Die Woche der Kommunalen Galerien hat 2025 ein neues Motto. Aus gutem Grund. Und sie ist vom trubeligen September in den Oktober gewandert, der höhere Aufmerksamkeit verspricht.

Dieses Mal fehlt der vertraute Name. Seit 2014 veranstalten die Berliner Kommunalen Galerien in jedem Herbst ein gemeinsames Festival. Das wird es auch in diesem Jahr vom 16. bis 19. Oktober geben. Doch 2025 ist aus der „KGB Kunstwoche“ eine Aktionswoche mit dem Titel „Kommunale Kapitale“ geworden.
Zunächst bleibt alles wie gewohnt: Die 37 kommunalen Galerien in der Hauptstadt präsentieren ihre Ausstellungen zum Teil mit verlängerten Öffnungszeiten. In Bus-, U-Bahn- und Tram-Touren lassen sich unter fachkundiger Begleitung mehrere Ausstellungen am Stück besichtigen. Unter der Überschrift „Young“ gibt es Workshops für Kinder, Jugendliche, Familien sowie Vorschul- und Schulklassen. Und zur Eröffnung am Donnerstagabend treten Künstler:innenbands in der Wabe in Prenzlauer Berg auf.
Doch der Titel der Podiumsdiskussion, die am Eröffnungsabend des 16. Oktober in der Wabe stattfinden soll, gibt die Ausrichtung der diesjährigen Kunstwoche vor: „Kommunale Kapitale. Zum Stellenwert der kommunalen Galerien im Kontext der bildenden Kunst in Berlin“. Offensichtlich muss einmal mehr betont werden, was für einige Jahre vielleicht für selbstverständlich gehalten wurde: Die bildende Kunst ist ein Kapital der Stadt. Und neben den Museen, Kunstvereinen, den kommerziellen und nichtkommerziellen Galerien sowie den Projekträumen bilden die kommunalen Galerien eine Säule der Berliner Kunstszene.
Kultur-Kürzungen machen den kommunalen Galerien zu schaffen
Doch inzwischen schlagen die massiven Kürzungen im Kulturbereich durch, ablesbar etwa an den Ausstellungsprogrammen der Häuser. So strecken sich die Laufzeiten mancher Ausstellung erheblich. Ebenso werden Öffnungszeiten gekürzt. Besonders schmerzt die Betreiber:innen der kommunalen Galerien, dass ihnen jetzt ein wichtiges Förderinstrument für die Künstler:innen aus der Hand geschlagen wurde: die Ausstellungsvergütung. Seit Jahresbeginn steht im Haushaltstitel für den Fonds für Ausstellungsvergütungen (FABIK) statt wie zuletzt 650.000 Euro eine Null. Stattdessen soll im kommenden Doppelhaushalt für 2026 und 2027 der allgemeine Fonds für kommunale Galerien um 300.000 Euro aufgestockt werden.
Kein guter Deal, wie Karin Scheel, Sprecherin des Arbeitskreises Kommunale Galerien, meint: „Mit dem FABIK-Fonds entfallen auch Leitlinien, in denen feste Vergütungen für Ausstellungen festgeschrieben waren. Diese Vergütungen waren für die Künstler:innen ein zusätzliches, nicht verrechenbares Honorar und eine Anerkennung ihrer Arbeit. Jetzt müssen Honorare wieder einzeln ausgehandelt werden.“
Bislang erhielt eine Künstlerin oder ein Künstler 2.500 Euro für eine Einzelausstellung, zwischen 150 und 800 Euro für die Beteiligung an einer Gruppenausstellung. Rund 1.400 Künstler:innen, die jedes Jahr in den kommunalen Galerien ausstellen, konnten davon profitieren. Mit diesen Leitlinien setzte Berlin bundesweit ein Vorbild, dem etwa Baden-Württemberg folgte. Die Verbindlichkeit ist jetzt weg, stattdessen ist Verhandlungsgeschick gefragt. „In Berlin darf es keine Verteilungskämpfe geben“, warnt Karin Scheel.

Offen ist zudem die Zukunft der Galerie Nord in Moabit, die seit rund 20 Jahren in Kooperation zwischen dem Bezirk und dem Kunstverein Tiergarten betrieben wurde. Diese Kooperation hat der Bezirk zum Jahresende 2025 gekündigt. In ihren Räumen in der Turmstraße hat die Galerie Nord ein über Berlin hinaus beachtetes Ausstellungs- und Vermittlungsprogramm organisiert. Doch der Betrieb dieser Räume ist im Sommer durch den Bezirk Mitte neu ausgeschrieben worden. Als Grund hierfür wird in den Ausschreibungsunterlagen eine „Weiterentwicklung der Galerie Nord“ angegeben. Während ein Teil der Räume eine Nutzung als „kommunaler Projektraum“ erhalten soll, wird derzeit für den anderen Teil ein neuer Betreiber für eine kommunale Galerie gesucht. In der Ausschreibung liest sich die Definition der Nutzung wie eine präzise Darstellung der Arbeit, die in der Galerie Nord über die Jahre geleistet wurde. Dennoch musste sich der Kunstverein Tiergarten neu um den Betrieb der Galerie Nord bewerben, neben zahlreichen anderen Interessenten, wie es heißt. Mit einer Entscheidung wird für Anfang Oktober gerechnet.
Viele Gründe, warum die Festivalstimmung bei den kommunalen Galerien etwas getrübt sein könnte. Dennoch soll auch diesmal die Kunst im Zentrum stehen. Einige kommunale Galerien nutzen die Aktionswoche, um neue Ausstellungen zu eröffnen. So heißt es im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien „Louder, Taller, Uglier, Weirder – Learning from Weeds“. In Lichtenberg zeigt die rk – Galerie für zeitgenössische Kunst drei Einzelausstellungen von Clausnitzer, Johanna Kelmeyer und Paula Riquelme und in Schöneberg das Haus am Kleistpark eine Soloschau mit Loredana Nemes unter dem Titel „Haut und Holz“. Ob Kunstwoche oder Aktionswoche: Die kommunalen Galerien bleiben Orte für spannende Erlebnisse und Entdeckungen.
- Wabe Danziger Str. 101, Pankow, 16.10., Eröffnung 18 Uhr Performances: Sana Al-Kurdi, Dachil Sado 18.30 Uhr Podiumsdiskussion: „Zum Stellenwert der kommunalen Galerien“, u.a. mit Ingo Arend, Leonie Baumann und Thomas Köhler , 20.45 Uhr Die Nacht der Künstler:innenbands, Touren: jeweils 14 Uhr, Infos und Anmeldung: kgberlin.net
Unsere Empfehlungen für die Woche der Kommunalen Galerien 2025
Guðný Guðmundsdóttir: Noon in Steglitz
Übersinnliches ist Isländer:innen nicht fremd. Kein Wunder, dass sich die Künstlerin Guðný Guðmundsdóttir von den Nymphen der griechischen Mythologie angesprochen fühlte. In der Schwartzschen Villa von Steglitz entwirft sie mit poetischen Installationen und Aquarellen eine komplexe Bilderwelt, die von Wasserlilien, Libellen und Quellnymphen – mythischen Erscheinungsformen von Nymphen – bis zu heutigen Bohrinseln reicht.
- Galerie Schwartzsche Villa Grunewaldstr. 55, Steglitz, Mo–So 10–18 Uhr, bis 3.5.2026, 19.10., 14 Uhr: Führung mit Guðný Guðmundsdóttir
„Humor my love, Humor II“ in Adlershof
Ein Späti, der „Fuck Amazon“-Kondome und Silky Way-Riegel anbietet (Silke Thoss), eine Hot-Dog-Maschine aus chinesischer Produktion, auf der zwei Holzrollen mit der Aufschrift „In China isst man Hunde“ drehen (Frederik Foert) oder eine ganze Wand voller KI-generierter Maschinen und Panzer in Hasenform (Benedikt Braun): Humor ist in der zeitgenössischen Kunst nicht so selten. Die Galerie Alte Schule in Adlershof präsentiert Arbeiten von 20 Künstler:innen, bei denen man (trotzdem) lachen kann.
- Galerie Alte Schule Dörpfeldstr. 54–56, Adlershof, Di–Do 12–19 Uhr, Fr 12–17 Uhr, Sa 15–19 Uhr, bis 31.1. 2026
Jay Afrisando in Friedrichshain
Zusammen spielen, Dinge ausprobieren und sich austauschen – die Ausstellung des aus Indonesien stammenden ehemaligen DAAD-Stipendiaten Jay Afrisando in der Friedrichshainer Galerie im Turm macht ihrem Titel alle Ehre: „In Conversation“. In Objekten, Installationen und Filmen geht es um Themen wie Behinderung, Anpassung und Diversität. Konsequenterweise hat Afrisando zahlreiche Künstlerkolleg:innen eingeladen. Und macht das Publikum zum Teil seiner Schau.
- Galerie im Turm Frankfurter Tor 1, Friedrichshain, Mo–So 14–19 Uhr, bis 23.11.17.10., 15 Uhr: Workshop für Familien und Anhang (ohne Anm.)
„Lumen“ in Biesdorf
Das Licht in allen seinen Erscheinungsformen steht im Zentrum von „Lumen“ in Schloss Biesdorf, kuratiert von dem Berliner Künstler:innenduo Römer+Römer. 30 Positionen sind zu sehen. Licht erscheint hier als aufklärerische Kraft, wie in Arbeiten zur Zwangsarbeit in der NS-Zeit bei Siemens (Peter Vink) oder zum politischen Missbrauch von Farben (Marc Bijl). Doch kann Licht auch einfach nur verzaubern wie bei den spiegelnden Pflanzenobjekten von Toshihiko Mitsuya. Anregend vielfältig.
- Schloss Biesdorf Alt-Biesdorf 55, Marzahn-Hellersdorf, Mi–Mo 10–18 Uhr, Fr bis 21 Uhr, bis 2.11., jeden So, 14 Uhr: Führung
„Holy Shit“ in Neukölln
Das ehemalige Klohäuschen unter der Wildenbruchbrücke wirkt auf den ersten Blick wenig sakral. Auf den zweiten Blick aber doch. Die Künstlerin Alex Lebus hat einen Rundgang eingerichtet, der quer durch christliche Themen und Ikonografien führt. Fragen der Sinn- und Identitätssuche werden hier ernst und humorvoll zugleich behandelt. Der heilige Geist kommt auf einem Tafelbild religionsgeschichtlich genau als Taube – aber als Stadttaube, die am Weihwasserbecken ihre Spuren hinterlassen hat. Holy Shit!
- Kunstbrücke am Wildenbruch Weigandufer/Ecke Wildenbruchbrücke, Neukölln, Mi–So 12–18 Uhr, bis 31.10. 5.+19.10., 12–18 Uhr: Die Künstlerin ist anwesend31.10., 16 Uhr: Finissage
Für Kunstfans: Das sind die aktuellen Ausstellungen in Berlin. Lust auf ein Konzert? Hier findet ihr unsere Konzerttipps. Ihr wollt lieber raus? Dann macht doch mal einen Spaziergang über diese besonderen Friedhöfe in Berlin. Was Berlin täglich zu bieten hat, erzählen euch unsere Tagestipps, in allen Rubriken und Kategorien. Regelmäßig neu: tipBerlin Newsletter – zur Anmeldung.

