Armin Petras erweist Gerhart Hauptmann zum 150. Geburtstags seine Referenz und inszeniert am Maxim Gorki Theater die frühe Novelle „Bahnwärter Thiel“. Die von ihrer „brutaler Leidenschaftlichkeit“ und einem harten Herzen gesteuerte Gattin Thiels wird von der Regie verdoppelt: Regine Zimmermann spielt, Diane Gemsch tanzt diese angstbesetzte Männerfantasie des alles verschlingenden Weibes. Schattenspiele und verwackelte Videos wollen eine zweite Wirklichkeit des zunehmend abdrehenden Thiel schaffen, bleiben aber neckische Dekoration. Peter Kurth macht aus dem biederen preußischen Bahnwärter Thiel einen tapsigen Uniformträger. Diese drei Darsteller und der Bilderteppich im Hintergrund müssen den Abend tragen.
Die Bühne (Olaf Altmann): ein großer, aufrecht stehender, quadratischer Holzrahmen. Mit Thiels Lebenskatastrophe, dem Tod seines Kindes, gerät nicht nur der gesunde Menschenverstand des preußischen Bahnwärters aus dem Gleichgewicht, auch der Rahmen neigt sich bedrohlich in Schräglage.
Leider ist der Bombast, den Petras auffährt, von der Bach-Kantate („Ich habe genug“) bis zu den sexualpathologischen Zuckungen von Thiels Gattin, so konfus wie durchsichtig auf Wirkung kalkuliert.
Text: Peter Laudenbach
Foto: Thomas Aurin
tip-Bewertung: Zwiespältig
Bahnwärter Thiel? (Termine)
im Maxim Gorki Theater,
z.B. am Di 25.12., 19.30 Uhr,
Karten-Tel. 20 22 11 15
weitere Rezensionen:
„Am schwarzen See“ von Dea Loher am DT
„Servus Peter – Oh la la Mireille“ in der Bar jeder Vernunft
„Die Wirtin“ an der Volksbühne
Rainald Grebes „DADA Berlin“ am Gorki Theater
Kinderoper „Ali Baba und die 40 Räuber an der Komischen Oper
Gob Squads „Dancing About“ im Roten Salon
Philipp Stölzls „Parsifal“ an der Deutschen Oper
Thomas Ostermeiers „Ein Volksfeind“ an der Schaubühne
Christoph Marthalers „Glaube, Liebe, Hoffnung“ an der Volksbühne
„Ödipus Stadt“ am Deutschen Theater
„Die Räuber“ am Maxim Gorki Theater“
Theater und Bühne in Berlin