Küsse, Kampfsport und Sonette: Die Inszenierung ist im besten Sinne altmodisch, kein Regietheater, sondern ein der Story verpflichtetes sinnliches Spektakel
Dass Christian Leonard zum Start der Vorfreudesaison fürs neue Globe Berlin „Romeo und Julia“ inszeniert, hat womöglich mit im Theater weit verbreitetem Aberglauben zu tun. Der Shakespeare-Klassiker war Leonards erste Inszenierung für die von ihm 1999 gegründete Shakespeare Company Berlin – ein Erfolg, Inszenierung wie Truppe. Also setzt er nun wieder auf den Glücksbringer und zeigt dabei, wie er Theater versteht: volksnah, kulissenarm, aber fantasiereich.
Mit viel Comic relief und handgemachter Musik auf Akustikgitarren und Harfe wird der bekannte Konflikt des Liebespaares aus zwei verfeindeten Familien erzählt. Trotz elisabethanisch anmutender Kostüme, Fechtszenen und eingebauter Sonette bleibt stets klar, dass die 400 Jahre alten Figuren Seelenverwandte der Gegenwart sind. So belässt es das Liebespaar nicht bei keuschen Küssen, sondern geht lüstern miteinander ins Bett, hier darf es „im Schlummerlicht der kühlen Nacht heiß hergehen“.
Gleichwohl ist die Inszenierung im besten Sinne altmodisch, kein Regietheater, sondern ein der Story verpflichtetes sinnliches Spektakel. In das Leonard gleichwohl einen Text aus Shakespeares Fragment „Die Fremden“ einknüpft, über die 1517er-Aufstände von Londoner Bürgern gegen eingewanderte Flamen und Franzosen mit einem feurigen Monolog gegen Fremdenhass und Ressentiments. Shakespeare zeigt sich also erneut hochaktuell.
Termine: Globe Berlin | Prolog-Bühne Sömmeringstr. 15, Charlottenburg, Eintritt 23–29 €