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Shakespeare Company startet am Insulaner mit „Viel Lärm um Nichts“ in die Saison

Die Shakespeare Company Berlin eröffnet mit „Viel Lärm um nichts“ ihre Saison an der neuen Freilichtspielstätte am Insulaner. Mit der Shakespeare-Komödie sorgt das Ensemble für heitere italienische Gefühle. Unser Kritiker war dabei.

Fröhliches Intrigenspinnen: Philipp-Manuel Bodner, David Nádvornik, Elisabeth Milarch in "Viel Lärm um nichts". Foto: Shakespeare Company Berlin
Fröhliches Intrigenspinnen: Philipp-Manuel Bodner, David Nádvornik, Elisabeth Milarch in „Viel Lärm um nichts“. Foto: René Löffler

Shakespeare Company Berlin: Sommerglück am Insulaner

Ein lauer Frühsommerabend. Besser konnte das Wetter zur Eröffnung der neuen Open-Air-Spielstätte der Shakespeare Company Berlin am Insulaner gar nicht sein. Nachdem die Freie Gruppe ihr Domizil an der Lokhalle im Schöneberger Südgelände nach zehn Jahren räumen musste (die Lokhalle wird saniert), konnte sie glücklicherweise rund 500 Meter Luftlinie weiter gleich hinter der Bezirksgrenze zu Steglitz eine neue Location finden: auf einer zuvor kaum genutzten Liegewiese des Sommerbads am Insulaner.

Und nicht nur das. Mit 100.000 Euro aus der Corona-Bundeshilfe „Neustart Kultur“ sowie weiteren 50.000 Euro aus einem erfolgreichen Crowdfunding finanzierten sie einen neuen Open-Air-Theaterbau aus Holz mit teilweise überdachter Zuschauertribüne für rund 400 Plätze und konnten sich somit sogar vergrößern. Die runde Außenfassade formt eine Welle, was eine hübsche Verbindung zum Sommerbad bildet. Die Berliner Bäder Betriebe sind (wie auch das benachbarte Planetarium) Kooperationspartner, die Verbindung von Sport und Kultur soll laut einer Studie nämlich besonders fruchtbar sein.

Schon das Ambiente macht klar: Berlin oder Messina, Hauptsache Italien

Shakespeare im (oder besser: am) Sommerbad also. Gelassenes Urlaubsfeeling. Aperol Spritz im Ausschank. Der italienische Sommerdrink passt ins Ambiente. Denn mit der Eröffnungspremiere „Viel Lärm um nichts“ führt die Shakespeare Company das Publikum nach Messina, wo Shakespeare die Komödie angesiedelt hatte, also nach Italien, seit Goethe bekanntlich „das Land, wo die Zitronen blühen“. Und so markieren auch zwei kleine Zitronenbäumchen das Bühnenbild aus florentinischen Säulengängen (Bühne: Susanne Ruppert). Und zunächst wird auf der Bühne dann sogar auf italienisch parliert und als Prolog ein Belcanto vom Ensemble gesungen. Also schon klar, hier gilt: Berlin oder Messina, Hauptsache Italien.  

„Niederschwelliges Volkstheater“ zu machen, ist das Credo der Shakespeare Company Berlin. Und so will Thomas Hollaenders muntere Inszenierung vor allem unterhalten und dem Publikum eine unbeschwerte Zeit gestalten. Die Verortung und damit aktuelle Anknüpfung, dass die turbulente Handlung um Paarfindungen, Beziehungsmodelle und diverse Intrigen vor dem Hintergrund eines Krieges spielt, aus dem der Protagonist Prinz Don Pedro (Philipp-Manuel Bodner) am Landsitz von Leonato, des Gouverneurs von Messina (David Nádvornik), eintrifft, wird ignoriert. Dafür toben hier auf allen Ebenen Geschlechterkampf und Wortgefechte. Mit großer Spiellust werfen sich vor allem Vera Kreyer und Stefan Plepp als streitbares (Liebes-)Paar Beatrice und Benedikt in ihre Wortduelle.

Shakespeares Kritik an Geschlechterrollen: Die weibliche Seite wird verstärkt

Johanna-Julia Spitzer und Elisabeth Milarch (v.l.) spinnen in „Viel Lärm um nichts“ Intrigen. Foto: René Löffler

The quarrel of lovers is the renewal of love‎, weiß der Brite, was sich liebt, das neckt sich, lautet die deutsche Entsprechung. Schon Shakespeare lässt dabei die schlagfertige Beatrice auf Augenhöhe mit dem selbsterklärten Frauenhasser Benedikt agieren. Die Shakespeare Company aber verstärkt die weibliche Seite. So wird aus dem Gegenspieler Don Juan hier eine dominante Donna Juana mit Overknee-Stiefeln und Zorro-Hut. In Gestalt von Johanna-Julia Spitzer wird sie zum lustvoll boshaften Gegenmodell zur allzu brav sich in ihr Schicksal fügenden Gouverneurstochter Hero, die aus Machtkalkül an Claudio verheiratet werden soll (auch Hero wird von Spitzer verkörpert, die damit nicht nur ihre Wandlungsfähigkeit beweist, sondern gewissermaßen auch ein Yin und Yang weiblicher Extremfiguren vorführt). Und dass Claudio mit Elisabeth Milarch von einer Schauspielerin, also cross-gender, verkörpert wird, gibt Shakespeares Kritik an Geschlechterrollen eine zusätzliche Komponente.

Martin Molitors Übersetzung unterstreicht die Doppelbödigkeit des Textes, der tragische und komische Momente so reizvoll verkettet. Zeitgenössische Anspielungen („Mister Lover Lover“) und altertümlich gestelzte Formeln („Mich wundert“) stehen nebeneinander. Das, ebenso wie die eher heutigen Kostüme, lassen den Sommertheater-Spaß zeitlich im Ungefähren. Doch Shakespeares Einsichten zu Liebe und Macht sind ja eh zeitlos. Darauf einen Aperol Spritz.

  • Theater am Insulaner Munsterdamm 80, Steglitz, 8., 9. und 11.6., 20 Uhr, weitere Termine bis September hier, Tickets online

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