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Uraufführung 

Landlust: „Der Tempelherr“ in den DT-Kammerspielen

Ferdinand Schmalz hat ein Herz für Spinner: „Der Tempelherr“ zieht aufs Land

Foto: Arno Declair

Der Irrsinn klingt gleich besser, wenn er formvollendet in klassischem Versmaß, in Jamben, um genau zu sein, daherkommt. Ferdinand Schmalz, ein lässiger Österreicher und erfreulicher Mensch, der aussieht wie er heißt, ist als Dramatiker ein Kenner beider Sphären. Er erforscht liebevoll den Irrsinn des zeitgenössischen Alltags – und er weiß, wie lustig und schräg erhaben-feierliche Gespräche über Selbstverwirklichung, Hausbau, Landlust, anmaßende Schwiegerväter und andere Zumutungen klingen, wenn das Personal seine Rede leicht verrutscht rhythmisiert schwingen lässt, als wäre man mit Iphigenie auf Tauris und nicht mit Petra auf der Baustelle. Nichts gegen Petra übrigens, im neuen Werk des Alltagsirrsinns-Freundes Schmalz ist Petra die tapfere Gattin eines gewissen Heiner, und nicht nur weil Heiner ein Lehrer mit Ambitionen ist, hat sie wenig zu lachen.

Seine Ambitionen lebt der humanistisch gebildete ­Pädagoge beim Hausbau auf dem Lande aus. Weil der Bau den ­Bauherrn porträtieren soll, gerät dem armen Lehrer, der offenbar zu viel Heidegger gelesen hat und unter einem etwas überhöhten Selbstbild leidet, der Landsitz zum antiken Tempel: „Denn so ein Eigenheim, das errichtet man ja auf sich selbst.“ Dass ihm das nicht gut bekommen ist, ahnt man schon zu Stückbeginn: Mit Petra (Natali Seelig) haben sich die ­anderen Hinterbliebenen, Petras Vater (Harald Baumgartner), der Architekt Markus (Bernd Moss) und der Alarmanlagen­experte Thomas (Edgar Eckert) nebst Tussi-Gattin (Linn Reusse) auf der Baustelle versammelt, um des verblichenen Heiner zu gedenken. Eine letzte Aussprache soll Licht in die Heiner-Baustelle und seinen Willen als Wahnvorstellung bringen. Oder mit Petras Worten: „Weil man doch mit der Vorstellung, der eigenen, die Lücken füllen müsse. Dass man erst dadurch von der Tektonik eines Baus als Ganzes was verstehe, wenn man mit eigner Kraft diese Ruinen dann zu Ende denkt.“

Die Situation bietet Anlass für allerlei Gedanken-Pingpong. Der Schwiegervater macht klar, dass er nichts von ­Heiner gehalten hat: „Die Biere nicht so kalt wie das Schweigen zwischen uns.“ Ein Chor der Landbewohner mit archaischen Masken macht seinem Hass auf die neuen Nachbarn aus der Stadt Luft: „Wie Hundehaufen scheißen sie uns ihre Häuser in die Gegend rein.“

Philipp Arnold inszeniert die Uraufführung in den Kammerspielen des Deutschen Theaters so bieder wie streberhaft um Originalität bemüht. Das Ergebnis ist in den besseren Passagen halblustig.

Deutsches Theater Kammerspiele Schumannstraße 13a, Mitte,
Do 7.3., 19.30 Uhr, Mi 20.3., 20 Uhr, 23 €–30 €

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