In der Rossini-Vorlage „Il viaggio a Reims“ von 1824 strandet ein Hautevolee-Grüppchen auf dem Weg zur Königskrönung in einem Kurort und wartet vergebens auf frische Droschken-Pferde. In der Pleiten-und-Pannen-Fassung der Neuköllner Oper erwischt es einen Haufen VIPs, die unterwegs zu einer Weltenlenker-Konferenz sind; irgendwann in ferner Zukunft, am ersten Betriebstag des Flughafens Willy Brandt.
Weil immer noch nichts funktioniert – die Katastrophenliste reicht vom überfluteten Gate bis zum Hangar-Einsturz –, finden sich die hohen Herrschaften gefangen in der „top executive exclusive sky lounge“ wieder. Zusammengewürfelt hat das Schicksal hier unter anderem einen sonnenbebrillten arabischen Ölscheich (Richard Neugebauer), eine griechische Reederstochter (Ioanna Forti), die ihr Heimatland zum Themenpark umrüsten will, eine asiatische Businessfrau (Yuka Yanagihara), die unentwegt die neuesten Widgets anpreist, und das quietschfröhliche Partygirl London Sheraton (Polly Ott), das fürs Berühmtsein berühmt ist.
Hinter dieser Fehlstart-Farce für vier Musiker steht mit Komponist Kharбlampos Goyуs, Librettist Dimitris Dimopoulos und Regisseur Alexandros Efklidis das griechische Künstler-Trio, das im vergangenen Jahr mit „Yasou Aida!“ treffsicher die Querelen um den griechischen Staatsbankrott hochgenommen hat. Ganz so pointiert ist „AIRossini“ zwar nicht. Vor allem in der zweiten Hälfte ufert das Ganze in eine Occupy-Agitprop-Nummer ohne erkennbaren Flughafen-Bezug aus. Andererseits: Der BER ist eben auch eine gigantische Projektionsbrache.
Text: Patrick Wildermann
Foto: Matthias Heyde
tip-Bewertung: Annehmbar
AIRossini
Neuköllner Oper,
bis 14.7.
Karten-Tel. 68 89 07 77
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