Zeitlebens soll er verschiedenfarbige Socken getragen haben, bunte Zigaretten geraucht und farbige Zündhölzer verwendet haben. Und auch in seinen Bildern treibt Josef Wittlich es bunt. Nach einer großen Ausstellung im Weltkulturerbe Völklinger Hütte ist der 1982 verstorbene Grenzgänger zwischen Pop Art, Cartoon und „naiver“ Malerei jetzt in Berlin zu entdecken. Beschäftigt haben den Outsider-Künstler berühmte Persönlichkeiten, Frauen und Kriegsschlachten. Cai Wagner zeigt zunächst seine „Celebrities“, schön schräge Mannequins und Musketiere, Ordensträger und die Queen. Später will er thematisch nachlegen. Einstweilen hängen in der Galerie markante Gesichter, die „Queen in gestreiftem Kleid mit blauer Schärpe vor britischer Flagge“ und der „Schah mit Sohn“ (1967). Lächeln, immer nur lächeln, scheint das Motto von Wittlichs operettenhafter Märchen-Welt zu lauten.
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In kräftigen Temperafarben brachte der bereits über 60-Jährige flächige, leicht bizarre Bilder mit ungelenkem Strich aufs Papier. Die zittrigen Umrisslinien erscheinen dabei weniger als Manko denn als Markenzeichen einer höchst eigenwilligen Handschrift. Alles überstrahlt die frische Farbigkeit des Promi-Panoptikums, mit welcher der Fabrikarbeiter aus dem Westerwald punktet. In seiner Freizeit kniete der künstlerische Autodidakt über den am Fußboden ausgebreiteten Papierrollen und malte manisch nach Vorlagen aus Illustrierten, Katalogen oder Büchern. Sie verselbstständigen sich allerdings derart, dass der Betrachter kaum merkt, dass er Bilder nach Bildern vor sich hat. Wittlich war ein Verwandler, der sich eine eigene poppige Welt nach seiner Vorstellung schuf.
Text: Hubert Holm
Foto: Courtesy WAGNER + PARTNER
tip-Bewertung: Sehenswert
Josef Wittlich?, Wagner+Partner, Strausberger Platz 8, ?Friedrichshain, Di–Sa 13–18 Uhr, bis 8.3