Schon vor Beginn der Vorstellung liegt der Posaunist wie erschlagen im Liegestuhl unter der grauen Waschbetondecke, und auch die weißen Westernstiefeletten der melancholisch in die Ferne blickenden Geigerin baumeln traurig von der Brüstung. Den Rest des Ensembles hat’s noch schlimmer erwischt. In Decken und Mundschutz gehüllt lungern sie kränklich auf der Bühne. „Lovesick“ (Regie: Sommer Ulrickson) heißt das Stück, das hier träge seine Uraufführung feiert. Und das ist wörtlich zu nehmen.
In einem bunkerartigen Liebeslazarett, untermalt von schnulzigen Popsongs und Arien (Musik: Moritz Gagern), haben sich fünf Gefühlsversehrte zur gemeinsamen Heilung eingewiesen und präsentieren stolz leidend ihre im Liebeskampf zugezogenen Wunden: Schlaflosigkeit, Hunger, kein Hunger und aggressive Selbsterniedrigung („Ich habe ihm auf den Power-Point-Projektor gekackt“). Als Postergirl dieser Leidens-Performer, die sich nach dem Motto „Verliebt, verletzt, verzweifelt“ durch den Raum winden, dient die NASA-Astronautin und dreifache Mutter Lisa Nowak, deren Bild ikonenhaft an der Wand hängt. Die versuchte vor einigen Jahren so liebestoll wie liebeskrank ihre Nebenbuhlerin zu entführen. Unter den Liebespatienten bekommt sie für ihre Verzweiflungstat ehrfürchtige Bewunderung. Denn am Ende ist ja nur eins schlimmer, als an der Liebe zu leiden. Damit aufzuhören.
Text: Björn Trautwein
Foto: Matthias Heyde
tip-Bewertung: Sehenswert
Lovesick in der Neuköllner Oper, Karl-Marx-Straße 131-133, Do 18.3. bis So 21.3., Do 25., Fr 26., So 28.3., Do 1.4. bis Sa 3.4., 20 Uhr