108 Minuten sitzt ein zehnjähriger laut Statistik im Durchschnitt täglich vor dem Fernseher. Fast genauso lang dauert auch das neueste Stück des Grips Theaters „Rosinen im Kopf„. Das sich mit eben- diesem Thema auseinandersetzt. Dem Fernsehkonsum von Kindern und Jugendlichen, Glaube an die Medien-Scheinwelten und der Sehnsucht nach dem schnellem Erfolg, wie er in Castingshows und TV-Soaps vorgelebt wird.
Der zehnjährige Nico (Jens Mondalski) träumt von der großen Filmkarriere. Jetset-Leben, Privatflugzeuge, Blitzlichtgewitter. Klassenclown und Filmparodien kann er schon (von „Enterprise“ bis „Hannah Montana“) – ansonsten fehlt’s noch an Glamour: Sein Vater schlägt sich als Fahrradkurier durch und statt Luxusurlaub auf dem Kreuzfahrtschiff geht’s immer nur zu Oma in den Oderbruch. Als er eine Chance beim Casting bekommt, fällt der hyperaktive Träumer durch: „Wir brauchen Kinder, die gehorchen.“ Hört sich ein bisschen schlicht an, doch aus diesem Plot aus dem Pädagogenbaukasten (basierend auf Figuren des Grips-Stücks „Der Spinner“ aus den 80ern) macht das durchweg glänzende Ensemble unter der Regie von Autor Thomas Ahrens einen mitreißenden Theaterabend. „Denn nur mit Ackern, Schuften, Streben – machste was aus deinem Leben“, gibt der Kurier-Papa (Christian Giese) die Richtung vor. Schon nach Minuten gibt’s vom jungen Publikum für den Mix aus Slapstick, Action-Theater und typischen Grips-Songs (aus der Feder von Grips-Chef und Koautor Volker Ludwig) den ersten Szenenapplaus und nach dem Schluss-Song auf dem Bauernhof mit Gummigockel und Gummistiefeln laute Zugabe-Rufe. Fast schon ein wenig beängstigend, wie unverbraucht sich das Grips kurz nach seinem 40. Geburtstag präsentiert.
Text: Björn Trautwein
Fotos: David Baltzer/bildbuehne.de
(tip-Bewertung: Sehenswert )
Termine: Rosinen im Kopf (ab 10 Jahren),
im Grips Theater, Altoaner Straße 22, Tiergarten,