Die Regisseurin Yael Ronen nimmt sich in der Uraufführung ihrer Stückentwicklung „Replay“ zyklische Erfahrungen vor. Ihre zweite Inszenierung nach ihrer Rückkehr an die Schaubühne ist ein Psychodrama.
Wie ein beunruhigendes Déjà-vu oder Replay empfinden viele von uns die Wiederwahl von Donald Trump, zugleich als fatales Fanal für die Demokratie, die eh weltweit zunehmend herausgefordert ist. Die USA sind seit 1776 immerhin die erste moderne Demokratie der Welt. Nun befürchten manche ihren Niedergang und erinnern an den Kerngedanken des zyklischen Geschichtsverständnisses. Das betrachtet, angelehnt an die ewigen Kreisläufe der Natur, das Weltgeschehen als stetes Werden und Vergehen, Gesellschaften, Kulturen und politische Systeme seien der Wiederholung eines immer Gleichen ausgesetzt.
Das Psychodrama einer Familie über mehrere Generationen
Hier setzt Yael Ronens neues Stück an. Zwar gilt die sogenannte Kulturzyklentheorie in den Kulturwissenschaften heute eher als überholt, Kulturen und politische Systeme werden vielmehr als offene Systeme begriffen, die auf Wechselwirkungen und Wandel setzen, anstatt einer starren „Geburt und Verfall“-Struktur zu folgen. Ronen betrachtet das Motiv so auch mehr aus psychologischer Sicht: „Wir untersuchen anhand einer Familiengeschichte, wie sich Traumata oder Geschichten über Generationen hinweg wiederholen. Im Grunde verwenden wir hier zwar verschiedene Theorien, die von Zyklen und Wiederholungen sprechen, aber eigentlich erzählen wir ,Replay‘ als das Psychodrama einer Familie“, erzählt die israelische Regisseurin, deren erste Inszenierung mit dem Ensemble der Schaubühne, das Musical „Bucket List“, dieses Jahr zum Theatertreffen eingeladen war.
Die sanft-melancholische Leichtigkeit, mit der Ronen in „Bucket List“ ihre verzweifelte Suche nach Hoffnung angesichts neuer Kriege in Europa und ihrer Heimat Israel auch durch die Songs anregend würzt, wird es in „Replay“ nicht geben „Unsere Geschichte beginnt mit einer Tragödie, die in der heutigen Gegenwart ansetzt. Sie handelt von einem Paar, das ein Kind verliert, und wir wissen nicht, ob es ein Unfall oder Selbstmord ist. Aber wenn wir ein paar Generationen zurückgehen, erblicken wir, wie sich einige dieser Wunden und Traumata in diesen Menschen immer wieder wiederholten. Manches davon hat auch mit dem historischen Kontext zu tun, aber manches ist sehr privat.“ Diesmal gibt es auch keine Songs, aber durchaus Theatermusik von Ronens Stammkomponisten Yaniv Fridel und Ofer Shabi.
Ronen arbeitet erstmals mit einem rein deutschen Ensemble
Ausgangspunkt der Arbeit war das Theoriebuch „The Fourth Turning“ von William Strauss und Neil Howe über Zyklen in der Geschichte am Beispiel der USA. „Ich arbeite dieses Mal nur mit deutschen Schauspielenden. Deshalb erzählen wir anhand einer deutsch-deutschen Familiengeschichte, wie historische und politische Umstände Wunden schaffen, die Familien über Generationen begleiten“, erklärt Ronen. „Unsere Geschichte erzählt von einer Frau, die 1986 aus der DDR nach Westdeutschland flüchtet und ihre Kinder zurücklässt.“
Bei Ronen wird aber nicht larmoyant lamentiert, die Grundstimmung ist zuversichtlich; „Was mir an diesen Zyklustheorien Kraft und Hoffnung gibt, ist, dass man alles in einem größeren Kontext sehen kann. Und natürlich müssen wir uns in diesen sehr beängstigenden dunklen Zeiten vor allem daran erinnern, dass diese Krisenzeiten Zeiten der Transformation sind, eine Zeit großer Veränderungen. Und wie wir im Leben wissen, sind Veränderungen oft schmerzhaft und traumatisch. Doch die Hoffnung ist, dass auf die Krisenzeit der Frühling folgt.“
- Schaubühne Lehniner Platz, Wilmersdorf, Sa 14., Mo–Mi 16.–18.12., 20 Uhr, Tickets 7–53 €, online
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