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Erster Eindruck vom Cold War Museum in Berlin: Achtung, geheim!

Psst, in Berlin eröffnet am 26. November das Cold War Museum. Und wie das so mit sensiblen, aber wichtigen Informationen ist, findet ihr sie in einem toten Briefkasten, also bei uns. Wir konnten uns einschleusen, ein paar Blicke auf die (noch) streng geheimen Exponate werfen und sogar eine kurze Zeitreise machen. Eins können wir euch sagen, Genossen, Freunde, Kollegen oder eine andere kameradschaftliche Bezeichnung: Das Cold War Museum sieht aus, wie es heißt. Ob das nun gut ist, verraten wir euch, aber nicht weitersagen.

Diese Bildsprache spricht das Cold War Museum in Berlin. Geschmacksache. Foto: COLD WAR MUSEUM Berlin/Norbert Braun /Unsplash

Schräger Start im Cold War Museum Berlin

Mit rasender Geschwindigkeit stürzen sie auf Berlin zu. Über eine digitale Anzeige sehen wir, wie sich der Boden nähert. Sind es Raketen? Werden sie die Hauptstadt sprengen? Sie schlagen auf, es knallt. Schnitt. Entwarnung. Es waren keine Raketen, sondern zwei Astronauten, einer in weiß, einer in orange. Sie laufen durch Berlin, essen Currywurst, fahren Bahn und treffen sich darauf vor einem Gebäude mit rotblauen Bannern und seltsam verzerrten Bildern unter anderem von Kennedy. Kurze Pause, die Astronauten schauen sich an. Der Atem stockt. Sie reichen sich die Hand. Der Saal bebt.

So ungefähr lässt sich wohl der Pitch für das Eröffnungsvideo des Cold War Museums beschreiben. Technisch war es einwandfrei, aber leider eben auch ein wenig kitschig. Auch das Museum glänzt mit hohen technischen Standards. Schade nur, dass es noch einige Lücken hat.

Wobei hier angemerkt sei, dass es zum Zeitpunkt unseres Besuchs noch nicht fertig war. Luft nach oben gibt es ordentlich, gut möglich, dass es noch interessanter wird. Außerdem ist der Kalte Krieg in der Museumslandschaft noch unterrepräsentiert. Immer wieder gibt es in Deutschland Ausstellungen zum Thema. Aber ein ganzes Haus, das sich auf diese Zeit spezialisiert, gibt es noch nicht. Das Cold War Museum wird das erste sein, kann sich ergo aus einem halbwegs unberührten Themenpool bedienen. Einen randvollen.

‘ne Rakete im Cold War Museum. War sehr beeindruckend. Foto: tipBerlin

Ein Konflikt, der sich fast über die gesamte Hälfte des 20. Jahrhunderts zog, ein Kampf zwischen Westmächten und Sowjetunion, zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Ein Konflikt, der sich zwischenzeitlich mehrfach zu einem „heißen“ Krieg zu entwickeln drohte: durch die Berlin-Blockade, die Kubakrise und den Nato-Doppelbeschuss. Ein Konflikt, der zu Stellvertreterkriegen in Korea und Vietnam führte. Was diese Zeit prägte, war das Wettrüsten, und zwar nicht nur militärisch, sondern auch wissenschaftlich (Raumfahrtmissionen). Und darüber hinaus: Proteste, Politikeransprachen in majestätischem Tonfall, Schlagzeilen über Schlagzeilen.

Cold War Museum: Seltsame Ästhetik, verpatzte Chancen

Im Cold War Museum finden sich viele Infos, säuberlich sortiert auf Touch-Bildschirmen. Damit sich ein Besuch nicht anfüllt wie ein Wikipedia-Rundgang, haben sich die beiden Initiatoren Carsten Kollmeier und Harald Braun (Samurai Museum, Dali Museum, Spionagemuseum) noch ein paar reale Exponate geholt: klobige Raumanzüge, klobige Kameras, ein klobiges Aufnahmegerät, damals war alles noch etwas weniger kompakt. Das AK47-Sturmgewehr in der Ausstellung wirkt dagegen regelrecht filigran. Diese Ausstellungsstücke machen das Museum interessant, sie geben wirklich Einblicke. Das Best-of der damaligen „Spiegel“- und „Times“-Schlagzeilen ist ebenfalls zu finden, kann da aber nicht mithalten.

Den legendären Sprung in die Freiheit könnt ihr im Cold War Museum hautnahe erleben. Foto: Gemeinfrei

Nicht fehlen darf auch eine VR-Präsentation. Immerhin, und das wird Carsten Kollmeier nicht müde zu betonen, „soll das Cold War Museum besonders jüngere Menschen begeistern“. Spielerische Elemente sollen dabei helfen. Zu sehen ist ein Videoclip, in dem wir als Journalist:innen einen Schnappschuss vom berühmten Sprung in die Freiheit des DDR-Polizisten Conrad Schumann machen. Tatsächlich ist die VR-Experience, wie sie wohl der Verantwortliche genannt haben dürfte, sehr gelungen. Neben den vereinzelten realen Exponaten ein kleiner Höhepunkt.

Sergei Tchoban, unter anderem Mitbegründer und Inhaber des Museums für Architekturzeichnung, ist mitunter für die Ästhetik verantwortlich. Leider ist das Ergebnis mitunter nicht ganz so glücklich. Die Wände des Museums sind übersät mit zusammengewürfelten Graffitis, Che Guevara trifft auf Astronauten, trifft auf Kennedy, trifft auf rot-blaue-Landkarte: Mit den ikonischen Bildern aus dem Kalten Krieg trägt das Museum vielleicht ein bisschen dick auf. Wer böse sein will, fühlt sich an vollgekritzelte Hausaufgabenhefte aus der Schulzeit erinnert. Die volle Frontstadt-Experience ist das nicht, es bleibt oberflächlich. Aber in Zukunft kommt wahrscheinlich auf jeden kritischen Berliner eine begeisterte Schulklasse auf Hauptstadt-Besuch, für die sich das Cold War Museum in Stellung bringt.

Dass das nicht an den Komplexitätsgrad eines Deutschen Historischen Museums heranreicht, ist nicht überraschend. Soll es auch nicht, der Zugang ist ganz anders: viel Show, viel Erlebnis. Und dabei hat man es noch mit viel „work in progress“ zu tun. Im Gegensatz zum Kalten Krieg ist die Arbeit am Museum noch nicht abgeschlossen.

Und der Ansatz ist ja durchaus erfrischend. Nach der Eröffnung am 26. November soll das Haus zudem erweitert werden. Auf die Frage, wie viel Etat dafür eingeplant ist, reagierte Kollmeier zwar nicht. Ebenso wenig klärte er, womit neben zusätzliche Zeitzeugenberichten noch zu rechnen ist. Aber Geheimnisse passen eben zum Thema.

  • Cold War Museum Unter den Linden 14, Mitte, 26.11 (Eröffnung), 16 €, weitere Infos hier

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