Eine knappe halbe Stunde lang gibt sich Rainald Grebe bei seinem Liederabend „Zurück zur Natur“ im Gorki Theater der Sehnsucht der Städter nach der guten alten Mutter Erde hin: mit Songs, in denen die „Knospen blühn“ und „Nächte glühn“ und man vor dem Kamin sitzend sein eigenes Gras raucht. Doch dann ist Schluss mit Schollenromantik, und man landet wieder in der „Castingallee“, beim „Burn-out“ und den „tangotanzenden Alleinerziehenden“. Denn Land ist hier nur Beute und letzter Luxus überversorgter Großstadtschnösel.
Das ist die Message dieser zweistündigen Eskapismuserkundung. Denn auch wenn so ein – weit ins Wasser eines beliebigen Brandenburger Gewässers ragender – Bootssteg natürlich das viel bessere Phallussymbol ist als, sagen wir mal, ein schnöder Porsche, den man am Zionskirchplatz vor seiner Dachgeschosswohnung parkt – eine Lösung ist auch die Stadtflucht nicht: denn erstens nimmt man immer sich selber mit, und zweitens sind die anderen doofen Städter schon längst da. Mehr Tiefe gibt’s in all den Bombast-Arrangements leider nicht, und wäre da nicht die großartige Britta Hammelstein, die in der Flokatiweste Blockflöte spielend das landeiige Postergirl geben darf, würde sich nicht ganz erschließen, warum das jetzt am Gorki stattfinden musste. Doch diese Schollen-Salomй, die sich mit der Grandezza einer Prignitzer Scheunenkatze im Sessel räkelt, gibt uns dann doch eine traurige Ahnung von der Unerreichbarkeit des Paradieses.
Text: Björn Trautwein
Foto: Bettina Stoess
tip-Bewertung: Annehmbar
Termine: Zurück zur Natur
im Maxim Gorki Theater
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