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Kunstvereine in Berlin: Gemeinsam Kunst erleben

Mit ihrem Engagement stützen Kunstvereine die Berliner Kunstszene und den gesellschaftlichen Dialog. Und bringen Menschen zusammen. Wir stellen euch einige vor.

Auszugsfeier des Kunstvereins nGbK im Hof vor der Wandarbeit von Lois Weinberger.  Foto:Benjamin Renter
Auszugsfeier des Kunstvereins nGbK im Hof vor der Wandarbeit von Lois Weinberger. Foto:Benjamin Renter

Kunstvereine sind Kulturerbe: Wichtig auch für Berlins Szene

Steigende Mieten machen vor Kunstvereinen nicht Halt. Nach 37 Jahren verlässt die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) ihre Räume in Kreuzberg. Der Neue Berliner Kunstverein (NBK) konnte für seinen Standort in Mitte höhere Kosten noch abwenden. Doch zu wichtig sind diese Orte für Berlin, als dass ihre Zukunft der Ungewissheit überlassen werden dürfen.

So wurden seit diesem Jahr beide Kunstvereine in die institutionelle Förderung durch das Land Berlin aufgenommen. Für die NGBK ist ein eigener Pavillon für 2027 geplant, solang bezieht sie Räume in Hellersdorf und Mitte. Beim NBK steht vorerst kein Umzug an, doch es gibt Gespräche über eine fernere Zukunft in Räumen des geplanten Neubaus der Zentral- und Landesbibliothek.

Und nicht nur Berlin festigt die Bedeutung dieser Einrichtungen. Im vergangenen Jahr hat die Deutsche UNESCO-Kommission alle örtlichen Kunstvereine als „Idee und Praxis der Kunstvereine“ in das bundesweite Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe aufgenommen. Doch welche Rolle spielen diese Vereine heute in der Berliner Kunstszene mit den vielen Museen, Galerien und Projekträumen? Sind sie nicht eine hochschwellige Angelegenheit für kunstbeflissene Menschen?

Gar nicht, sagt Meike Behm von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine ADKV, dem Dachverband mit Sitz in Berlin. „Kunstvereine sind Orte außerschulischer Bildung und Aufklärung. Sie vermitteln zeitgenössische Kunst und damit auch aktuelle gesellschaftliche Themen.“ Dabei seien sie für jeden Menschen offen. Zumindest sind die meisten Mitgliedschaften nicht kostspielig (siehe Liste).

Berliner Kunstvereine sind vielfältig

Seit der Gründung des ersten Kunstvereins in Nürnberg 1792 auf Initiative des aufstrebenden, sich vom Adel emanzipierenden Bürgertums ist eine vielfältige Vereinslandschaft entstanden. Gemein ist allen die Förderung von zeitgenössischer Kunst durch Mitgliedsbeiträge. So können sie künstlerische Experimente ermöglichen: Unabhängig von museumspolitischen Entscheidungen und dem Kunstmarkt, zugleich konsistenter als die schnelllebigen Projekträume, bilden die Vereine das stabile Fundament der Kunstlandschaft. Im Gegenzug bieten sie ihren Mitgliedern Vorzüge von vergünstigten Kunstkäufen, sogenannten Jahresgaben, über Begegnungen mit Künstler:innen bis zu gemeinsamen Kunstreisen.

Gerade in Berlin gibt es mit seinen diversen Kunstvereinen und museumsbezogenen Fördervereinen viele Möglichkeiten, Berührungsängste abzubauen, Kunst zu fördern, zu erwerben und mit anderen Menschen am Kunstgeschehen der Stadt teilzuhaben. Im Folgenden eine Auswahl für alle, die neugierig geworden sind.


NBK

Alfredo Jaar. Rosa, Karl, Bertolt, Herbert and the others, Projekt an der Fassade des Neuen Berliner Kunstvereins (n.b.k.), 2018  Foto: n.b.k./Jens Ziehe/Alfredo Jaar, Rosa, Karl, Bertolt, Herbert and the others
Alfredo Jaar. Rosa, Karl, Bertolt, Herbert and the others, Projekt an der Fassade des Neuen Berliner Kunstvereins (n.b.k.), 2018 Foto: n.b.k./Jens Ziehe/Alfredo Jaar, Rosa, Karl, Bertolt, Herbert and the others

Im Herzen Berlins gelegen, ist der 1969 gegründete Neue Berliner Kunstverein eine feste Größe der Kunstszene. Sein Angebot ist sehr breit ausgelegt: Dazu zählen eine Artothek mit mehr als 4.000 ausleihbaren Werken des 20. und 21. Jahrhunderts, ein großes Video-Forum mit internationalen Kunstvideos, Ausstellungen sowie Diskursreihen – alles für jeden Interessenten auch ohne Mitgliedschaft im Verein zugänglich. Neben etablierten Künstler:innen, aktuell die Fotografin Nan Goldin, zeigt der Verein auch jüngere Positionen, unter anderen in der jährlichen Ausstellung der Senatsstipendiat:innen. Mitglieder erhalten vergünstigt Publikationen des NBK und Künstler-Editionen, können an speziellen Veranstaltungen wie Atelierbesuchen teilnehmen und bekommen bei Führungen mit Kurator:innen Einblicke in verschiedene Berliner Kunstorte.

  • Neuer Berliner Kunstverein Chausseestr. 128/ 129, Mitte, Di–So 12–18, Do 12–20 Uhr, Jahresbeitrag 45/ erm. 15 €

NGBK

Der Berliner Kunstverein nGbK im temporären Ausstellungsort am Alex. Foto:Nihad Nino Pusija
Der Berliner Kunstverein NGBK im temporären Ausstellungsort am Alex. Foto:Nihad Nino Pusija

Die ebenfalls 1969 gegründete Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) ist mit ihrer basisdemokratischen Struktur einzigartig in Berlin. Hier entscheiden nicht Vereinsvorstände über das Programm, sondern alle Mitglieder. Dabei können sie, genauso wie Nicht-Mitglieder, als Arbeitsgruppen Projektvorschläge für Ausstellungen, Veranstaltungsreihen und Publikationen einreichen, die nach Auswahl in der Hauptversammlung der Mitglieder von der jeweiligen Gruppe umgesetzt werden. Große Ausstellungen fanden hier statt, etwa von Valie Export und Wolfgang Tillmans und vor allem Gruppenausstellungen zu aktuellen politischen Themen. Neben der Möglichkeit, sich persönlich in die Gestaltung des Kunstvereins einzubringen, erwarten die Mitglieder vergünstigte Publikationen und weitere Vereinsaktivitäten. 

  • Neue Gesellschaft für Berliner Kunst Auerbacher Ring 41, Hellersdorf, „The Driving Factor“, Do+Sa 15–19 Uhr, bis 27.8., Jahresbeitrag 50/ erm. 25 €

Haus am Lützowplatz

Eine Institutionen unter den Kunstvereinen in Berlin: Die Eingangstreppe zur Galerieetage des Haus am Lützowplatz. 1988 entworfen von dem Berliner Bildhauer Volkmar Haase. Foto: Haus am Lützowplatz/Entwurf: Volkmar Haase
Eine Institutionen unter den Kunstvereinen in Berlin: Die Eingangstreppe zur Galerieetage des Haus am Lützowplatz. 1988 entworfen von dem Berliner Bildhauer Volkmar Haase. Foto: Haus am Lützowplatz/Entwurf: Volkmar Haase

Auf Initiative des damaligen West-Berliner Bürgermeisters Willy Brandt gründeten 1960 Sozialdemokrat:innen und Gewerkschafter:innen den „Fördererkreis Kulturzentrum Berlin“. Die schon zuvor als Kunstzentrum genutzte neobarocke Villa am Lützowplatz entwickelte sich zu einem wichtigen Ausstellungsort in der Stadt. Seit 2013 vom Kunsthistoriker Marc Wellmann geleitet, entfachte das Haus am Lützowplatz dieses Jahr mit einer Ausstellung zum Bild „Paris Bar“ eine Debatte über Urheberrecht zwischen dem Estate Martin Kippenberger und dem Maler Götz Valien. Für Mitglieder gibt es vergünstigte Konditionen für alle kostenpflichtigen Veranstaltungen sowie auf Kataloge und Editionen.

  • Haus am Lützowplatz Lützowplatz 9, Tiergarten, Di–So 11–18 Uhr, Deborah Poynton bis 4.9., Jahresbeitrag 50 €

Kunstverein Tiergarten

Der Kunstverein Tiergarten ist ein Ort für interdisziplinäre Kunstprojekte in Berlin Moabit. Foto: Michael Zeeh
Der Kunstverein Tiergarten ist ein Ort für interdisziplinäre Kunstprojekte in Berlin Moabit. Foto: Michael Zeeh

Engagiert und ambitioniert gestaltet der Kunstverein Tiergarten das Kulturleben in Moabit. In den Räumen der ehemaligen kommunalen Galerie Nord ist seit der Vereinsgründung 2004 ein Ort für Gruppenausstellungen, interdisziplinäre Projekte und kulturelle Bildungsarbeit entstanden, mit dem Ziel, durch Kunst gesellschaftliche Prozesse zu gestalten. Darüber hinaus veranstaltet der Verein jährlich den „Ortstermin“, ein Festival der offenen Ateliers und Projekträume in Moabit (2022 vom 26. bis 28.8.). Persönliches Einbringen seitens der Mitglieder ist erwünscht, neben Jahresgaben erwartet sie ein vielfältiges Vereinsprogramm.

  • Kunstverein Tiergarten/ Galerie Nord Turmstr. 75, Moabit, Di–Sa 12–19 Uhr, Jahresbeitrag 50/ erm. 25 €

Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz

Im Auftrag des KulturvereinsLuxemburg Platz vom Berliner Bildhauer Simon Mullon als gekacheltes Stadtmoebel, als Tresen im Freien, aufgestellt. Foto: Imago/PEMAX
Im Auftrag des Kulturvereins Luxemburg Platz vom Berliner Bildhauer Simon Mullon als gekacheltes Stadtmoebel, als Tresen im Freien, aufgestellt. Foto: Imago/PEMAX

Der Kunstverein wurde 2002 mit der Idee gegründet, sich mit dem architektonischen und sozialen Wandel Berlins nach dem Mauerbau auseinanderzusetzen. Heute bestimmen Fragen nach neuen Formen der Stadtplanung und sozialen Räumen das Programm. Und zwar mit Kunst auf Straßen, in Foyers und im L40-Ausstellungsraum sowie am und um den Rosa-Luxemburg-Platz, wo zu Beginn der Pandemie die Skulptur „Popularis“, eine Art „Volkstresen“ des Berliner Bildhauer Simon Mullan stand. Auch wenn die Organisation der Ausstellungen und Projekte überwiegend von dem kleinen Team des Vereins unter der Leitung von Susanne Prinz übernommen wird, bringen sich vor allem bei Interventionen im öffentlichen Raum Mitglieder unterstützend ein. Darüber hinaus gibt es vereinsinterne Themenveranstaltungen.

  • Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz Linienstr. 40, Mitte, Jahresbeitrag 50/ erm. 25 €

KVOST

Einer der neueren Kunstvereine in Berlin: KVOST liegt nur einen Katzensprung entfernt zu anderen Kunstorten an der Leipziger Straße.
Einer der neueren Kunstvereine in Berlin: KVOST liegt nur einen Katzensprung entfernt zu anderen Kunstorten an der Leipziger Straße.

Der Kunstverein Ost, kurz KVOST gehört zu den jüngeren und noch kleineren, jedoch nicht weniger relevanten Kunstvereinen in Berlin. 2018 gegründet, fördert er Künstler:innen aus Osteuropa und solche, deren Arbeit und Leben durch Erfahrungen im ehemaligen Ostblock geprägt sind. Dazu gehört neben dem Ausstellungs- und Diskussionsprogramm auch eine Artist Residency. Jenseits von Klischees und Labels zeigt Kvost beispielsweise Werke junger belarussischer Künstlerinnen ebenso wie Keramik-Kunst aus der DDR. Zur Berlin Art Week 2022 im September eröffnet eine Ausstellung mit der diesjährige Stipendiaten Olena Pronkina, in Usbekistan geboren und in der Ukraine aufgewachsen. Mitglieder können Jahresgaben und Editionen erwerben sowie an Kunstreisen in osteuropäische Städte teilnehmen.

  • Kvost Leipziger Str. 47, Mitte, Mi–Sa 14–18 Uhr, Jahresbeitrag 50/ erm. 20 €

Schinkel Pavillon

Ein Publikumsmagnet: Die Ausstellung mit Arbeiten von HR Giger, Schinkel-Pavillon. Foto: Imago/Schöning
Ein Publikumsmagnet: Die Ausstellung mit Arbeiten von HR Giger im Schinkel-Pavillon. Foto: Imago/Schöning

Hip, international und am Puls der Zeit ist der Schinkel Pavillon. Mit spektakulären Ausstellungen wie der Kran-Performance von Cyprien Gaillard oder zuletzt HR Gigers Alienwelt sorgt der Kunstverein über Berlin hinaus für Aufmerksamkeit. Aber auch kunsthistorische Großkaräter wie Louise Bourgeois wurden in dem rundum verglasten Pavillon des DDR-Architekten Richard Paulick präsentiert. 2002 gegründet, hat die Künstlerin Nina Pohl mit Übernahme der künstlerischen Leitung 2007 das Programm des Hauses geprägt, zu dem die vielbeachtete Architektur-Performancereihe „Disappearing Berlin“ gehört.

  • Schinkel Pavillon Oberwallstr. 32, Mitte, Do–Fr 14–19, Sa–So 11–19 Uhr, 8/ 6 €, Jahresbeitrag ab 50 €

Förderverein Berlinische Galerie

Leute kennenlernen, die Berliner Kunststene auschecken: Open Air Video Art mit „Jung und Artig“. Foto: Harry Schnitger
Leute kennenlernen, die Berliner Kunstszene auschecken: Open Air Video Art mit „Jung und Artig“. Foto: Harry Schnitger

Die Anfänge der Berlinischen Galerie liegen in einem Verein von Kunstenthusiasten, die sich 1975 zum Sammeln und Ausstellen moderner sowie zeitgenössischer Kunst aus Berlin zusammenschlossen. Mittlerweile ist das Haus ein Museum, das mit seiner Sammlung Berliner Kunst von 1880 bis heute und herausragenden Ausstellungen wie derzeit über die Fotografin Sibylle Bergemann besticht. Aus dem einstigen Träger ist ein Förderverein geworden, der Ankäufe, Ausstellungen und Projekte finanziell unterstützt und von einem regen Vereinsleben mit zahlreichen Veranstaltungen profitiert. Besonders interessant für Menschen unter 30 Jahren ist der Ableger „Jung und Artig“. Mit einem eigenen Community-Programm steht hier das gemeinsame Erleben von Kunst und Kennenlernen der Berliner Szene im Vordergrund.

  • Berlinische Galerie Alte Jakobstr. 124–128, Kreuzberg, Mi–Mo 10–18 Uhr, Jahresbeitrag 90/ erm. 45 €, Jung und Artig 30 €

Freunde der Nationalgalerie

Zum 100. Geburtstag des Malers K.O.GÖTZ veranstaltet die Neue Nationalgalerie in Kooperation mit dem Verein der Freunde der Neuen Nationalgalerie eine Retrospektive. Foto: IMAGO / Wolf P. Prange
Zum 100. Geburtstag des Malers K.O.GÖTZ veranstaltet die Neue Nationalgalerie in Kooperation mit dem Verein der Freunde der Neuen Nationalgalerie eine Retrospektive. Foto: IMAGO / Wolf P. Prange

Die Freunde der Nationalgalerie verstehen sich als Mäzene, die durch ihre stattlichen Beiträge maßgeblich die Arbeit der Nationalgalerie und der ihr zugehörigen Häuser unterstützen: das sind Alte sowie Neue Nationalgalerie, Hamburger Bahnhof, Friedrichswerdersche Kirche, Museum Berggruen und Sammlung Scharf-Gerstenberg. Basierend auf dem gleichnamigen, 1925 gegründeten Verein, haben die Freunde seit der Wiedergründung 1977 zahlreiche Ankäufe ermöglicht, darunter Werke von Otto Dix, Barnett Newman und Jenny Holzer. Hinzu kommt die Finanzierung großer Ausstellungen und des Preises der Nationalgalerie. Im „Stoberkreis“ treffen sich zwei Mal im Monat junge Freund:innen der Nationalgalerie unter 35 Jahren. Für die älteren als auch die jüngeren beinhaltet die Mitgliedschaft kostenlose Eintritte sowie zahlreiche Veranstaltungen.

  • Freunde der Nationalgalerie Diverse Orte, Jahresbeitrag 600 €, Stoberkreis 325 €

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In der Berliner Kunstszene ist viel los. Über die neuen und sehenswerten Ausstellungen halten wir euch hier auf dem Laufenden. Noch mehr Inspiration gefällig? Diese Berliner Museen solltet ihr besucht haben. Und in diese Museen gehen unsere Redakteur:innen am liebsten.

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