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Bösebubengeschichten: „Max und Moritz“ am Berliner Ensemble

Hosti, Hosti! Uffta, Uffta! Antú Romero Nunes macht sich ein Späßchen mit „Max und Moritz“

Foto: JR Berliner Ensemble

Das ist der interessante Fall einer Inszenierung, die im Willen zum höheren Quatsch handwerklich sehr ordentlich fast alles richtig macht und am Ende dann doch nur nach deutscher Wertarbeit und nicht nach Anarchie und Aberwitz aussieht. Der Regisseur Antú Romero Nunes holt am Berliner Ensemble Wilhelm Buschs „Max und Moritz“, sozusagen den Godfather aller Comics um jugendliche Devianz, aus der Ohrensessel-Behaglichkeit des 19.Jahrhunderts in den Ironie-Pop der Gegenwart. Die Kostüme von Victoria Behr zitieren den Biedermeier-Plüsch, pumpen ihn auf und gießen grelle Farben darüber. Ähnlich funktioniert die hochenergetische Spielweise. Das ist am Anfang ziemlich lustig, zumal Max und Moritz die Ehre haben, von zweien der besten Schauspielerinnen des Planeten, Annika Meier und Stefanie Reinsperger, gespielt, verhöhnt, gefeiert und in den Irrsinn getrieben zu werden. Sie grunzen und singen in einer lustigen Ursprache („Hosti, Hosti! Uffta, Uffta!“), sie zelebrieren den lustigsten Pimmelvergleich der jüngeren Theatergeschichte, sie tänzeln fröhlich grimassierend durch die Bösebubengeschichten als wäre Wilhelm Busch auf LSD.

Auch die anderen Schauspieler dieser Koproduktion des Berliner Ensembles mit den Ruhrfestspielen sind im Prinzip eine Freude. Lehrer Lämpel wird von einer gut gelaunten Constanze Becker belebt, Witwe Bolte ist ein lustiger Fleischklops (Sascha Nathan), und für alles andere ist der zuverlässige Könner Tilo Nest zuständig. Eigentlich kann bei so einer erlesenen Besetzung nichts schiefgehen, aber dann ziehen sich die einzelnen Nümmerchen leider arg zäh in die Länge. Die bescheidenen Einfälle werden so mühsam breitgetreten, ausgewalzt, vorgeturnt und abgearbeitet, dass man in den knapp zwei Stunden der Aufführung dauernd auf die Uhr sehen muss und hofft, das Etablissement bald verlassen zu dürfen. Der kleine Einfall, dass jede Szene ein Bild ist, dass Bilder einen Holzrahmen brauchen und dass in diesem Rahmen die Figuren wie in einem Polaroid oder einem Tableau Vivant kurz oder zu lang einfrieren, wird zelebriert als wollte man auf die Auffassungsgabe grenzdebiler Rentner Rücksicht nehmen, denen man jeden Witz erklären und in Slowmotion liefern muss. Diese Humor-Dienstleistung wird zur Qual, wenn Tilo Nest mit schmerzfreier Penetranz eine Heinz-Erhardt-Nummer runterknödelt oder wenn Reinsperger in einem Versuch, von lustig auf böse und fies umzuschalten die Debilität von Volksmusik-Fernsehen zitiert und im Zuschauerraum glücklich mitgeschmunzelt wird. Weil einige der Beteiligten (die Dramaturgin Sabrina Zwach, die Kostümbildnerin Victoria Behr und die tolle, großartige, bewunderte und jederzeit umwerfende Annika Meier) in besseren Tagen bei Herbert Fritschs Dada-Shows mitgewirkt haben und die grimassenfreudige und körperexzentrikorientierte Spielweise sich an der Fritsch-Kunst orientiert, dabei aber immer etwas zu mühsam, brav und auswendig-gelernt wirkt, kommt man sich vor, als wäre man in einer Mischung aus Fritsch-Freude und Fernsehgarten-Spießerbespaßung gelandet. Das ist kein schönes Gefühl.

Termine: Max und Moritz am Berliner Ensemble

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