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Berliner Museen

Neues Museum: Geschichte, Wissenswertes und Besucherinfos

Das Neue Museum, wie wir es heute kennen, gibt es erst seit 2009: Das im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Gebäude wurde von dem britischen Architekten David Chipperfield atemberaubend schön „kritisch rekonstruiert“. Seitdem beherbergt es das Ägyptische Museum, die Papyrussammlung, das Museum für Vor- und Frühgeschichte und Teile der Antikensammlung.

Neues Museum auf der Museumsinsel mit dem Treppenhaus von David Chipperfield. Foto: Imago/Schöning

Die Sammlung des Neuen Museums

Das Ägyptische Museum und die Papyrussammlung spiegeln die Kulturen entlang des Nils bis hoch in den Sudan. Zu den Höhepunkten hier zählt die Büste der Nofretete, der Pharaonin, die – zusammen mit ihrem Gemahl Echnaton – als erste Auftraggeberin des individualisierten Herrscherporträts am Hofe gilt. Die Büste ist seit 1925 in Berlin ausgestellt. Unbedingt sehenswert ist das Untergeschoss mit den altägyptischen Kultkammern. Die Papyrussammlung ist die umfangreichste Sammlung des Museums und beinhaltet neben einer Originalhandschrift von Homers „Ilias“ zahlreiche Schriften und Schriftenfragmente auch aus Nilkulturen. 

Das Museum für Vor- und Frühgeschichte versammelt Artekfakte aus Europa und Asien von der Altsteinzeit bis zum Mittelalter. Zu den bekanntesten Objekten hier zählt der sogenannte Goldhut aus der Bronzezeit, ein schmaler, hoher Zeremonialhut, der einer überdimensionierten, reich verzierten Patrone ähnelt. Um 1000 vor Christus gefertigt, wurde er an unbekanntem Ort gefunden. Weniger bekannt sind die Wandmalereien zur nordischen Mythologie und die schwarzglänzenden Behälter für Leichenbrand aus Sachsen-Anhalt, die rund 3.000 Jahre alt sind.

Aus der Ausstellung „Im Licht von Amarna. 100 Jahre Fund der Nofretete“ 2013. Foto: Imago/ Eventpress/ Herrmann

Das Neue Museum: Die Geschichte

Das dreigeschossige Museum ist einen großen Teil seiner Existenz Baustelle gewesen. Bereits seine Errichtung ab 1841 nach Entwürfen von Friedrich August Stüler dauerte 14 Jahre, weil die Revolution von 1848 dazwischen kam. Als es schließlich 1855 – innen reich mit Wandmalereien geschmückt – als zweites Haus der Museumsinsel eröffnete, diente es als Herberge für die Ägyptische Sammlung einschließlich der Papyrus-Sammlung, für die „Sammlung Vaterländischer Altertümer“, die Abguss-Sammlung antiker Plastik sowie Kupferstichkabinett und Königliche Kunstkammern. Im Zweiten Weltkrieg wurde es stark beschädigt. Erst 1985 begannen Sanierungsarbeiten, 1995 war die bauliche Sicherung abgeschlossen.

Andrang vor dem verhüllten Neuen Museum anlässlich des Festaktes zu Beginn der Sanierung 2003. Foto: Imago/Pemax

1997 entschied eine Jury über den Wettbewerb  für den Umbau in ein zeitgenössisches Museum, doch den Auftrag erhielten nicht die Gewinner, sondern der Zweitplatzierte, der britische Architekt David Chipperfield. Zum Glück. Zwischen 2003 und 2009 ließ er das Haus so umbauen und wiederherstellen, dass zwar die „historische Silhouette“ und das „originale Bauvolumen“ (David Chipperfield) sichtbar, die Spuren der Zerstörung jedoch erhalten geblieben sind. Alt und Neu lassen sich voneinander unterscheiden. Auf das ursprüngliche Dekor verzichtete Chipperfield. Dieses Musterbeispiel „kritischer Rekonstruktion“ lässt sich am besten im monumentalen Treppenhaus erkennen, das allein einen Besuch wert ist.

Wichtigste Ausstellungen des Neuen Museums

Griechischer Hof im Neuen Museum, entstanden um 1850. Foto: Imago/McPhoto

Immer neu informieren Wechselausstellungen Besuchende über Grabungen in und bei Berlin, zum Beispiel über die Funde während Bauarbeiten für den neuen U-Bahnhof der Linie 5 am Roten Rathaus, wo Grabungen die Gestalt des mittelalterlichen Rathauses von Berlin an das Tageslicht brachten. Die Objektfunde von dem Ort waren 2013/2014  im Neuen Museum zu sehen, zusammen mit Beispielen für heutige archäologische Techniken. Die binationale Prestige-Ausstellung „Russen & Deutsche. 1.000 Jahre Kunst, Geschichte und Kultur“ sorgte 2012/2013 für Aufsehen, denn sie sollte auch die beidseitigen Rückgaben von im Kriegen translozierter Kunst befördern.

Die Teams aus Russland und Deutschland standen zudem vor der Herausforderung, den Zweiten Weltkrieg zu beidseitiger Zufriedenheit darzustellen. Man einigte sich darauf, den Krieg nach dem Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands auf die Sowjetunion, dem 27 Millionen Menschen zum Opfer fielen, in einem Raum mit zeitgenössischen Großaufnahmen von Landschaften zu versinnbildlichen, auf denen die furchtbaren Schlachten ausgetragen wurden. Dazu lief die 5. Sinfonie von Schostakowitsch, die der russische Komponist unter dem Eindruck der Deportation seiner Schwester 1937 vollendet haben soll.  

Kontroversen

Rückgabeforderungen erreichen auch das Neue Museum. So werden aus Ägypten immer wieder Ansprüche auf die Büste der Nofretete laut. Während Gegner:innen der Rückgabe auf damalig geltendes Recht verweisen, nach dem die weltberühmte Büste legal ausgeführt worden sei, argumentieren Befürworter:innen, dass Ägypten damals unter britischem Protektorat stand, die Büste daher nur aus Sicht der Besatzungsmacht rechtmäßig nach Europa gelangt sei.

Forschung des Neuen Museums

Zuwachs erhält die Sammlung des Museums für Vor- und Frühgeschichte weiterhin durch Grabungen im Großraum Berlin, die es aufzuarbeiten gilt. Der gemeinsamen russischen und deutschen Kulturgeschichte ist zudem ein Projekt gewidmet, das die in Berlin und Kaliningrad stationierte „Prussia-Sammlung“ virtuell zusammenführen soll: Sie umfasst Objekte und Daten zu rund 1.000 Jahren Geschichte im südlichen Ostseeraum.

Ein mehrjähriges Vorhaben in Kooperation mit dem Pariser Louvre widmet sich den Schriften von der Elephantine- Insel in Südägypten nähe Assuan, die für 4.000 Jahre ununterbrochener Texttradition stehen. Von der Erforschung erhoffen sich die Wissenschaftler:innen Aufschluss über die Alltagskultur, über Organisation von Familie und Gesellschaft, sowie die Entwicklung der Religionen. Ein weiteres ägyptisch-deutsches Projekt dient Erschließung, Sicherung und Dokumentation einer um 2010 entdeckten, vermutlich 4.500 Jahre alten Totenstadt in Qubbet el-Hawa North. 2015 begonnen und seit 2017 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert, soll es bis 2028 reichen.

Das Neue Museum: Fun Fact

Bevor er mit den Bauarbeiten am Neuen Museum begann, nannte Architekt David Chipperfield das Haus „die schönste Ruine Berlins“.

Neues Museum: Besucherinformationen

Das Neue Museum auf der Museumsinsel, dahinter der Berliner Dom. Foto: Imago/agefotostock

Shop und Gastronomie Buchhandlung Walther König, James-Simon-Galerie, Bodestr. 1-3, Mitte, Di-So 12-18 Uhr, Tel. 030/75 44 24 00
Café & Restaurant Cu29, James-Simon-Galerie, Bodestr. 1-3, Mitte, Di-So 10-18 Uhr
Allegretto Café, Bodestraße 1, Mitte, Di-So 10-18 Uhr

Kinder Viele Kinder finden die ägyptischen Grabkammern spannend. In einem der Obergeschosse finden sich zudem in die Regel einige Objekte zum Anfassen.

Führungen Neben regulären Veranstaltungen für Erwachsene wie Führungen für Kinder, Familien und Schulen und Reisegruppen finden im Neuen Museum auch Telefonführungen für Menschen mit und ohne Sehbehinderung statt.  

Adresse und Öffnungszeiten James-Simon-Galerie, Bodestr., Mitte, vollständig rollstuhlgeeignet, Di-So 10-18 Uhr, 12/6 €, bis 18 Jahre und Empfänger:innen von Transferleistungen frei, Bereichskarte Museumsinsel: 19 €/9,50 €, Tickets hier

Anreise U-/S-Bahnhof Friedrichstraße, U-Bahnhof Museumsinsel, Tram-Stopp Am Kupfergraben

Tipp Wer unten in den Grabanlagen beginnt, ist rasch erschöpft. Besser ist es, einen Rundgang oben zu beginnen und sich die monumentalen Zeugen ägyptischer Bestattungskultur als Höhepunkt für den Schluss aufzuheben.


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