• Kultur
  • Theater
  • Kündigung für den Theaterdiscounter: Kultur-Kahlschlag in Mitte

Gentrifizierung

Kündigung für den Theaterdiscounter: Kultur-Kahlschlag in Mitte

Hier fing alles an: Der Theaterdiscounter mit dem markanten Logo, noch an seiner alten Spielstätte. Foto: imago/Jürgen Hanel
Hier fing alles an: Der Theaterdiscounter mit dem markanten Logo, noch an seiner alten Spielstätte. Foto: imago/Jürgen Hanel

Dem Theaterdiscounter in Mitte steht mitten in der Corona-Krise die nächste Katastrophe bevor: Die wichtige Spielstätte der freien Szene hat die Kündigung erhalten. Zum 31. August soll Schluss sein – eine Frist von bloß vier Monaten, die für das Haus völlig überraschend kommt. Dem Theaterdiscounter droht nun die Räumung. Das Grundstück in der Klosterstraße 44 befindet sich in Privatbesitz und wurde kürzlich erneut an Investoren verkauft.

Die Kündigung schmerzt, der Theaterdiscounter ist wichtig für die Freie Szene Berlins

Der Theaterdiscounter in der Klosterstraße steht vor dem Aus, die Besitzer des Gebäudes haben dem Theater gekündigt. Foto: Theaterdiscounter
Der Theaterdiscounter in der Klosterstraße steht vor dem Aus, die Besitzer des Gebäudes haben dem Theater gekündigt. Foto: Theaterdiscounter

Der 2003 gegründete Theaterdiscounter hat sich als wichtige Spielstätte der Freien Szene in Berlin etabliert. Jedes Jahr werden etwa 40 Produktionen dort aufgeführt – zur Hälfte Eigenproduktionen, die vor allem in Zusammenarbeit mit Studierenden von Berliner Schauspielschulen entstehen. Der Fokus liegt auf zeitgenössischer (Post)-Dramatik.

Bevor die Corona-Krise den Spielbetrieb lahmlegte, war in diesem Jahr noch die Premiere von „Obduktion einer Kunstfigur“ über den Musiker Klaus Nomi zu sehen.


Probleme mit Investoren hatte der Theaterdiscounter oft: Bereits 2008 musste die Bühne ihre Räumlichkeiten in der Oranienburger Straße aufgeben. Das Theater zog 2009 an den heutigen Standort, das ehemalige Fernmeldeamt Ost-Berlins. 2018 wurde das Gebäude verkauft, womit sich die Miete für das Theater verdoppelte. Mit dem jüngsten Wechsel des Besitzers steht der Theaterdiscounter nun vor dem Aus.  

Komplexe Stadtplanung: Das Areal um den Molkenmarkt

Blick auf die Alte Münze: Das gesamte Areal rund um das Rote Rathaus und den Molkenmarkt steht als Planungsgebiet Klosterviertel/Molkenmarkt vor großen Veränderungen. Foto: imago/Dirk Sattler
Blick auf die Alte Münze: Das gesamte Areal rund um das Rote Rathaus und den Molkenmarkt steht als Planungsgebiet Klosterviertel/Molkenmarkt vor großen Veränderungen. Foto: imago/Dirk Sattler

Die Entscheidung der Investoren ist verwunderlich, gehört das Grundstück doch zum Stadtentwicklungsgebiet Molkenmarkt/Klosterviertel: Das Areal soll seiner Bedeutung als historische Mitte der Stadt wieder gerecht werden und in Anlehnung an historische Stadtgrundrisse umstrukturiert werden. Derzeit ist das Gebiet vor allem durch Büro- und Verwaltungsgebäude geprägt. Der neue Eigentümer versuche, brachial und einseitig Fakten zu schaffen, wie es in einer Pressemitteilung des Theaterdiscounters heißt.

https://www.instagram.com/p/B_2mgWaJ8QM/

Kündigung für den Theaterdiscounter – was die Betreiber*innen fordern

Die Mitarbeiter*innen der Bühne wenden sich mit Forderungen an die Öffentlichkeit und an den Senat:

  • Kurzfristig muss eine Ersatzspielstätte organisiert werden, um die Produktionen in der neuen Spielzeit im Herbst zu sichern.
  • Dennoch soll versucht werden, das Mietverhältnis in der Klosterstraße 44 zu retten.
  • Langfristig soll ein neuer Theaterbau entstehen. Der Theaterdiscounter fordert, dass mindestens 40 Prozent Kulturfläche den künftigen Molkenmarkt ausmachen. Ein „Kulturband“ solle das Areal mit der Alten Münze und dem Haus der Stastistik verknüpfen.   


Mehr zum Thema

2013 beleuchtete tipBerlin-Autor Peter Laudenbach, wie die Gentrifizierung die freie Kunstszene bedroht. Auch der Theaterdiscounter hatte viel zu befürchten: Wohnflächen wären für die Investoren schlicht lukrativer, rechnete ein Regisseur vor.

Der Theaterdiscounter hat, wie alle Berliner Bühnen, aktuell kein Programm mit Publikum. Unter dem Titel „Zwischenspiele“ finden Audiospaziergänge für Einzelpersonen statt. Die Kultur verlagert sich zunehmend ins Digitale. tipBerlin hat einen täglichen Veranstaltungskalender für Online-Formate und Livestreams.

Im Zuge der Corona-Krise unterstützt der Senat auch private Kulturbetriebe mit Millionen. Lest hier, wie Künstler*innen der Corona-Krise mit Solidarität trotzen.

Berlin am besten erleben
Dein wöchentlicher Newsletter für Kultur, Genuss und Stadtleben
Newsletter preview on iPad