Patrick Wengenroths Abend „Angst essen Deutschland auf“ im Schaubühnen-Studio ist, drei Jahrzehnte nach Rainer Werner Fassbinders Tod, ein von Faszination und einer gewissen Hilflosigkeit geprägtes Nachdenken über den Extremregisseur. Wengenroth sampelt Interview-Zitate, Talkshow-Auftritte, Film-Dialoge Fassbinders. Was entsteht, ist ein Fassbinder-Kabarett, eine Freak-Show der lustig-exzentrischen Gestalten. Wengenroth und seine Schauspieler geben Fassbinder-Doubles, mal in Lederjacke, mal im schwulen Matrosen-Outfit. Jule Böwe und Lucy Wirth zitieren mondän-verruchte Diva-Posen im Schygulla-Stil.
Fassbinders Њuvre schrumpft zu kurzen Zitaten aus „Martha“ oder „Deutschland im Herbst“, aus „Liebe ist kälter als der Tod“ oder „Porträt einer heiligen Nutte“ – Wiedersehen macht Freude. Vollends ambivalent wird das, wenn Nils Bormann als schwarze Witwe aus einem Verzweiflungsinterview zitiert, das Fassbinder zu „In einem Jahr mit 13 Monden“ gegeben hat, der verstörende Film über den Selbstmord seines Freundes. An der Schaubühne wird dieser Schmerz-Ausbruch zur lustig-sentimentalen Nummer.
Text: Peter Laudenbach
Foto: Heiko Schäfer
tip-Bewertung: Annehmbar
Angst essen Deutschland auf: Termine
an der Schaubühne,
Karten-Tel. 89 00 23
Kurzinterview mit Patrick Wengenroth
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