Von einem Tag auf den anderen war Schluss. Anfang März stand noch fast täglich die „Vivid Grand Show“ im Friedrichstadt-Palast auf dem Spielplan, viele Vorstellungen waren ausverkauft. Dann kam der große Shutdown, seitdem sind sämtliche Aufführungen abgesagt – bis Ende des Jahres. Nun steht die Sanierung an. Was passiert bis zur Wiedereröffnung hinter den Kulissen? tipBerlin-Autor Max Müller hat sich die Situation vor Ort angeschaut.
Statt Menschenmassen, die allabendlich vor dem Friedrichstadt-Palast auf Freunde, Verwandte und Bekannte warten, um die Erfolgsproduktion „Vivid Grand Show“ zu sehen, herrscht an der Friedrichstraße seit Mitte März gähnende Leere. Die Schließung des Friedrichstadt-Palasts infolge der Corona-Krise macht sich bereits in der Umgebung bemerkbar: Die Fenster des gegenüberliegenden Italieners sind hilfsdürftig zugeklebt, auch die Besitzer des Sushi-Restaurants am Anfang der Reinhardtstraße scheinen hingeschmissen zu haben.
Die Wiedereröffnung des Friedrichstadt-Palast soll am 2. Januar 2021 gefeiert werden
Immerhin, für den großen Showtempel gibt es eine Perspektive. In Kürze startet die Sanierung der Lüftungsanlagen. Die sollte eigentlich erst in ein paar Jahren anstehen. Doch mit Unterstützung des Senats wurde aus der Not eine Tugend gemacht und die technische Instandsetzung kurzerhand vorgezogen.
Mit weitreichenden Folgen. Der Saal ist kaum wiederzuerkennen. Die Zuschauerplätze sind längst unter Hunderten Metern Folie verschwunden, fast 300 Leuchter mussten abmontiert werden. Aus Platzmangel lagern die meisten von diesen mitten auf der Bühne.
Bevor der Friedrichstadt-Palast wieder öffnet, stehen eine umfangreiche Sanierung an
Die Sanierung der Lüftungsanlagen ist jedoch nicht nur im großen Saal Thema, auch in den Garderoben, in den Probenräumen und sogar im Verwaltungstrakt müssen die Mitarbeiter*innen ihre Arbeitsplätze räumen oder zumindest staubfest machen.
So wie Antje Potthast, die Leiterin Maske, die sämtliche Perücken und Hüte wegräumen musste. Für sie stehen nun die Ferien an. Nach der Sommerpause geht es für sie weiter. Dann gilt es, für die Wiederaufnahme von „Vivid“ im Januar rund 350 Perücken und Hüte auf Vordermann zu bringen. Während Potthast erst einmal entspannen kann, müssen viele andere aber weiterarbeiten.
Das liegt nicht nur an der Lüftungsanlage, die Haustechnik hat noch andere Projekte vor sich. „Wir nutzen die anstehende Lüftungssanierung auch, um ein neues Netzwerk einzurichten“, sagt der stellvertretende Technische Direktor Thomas Herda, der hoch über der Bühne sitzt – dort, wo vor wenigen Tagen noch Licht- und Tonpulte standen, die nun aber ebenso eingelagert sind wie die Beamer und Leuchter.
Seit den 1980er-Jahren wurde das Netzwerk nicht mehr erneuert. Entsprechend dick sind die Kabelstränge, die es zu entzerren gilt. Gleiches gilt für die Decke. „Die Akustikmatten müssen ausgetauscht werden“, sagt er. „Der Plan ist ambitioniert, auch weil wir genügend Zeit brauchen, alles wieder zurückzubauen. Aber ich bin optimistisch, dass es klappt.“
Optimistisch ist auch Andreas Stübler, der seit mehr als 37 Jahren am Friedrichstadt-Palast arbeitet. Eine solche Ausnahmesituation hat der Beleuchtungsmeister nur einmal erlebt. „Das war am 11. September 2001“, erinnert er sich. Doch dass wochen-, ja monatelang nicht gespielt werden kann, ist auch für ihn ein Novum.
Das „Geisterlicht“ macht Hoffnung, dass es bald weitergeht
Als Verantwortlicher für die Spezialeffekte freut er sich bereits jetzt auf das neue Jahr. Dann holt er wieder alles hervor, „was raucht und stinkt“, sagt er mit verschmitztem Lächen. Das einzige Licht, das nie ausgehen wird, ist das „Geisterlicht“. „Das Licht sendet ein Signal. Auch wenn aktuell nichts geschieht, werden wir doch zurückkehren“, so Stübler.
- Friedrichstadt-Palast, Friedrichstr. 107, Mitte, Wiedereröffnung: 2.1.21 mit „Vivid“, Infos: www.palast.berlin/en
Mehr Bühnen-Themen:
Mitten in der Corona-Krise ist der großartige Schauspieler Jürgen Holtz gestorben. Unser Bühnen-Redakteur Peter Laudenbach hat einen Nachruf geschrieben.
Theater nach Corona: Wie geht es weiter, jetzt und künftig? Wir haben Berliner Schauspieler*innen, Regisseur*innen und eine Intendantin gefragt. So viel dürfte klar sein: Ohne Theater geht es nicht.