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Theater in Berlin: 12 Tipps für den September von René Pollesch bis She She Pop

Die Theatersaison beginnt wieder, fast alle großen und kleinen Häuser haben den Spielbetrieb aufgenommen. René Pollesch ist zurück am DT, die Volksbühne bringt eine Antiken-Bearbeitung mit Texten von Stefanie Sargnagel, und das Gorki ist gewohnt politisch. Was lohnt sich diesen Monat auf der Bühne? Ob Tanz, Revue oder Sprechtheater: Wir geben einen Ausblick auf 12 Stücke, die im September in Berlin wichtig sind.


„Melissa kriegt alles“ von René Pollesch

René Pollesch schickt im Deutschen Theater ein eingespieltes Volksbühnen-Team auf die Bühne. Foto: Arno Declair
René Pollesch schickt im Deutschen Theater ein eingespieltes Volksbühnen-Team auf die Bühne. Foto: Arno Declair

Zum vierten Mal inszeniert der designierte Volksbühnen-Intendant René Pollesch am DT. Und wieder sind neben DT-Ensemblemitgliedern auch bewährte Mitstreiter aus alten Volksbühnen-Tagen dabei: Kathrin Angerer, Franz Beil, Martin Wuttke. Um was es im Stück geht, lässt sich aus der Ankündigung nicht herauslesen, irgendwie um Hypnose und Trance. Und um Bioeier. Oder auch nicht. Jedenfalls kriegt Melissa alles.

  • Deutsches Theater Schumannstraße 13A, Mitte, 3.–7.9., 10.–12.9., 21.+22.9., Tickets: 5–48€, www.deutschestheater.de

„Irgendwas ist imma“: Im September startet das Berliner Renaissance-Theater in die neue Spielzeit

Theater Berlin September: "Irgendwas is imma": Guntbert Warns mit Gitarre auf der Bühne. Foto: Joachim Flicker
„Irgendwas is imma“: Guntbert Warns mit Gitarre auf der Bühne. Foto: Joachim Flicker

Hier greift der neue Hausherr gleich selbst zur Gitarre. Dabei hat sich Renaissance-Theater-Chef Guntbert Warns seine erste Spielzeit ganz anders vorgestellt. Mit „Lear“ wollte er eröffnen. Nun lässt Corona nur einen Liederabend „der besonderen Art“ zu. Bei allen vom Virus provozierten Zumutungen: Bangemachen gilt nicht, denn „Irgendwas is imma“. Mit Warns singen Noëlle Haeseling, Martin Schneider, Moritz Carl Winklmayr und Harry Ermer (Klavier). Auf den Liederabend folgen das Musical „Hed- wig and the Angry Inch“ ab 17.9. und die Uraufführung von „Die Vodkagespräche“ als szenische Lesung.


„Tanznacht Berlin“ in den Uferstudios

Theater Berlin September: "Vertigo": Das Motto der Tanztage verspricht schwindelerregende Performances. Foto: Dasniya Sommer
„Vertigo“: Das Motto der Tanztage verspricht schwindelerregende Performances. Foto: Dasniya Sommer

Natürlich müsste es bei einem mehrtägigen Festival korrekterweise Tanznächte heißen. Denn längst ist aus der vor 20 Jahren gestarteten Showcase-Nacht, die einen Überblick über das Tanzgeschehen der Hauptstadt von Ballett bis Performance gab, ein normales Festival geworden, auf dem statt zehnminütiger Ausschnitte ganze Produktionen gezeigt werden. Unter dem Motto „Vertigo (Part One)“ gibt es Open-Air-Formate, performative Spaziergänge, Freiluftkino und als Herzstück eine choreografierte Gruppenausstellung, die immer wieder performative Interventionen bietet.

  • Uferstudios Badstraße 41a, Wedding, 9.–13.9., Eintritt frei und nur mit vorab gebuchter Online-Anmeldung: www.tanznachtberlin.de

„Under Pressure“ in den Sophiensaelen

Theater Berlin September: Henrike Iglesias, so heißt das Theaterkollektiv, das eine spezielle Gameshow konzipiert hat. Foto: Anna Fries
Henrike Iglesias, so heißt das Theaterkollektiv, das eine spezielle Gameshow konzipiert hat. Foto: Anna Fries

Das Theaterkollektiv Henrike Iglesias widmet sich in seiner interaktiven Performance dem kapitalistischen Leistungsdruck und nimmt den ewigen Konkurrenzkampf als Setting. Die Performer*innen treten gegeneinander an, das Publikum wird zum Punktrichter, wer „the best Henrike“ ist. Oder ist das Match manipuliert? Denn die subversiven Performer geben bewusst nicht ihr Bestes. Der Wettbewerb ist auch per Livestream zu verfolgen.


„Gott“ am Berliner Ensemble

Spannungsfeld von Ethik und Recht: Am BE läuft "Gott" von Ferdinand von Schirach. Foto: Matthias Horn
Spannungsfeld von Ethik und Recht: Am BE läuft „Gott“ von Ferdinand von Schirach. Foto: Matthias Horn

Seit Februar wissen wir es amtlich vom Bundesverfassungsgericht, dass ein ärztlich assistierter Suizid rechtmäßig ist. Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließt auch Selbstmord mit freiwilliger Hilfe Dritter mit ein. Rechtlich ist alles klar, aber ethisch? Ferdinand von Schirachs neues Stück spielt während einer Sitzung des Deutschen Ethikrates, in der juristische, ethische und religiöse Argumente diskutiert werden. BE-Intendant Oliver Reese macht die Uraufführung zur Chefsache und inszeniert selbst.

  • Berliner Ensemble Bertolt-Brecht-Platz 1, Mitte, 10–12.9., 19.30 Uhr, 13.9., 15+19 Uhr, 13–42€, www.berlinerensemble.de

Neu in der Volksbühne: „Iphigenie – Traurig und geil im Taurerland“

Theater September Berlin: Ein Klassiker von Euripides trifft an der Volksbühne auf Texte von Stefanie Sargnagel. Foto: Volksbühne Berlin
Ein Klassiker von Euripides trifft an der Volksbühne auf Texte von Stefanie Sargnagel. Foto: Volksbühne Berlin

Schon sportlich von Lucia Bihler, unter den Corona-Abstandsregeln ein Ensemblestück mit sieben Schauspielerinnen und drei Musikerinnen zur Premiere zu bringen. Aber immerhin ist die Bühne hier eine der größten der Stadt, genug Platz dürfte schon sein. Bihler verschränkt Euripides’ „Iphigenie in Aulis“ mit Texten von Stefanie Sargnagel. Ein Abend mit 100 Prozent Frauenquote in Ensemble und Regieteam.

  • Volksbühne Berlin Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte, 11.+12.9., 19.30 Uhr, 13.9., 18 Uhr, 9–36€, www.volksbuehne.berlin

Der Heimathafen zeigt „Suche …“

Heimatlos im Heimathafen: Das Haus zeigt eine Adaption von Jan Brandts Gentrifizierungsroman. Foto: Produktion
Heimatlos im Heimathafen: Das Haus zeigt eine Adaption von Jan Brandts Gentrifizierungsroman. Foto: Produktion

Eine bezahlbare Wohnung in Berlin zu finden, ist bekanntlich eine Herausforderung, fast schon ein Ding der Unmöglichkeit. Über seine eigene, lange vergebliche Wohnungssuche hat Jan Brandt den Roman „Ein Haus auf dem Land. Eine Wohnung in der Stadt“ geschrieben. Er erzählt von den Anfängen und Auswüchsen der Immobilienkrise, von Ohnmacht und Existenzangst, innerer Unbehaustheit, die der Wohnungslosigkeit folgt. Nicole Oder inszeniert die Theaterfassung.


„Danish Pork“ in der Schaubude

Theater Berlin September: "Danish Pork" in der Schaubude nimmt die skandinavische Fleisch- und Sexindustrie unter die Lupe. Bild: Jana Barthel
„Danish Pork“ in der Schaubude nimmt die skandinavische Fleisch- und Sexindustrie unter die Lupe. Bild: Jana Barthel

Nachdem Dänemark 1969 als erstes Land der Welt die Bildpornografie legalisiert hatte, wurden Sexfilme und Schweinefleisch die wichtigsten Exportgüter des skandinavischen Landes. Das dokumentarische Puppen- und Objekttheater in der Regie von Nis Søgaard zeigt Parallelen zwischen beiden Industrien auf.


„Hexploitation“ von She She Pop

She She Pop zeigen im September in Berlin im Theater HAU ihre Sicht auf "Hexploitation". Foto: She She Pop
She She Pop zeigen im September in Berlin ihre Sicht auf „Hexploitation“. Foto: She She Pop

Wie stets nehmen She She Pop auch in „Hexploitation“ sich selbst und die eigene Geschichte als Material für ihr postdramatisches Theater. So setzen sie, wenn sie übers Altern und Altersbilder nachdenken, selbstverständlich ihre alternden Körper ein. Keine Furcht vor Close-ups. Im Gegenteil, bereit zur Offensive: „Mit unseren Körpern kämpfen wir gegen das Verschwinden und den Bedeutungsverlust, den Frauen jenseits der Gebärfähigkeit als gesellschaftliche Subjekte erleiden“, erklären sie. Und so nehmen sich die Performerinnen die Angst vor der „hag“, der Frau jenseits der Menopause, zur Brust, spüren Tabus nach und untersuchen überlieferte Hexendarstellungen. Die Bühne wird dabei zum düster-kitschigen Filmset, mit der Live-Kamera als unerbittlichem Vergrößerungsspiegel und intimem Erkundungsgerät.


Familie Flöz mit zwei Stücken in der Komödie im Schiller Theater

Die Familie Flöz gastiert mit zwei Inszenierungen in der Komödie im Schiller Theater. Foto: Marianne Menke
Die Familie Flöz gastiert mit zwei Inszenierungen in der Komödie im Schiller Theater. Foto: Marianne Menke

Als „Marthaler für Kinder“ lobte Frank Castorf ihre Stücke. Doch das Berliner Maskentheater-Ensemble ist mehr. In „Infinita“ illustriert es den Kreislauf von Leben und Tod. „Hotel Paradiso“ entpuppt sich als abgründiger Abend über ein Hotel in den Alpen – ein Alp(en)traum.

  • Komödie am Kurfürstendamm im Schiller Theater Bismarckstraße 110, Charlottenburg, 22.9., „Infinita“: 22.9.–24.9., „Hotel Paradiso“: 25.–27.9., www.komoedie-berlin.de

1920er-Jahre-Theater in Berlin: Ende September startet „Golden Years“

Der Wintergarten lässt die Roaring Twenties wieder aufleben. Foto: Wintergarten Varieté

Die Fortsetzung der Revue „2020“ entführt erneut in die Roaring Twenties. Zirkus- und Varietékünstler illustrieren beispielsweise den Kampf der Frauen um die Gleichberechtigung. Die von Rodrigo Funke konzipierte Show bespielt bis Februar 2021 nicht nur die Bühne, sondern das gesamte Haus – von den Foyers bis zu den Toiletten.


„State of Emergency“ im Gorki

Das Maxim Gorki Theater zeigt im September ein neues Stück von Yael Ronen und Ensemble. Foto: Esra Rotthoff
Das Maxim Gorki Theater zeigt im September ein neues Stück von Yael Ronen und Ensemble. Foto: Esra Rotthoff

Gleich zwei Neuzugänge im Gorki-Ensemble sind mit Aysima Ergün und Tim Freudensprung in Yael Ronens neuer Inszenierung vertreten. Die Regisseurin hat mit ihrem Ensemble die Zeit des Lockdowns genutzt für eine Recherchereise ins Unwägbare und Ungewisse des von einem Virus provozierten Ausnahmezustands, der ja auch ein Stresstest für die Wissenschaft ist. Und die Bedrohung fördert leider die Extreme.

  • Maxim Gorki Theater Am Festungsgraben 2, Mitte, 26.–28.9., 19.30 Uhr, www.gorki.de

Texte: Ronald Klein, Friedhelm Teicke


Mehr Theater und Kultur in Berlin

Im September ist auch der Vorverkauf für viele Oktober-Spielpläne der Berliner Theater angelaufen. Dann zeigt auch die Schaubühne wieder Stücke. Was Dieter Hallervorden und das Schlosspark Theater tun, um die Sitzreihen zu füllen, lest ihr hier. Was ist sonst los in der Stadt? Jede Woche aktuelle Veranstaltungstipps und Empfehlungen haben wir hier für euch. Lust auf frische Luft? Der Audiowalk „Remote Mitte“ führt euch durch die Stadt. Und noch kann man Filme unter freiem Himmel sehen. Das aktuelle Freiluftkino-Programm findet ihr hier.

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