Die Idee war gut. Sebastian Nübeling hat am postmigrantischen Maxim Gorki Theater Hebbels Germanen-Saga „Nibelungen“ inszeniert, also so etwa den deutschesten aller Theaterstoffe, schwer mythenbelastet und mit hohem Pathos-, Blut- und Trashfaktor.
Das hätte mindestens für lustige Klischee-Crashs sorgen können: Germanen mit Männlichkeitsproblemen und Helden-Ambitionen schlachten einander ab. Aber Nübeling fällt nicht viel mehr ein, als die breitbeinigen Germanen-Machos in breitbeinige Migranten-Machos zu verwandeln. Einem anderen Theater hätte man angesichts der ungebrochenen Klischeefreude in der Zeichnung der Neuköllner Jugendgang leicht vorwerfen können, die üblichen Stereotypen von kleinkriminellen und etwas stumpfen Sozialverlierern zu bedienen. Sesede Terziyan macht aus Kriemhild ein verzicktes Ghetto-Girlie, der sonst immer erfreuliche Taner Sahintürk aus Siegfried einen dumpfen Schläger, der sich gerne reden hört. Ein demolierter Mercedes (vielleicht ein Symbol zerstörter deutscher Wertarbeit) steht einigermaßen sinnfrei im Bühnenbild. Nach der Pause wird dann Kunst und etwas Tanztheater zu bedeutungsschwer collagierten Textfragmenten gemacht, die Sache wird dadurch nicht besser. Vollends unfreiwillig komisch wird es, wenn Dimitrij Schaad am Ende als Hagen von Tronje Goebbels Durchhalte-Rede („Wollt Ihr den totalen Krieg?!“) aufgeregt mit Erinnerungen an die Fußballweltmeisterschaft und der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland mixt. Nationalismuskritik für Klischeefreunde.
Text: Peter Laudenbach
Foto: Ute Langkafel
Maxim Gorki Theater Mi 19.11., Do 27.11., 19.30 Uhr, Karten-Tel. 20 22 11 15