Foto: Dorothea Tuch

Showcase Beat Le Mot entstammen der produktiven „Gießener Schule“ des Professor Andrzej Wirth, auf die auch Live-Art-Gruppen wie Gob Squad und She She Pop zurückgehen. In den 25 Jahren seit ihrer Gründung hat die jetzt wieder fünfköpfige Performance-Boygroup ihr „Ambient-Theater“ in vielen Genres erprobt, in gerade vergangenem Jahr mit dem „Freischütz“ in Freiburg sogar an der Oper.

Auch Kindertheater haben sie erfolgreich gemacht wie den preisgekrönten „Räuber Hotzenplotz“ im Theater an der Parkaue, in dem sie für ihre kleinen Zuschauer gekocht haben und statt Kostümen Gestelle trugen, die zur Kennzeichnung der Rollen mit diversen Requisiten wie Kaffeetassen oder Messern beklebt waren. Und auch jetzt interessieren sich Showcase Beat Le Mot wieder sehr für die Dinge, wie sie zusammengesetzt sind und wie sie klingen: aus den aufgenommen und geloopten Fall- und Aufprallgeräuschen entsteht der Soundtrack.

Ihr Name ist auch Motto: Die Show oder die Aktion „schlägt“ oder belebt das Wort. Und so ist auch hier kein Text das Zentrum. „Es fallen aber Buchstaben, die später auch zu Wörtern und Sätzen geformt werden können“, sagt Duric. Einen Weihnachtsbaum hätte man auch gern fallen sehen. Aber das scheitert am Einspruch des Bühnenmeisters und der Brandschutzbestimmungen.

HAU 1 Stresemannstr. 29, Kreuzberg, 7.1. ­(Premiere), 9. + 10.1., 19 Uhr, 8.1., 17 Uhr, 13-17, erm. 9 €, website

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