Mit einer großen Retrospektive des französischen Bildhauers Bernar Venet eröffnete die Kunsthalle Berlin im Flughafen Tempelhof. Initiator Walter Smerling erntet viel Kritik. Gut so, aber es geht noch besser, findet unsere Autorin Ina Hildebrandt.
Berufsverband Bildender Künstler:innen: Kunsthalle zeigt Ignoranz
Eine Kunsthalle in Berlin! Und zwar im ehemaligen Flughafen Tempelhof! Was der Kulturmanager Walter Smerling und die Verantwortlichen der senatseigenen Tempelhof Projekt GmbH für eine verdammt gute Idee gehalten haben müssen, bringt Berliner Künstler:innen auf die Barrikaden. Zu Recht!
Dank seiner guten Verbindungen zu Spitzen von Wirtschaft, Politik und Kultur hat der Bonner Smerling zwar die vor sich hin gammelnden Hangars 2 und 3 in einen neuen Kunstort transformiert – an sich eine gute Idee. Nur hat er nicht daran gedacht, sein illustres Netzwerk um diejenigen zu erweitern, die bereits vor ihm mit spannenden Initiativen versucht haben, diesen Ort für Berliner Kunstschaffende und Publikum innovativ zu gestalten und überhaupt eine Kunsthalle in der Stadt zu etablieren. Absolut richtig, dass der Berufsverband Bildender Künstler:innen Berlin (bbk berlin) diese Ignoranz und Arroganz gegenüber der Berliner Szene kritisiert.
Protest formiert sich unter #boycottkunsthalleberlin
Einige Künstler:innen haben zur Eröffnung der Kunsthalle Ende Januar in den Sozialen Medien unter #boycottkunsthalleberlin gar zum Boykott der Kunsthalle aufgerufen wie Candice Breitz oder auch der Fotograf Tobias Zielony. Nicht nur diene dieses Projekt allein den Interessen derjenigen, die eh schon genug Geld und Prestige haben, auch seien Smerlings Kooperationspartner:innen bisher vor allem weiße, ältere Herren und teilweise höchst streitbare Persönlichkeiten wie Wladimir Putin. Man solle weder die Ausstellungen besuchen noch mit der von Smerling gegründeten Stiftung für Kunst und Kultur Bonn, die das Ganze organisiert, kooperieren.
Doch besten Fall wird aber zukünftig genau das passieren: Kooperation. Druck machen ja, Rückzug nein. Die Kunstschaffenden der Stadt werden mehr von der Sache haben, wenn sie sowohl beim Tempelhof-Projekt als auch bei den Initiatoren auf Mitsprache pochen. Denn, will Smerling Erfolg haben und dem großspurigen Namen „Kunsthalle Berlin“ gerecht werden, bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als sich mit der lokalen Kunstszene zusammenzutun. In dieser Stadt gedeiht nur prächtig, was organisch aus ihr erwächst. Kulturellen Beef können wir – davon können so einige ein Lied singen, die mit (zu) großen Ideen die Kulturlandschaft dieser Stadt beglücken wollten.
Berlins Kunstwelt ist immer in Bewegung, fast täglich beginnen und enden Schauen. Welche Ausstellungen starten, ihr unbedingt sehen solltet und welche bald enden. Was mit leerstehend Räumen und deutlich weniger Geld möglich ist, zeig ein Künstler:innen-Kollektiv im spannenden Kunst-Energie-Ort E-Werk Luckenwalde.