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Kraftmeier-Theater

Thorleifur Örn Arnarsson eröffnet die Volksbühnen-Saison mit einer verunglückten „Odyssee“

Thorleifur Örn Arnarsson, der neue Hausregisseur der krisenerprobten Volksbühne, ist ein ernstzunehmender Künstler, auch wenn man das nicht unbedingt jeder seiner Arbeiten in jeder Szene ansieht. In seiner wagemutigen Homer-Variation „Eine Odyssee“, mit der er die Spielzeit an der Volksbühne eröffnet, ahnt man seine Qualitäten in keiner einzigen Szene.

Kein Knall, nur ein Plopp: Daniel Nerlich (l.), Robert Kuchenbuch. Foto: Vincenzo Laera

Der Regisseur verlegt sich hier auf ein etwas in die Jahre gekommenes Genre, das breitbeinige Kraftmeier-Theater. Die Aufführung lässt es nicht an Lautstärke, starken Zeichen und martialischen Vokabeln fehlen, nur wissen all diese Signale von Kampf und Krieg und Heftigkeit in keinem Moment, wohin sie wollen. Ein großer Plastik-Elefant schwebt vom Schnürboden und baumelt lustlos in der Luft. Dann wird er einfach wieder hochgezogen, ohne größeren Schaden anzurichten oder bleibende Eindrücke zu hinterlassen.

Letzteres teilt er mit dem durchweg überforderten und bedauernswert ausstrahlungsarmen, mal tapfer brüllenden, mal hilflos piepsenden Schauspielerensemble. Riesige Abbildungen dreier nackter Männer mit altersgerecht teileregierten Geschlechtsteilen und den Köpfen von Clinton, Kennedy und Trump hängen über der leeren Bühne (Bühnenbild: Daniel Angermayr). Auch sie verschwinden irgendwann folgenlos, ohne zum Bühnengeschehen weiter beitragen zu können. Ein Panzer fährt auf und richtet seine Kanone ins Publikum. Aber dann spritzt nur Konfetti in die vorderen Sitzreihen. So funktioniert die gesamte Inszenierung: Es soll ordentlich knallen, doch all der Aufwand verpufft mit einem kleinen Plopp. Überwältigungstheater, das leerläuft und bei seinen Muskelspielen lächerlich wirkt wie ein aufgepumpter Bodybuilder, der vor lauter Testosteron und Kraftbehauptung kaum schwer atmend durch die weit offen stehende Tür kommt.

Toxische Männlichkeit ist möglicherweise nicht nur eine politische und menschliche Belästigung, sondern auch eine ästhetische Zumutung. Wenn der Regisseur das beweisen wollte, ist es ihm vollumfänglich gelungen.Peter Laudenbach

Termine: Volksbühne Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte, 10–30 €

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