Abendfüllend klettert der Adelsspross Ferdinand, der mit seiner Liebe zur bürgerlichen Luise die Machtposition seines präsidialen Vaters gefährdet, die Wände rauf und runter. In selbige hat die Bühnenbildnerin Katja Haß unzählige Türen gebaut. Die Frage ist nur: Wozu das alles? Dem Programmheft zufolge scheint Kimmig, der zweite neue DT-Hausregisseur neben Andreas Kriegenburg, für seine Schiller-Vergegenwärtigung interessante Pläne gehabt zu haben: Ohne plakative Aktualisierungen, allein durch die Schauspielkunst seines Ensembles, wollte er ein Drama über heutige Eliten und Ausgrenzungsmechanismen inszenieren. Das ist sicher nicht unproblematisch, hat aber mindestens das Zeug zur Streitbarkeit.
Irgendwie muss Kimmig die Sache allerdings entglitten sein, denn letztlich spielt hier jeder nach seiner Façon vor sich hin. Die unterkieferbebenden Ausbrüche von Ole Lagerpuschs Ferdinand wirken genauso wenig motiviert wie das wechselweise Schmollen und zickige Aufbegehren seiner Girlie-Freundin Luise (Claudia Eisinger). Kurzum: Fast alles an diesem Abend ist unausgegoren und bisweilen unfreiwillig komisch – außer Ulrich Matthes. Wie der als Präsident von Walter aus der süffisanten Unverwundbarkeitsillusion in eine Defensive rutscht, für die er seinen Sohn mindestens genauso hasst wie er sich selbst verachtet, und wie ihm dabei ständig seine komplizierten Vatergefühle in die Quere kommen, lässt ahnen, wohin der zähe Abend ursprünglich wollte.
Text: Christine Wahl
Foto: Arno Declair
tip-Bewertung: Uninteressant
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